Anna Oleksenko ist vor einem Jahr mit ihren Kindern aus der Ukraine geflüchtet. Obwohl sie Deutsch lernen will, findet sie in Mannheim keinen Sprachkurs.
Die Ukrainerin Anna Oleksenko will in Mannheim Deutsch lernen. Sie ist mit ihren vier Kindern - zwischen einem Jahr und zwölf Jahren alt - seit März 2022 in Deuschland. Der Cousin ihres Mannes hatte die Familie zunächst aufgenommen. Mittlerweile lebt sie in einer eigenen kleinen Wohnung. Weil sie nicht weiß, wann sie wieder nach Hause kann, will sie einen Sprachkurs machen. Bisher hat sie aber keine Möglichkeit gefunden.
Zunächst hieß es von offizieller Seite, sie brauche keinen Kurs, weil sie allein gekommen sei und mit so vielen Kindern sowieso nicht arbeiten könne. Anna Oleksenko suchte dann selbst nach Möglichkeiten. Doch die meisten privaten oder karitativen Sprachkurs-Anbieter haben keine Kinderbetreuung. Zwei ihrer Kinder sind aber noch zu klein für die Kita. Manchmal war der Sprachunterricht auch zu weit entfernt.
Aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine nach Deutschland
Den ersten Kriegsmonat verbrachte Anna Oleksenko noch im stark umkämpften Charkiv, lebte wochenlang im Keller und konnte weder essen noch schlafen. Die Einheit ihres Mannes Sergej, Offizier in einem Panzerbataillon, hatte in den ersten Tagen große Verluste erlitten. Erst nach einer Weile erfuhr Anna Oleksenko, dass ihr Mann überlebt hat. Zurzeit kämpft er direkt an der Front. Seine jüngste Tochter Lisa, ein Jahr alt, hat er letztes Jahr nur eine Woche gesehen. Die Familie telefoniert fast täglich, manchmal auch per Video.
Ukrainerin fühlt sich ohne Sprache isoliert
Ihren Kindern liest die 30-jährige Anna Oleksenko deutsche Bücher vor, auch wenn sie selbst kaum etwas versteht. Im Moment bekommt die Familie Übersetzungshilfe von Bekannten und Freunden.
Ella Kehrer ist die Lehrerin des zwölfjährigen Kolja. Sie sei vor mehr als 30 Jahren selbst aus Russland geflüchtet, erzählt sie. Sie weiß, wie wichtig Kommunikation und Sprache sind. Im Nebenberuf ist sie freie Künstlerin und begleitet und fotografiert die Familie seit Monaten. Sie will irgendwann einen Bildband daraus machen, für den Sommer nach dem Krieg.
Sie bewundere die junge Mutter für ihre Stärke, meint Ella Kehrer. Sie sei trotz allem immer positiv und voller Tatendrang. Doch für die erst 30-jährige Anna bedeutet die erzwungene Sprachlosigkeit, dass sie sich hilflos und isoliert fühlt.
Ohne Übersetzer oder Übersetzerin hilflos
Als sie mit ihrer Tochter ins Krankenhaus musste, hatte Anna Oleksenko kein Internet und dadurch auch kein Übersetzungsprogramm. Mutter und Kind wurden weggeschickt und sollten mit einer Übersetzerin oder einem Übersetzer wiederkommen. Solche Vorfälle machen ihr Sorgen.
Trotzdem betont Anna Oleksenko, sie seien in Deutschland warm aufgenommen worden und bekämen viel Hilfe. Ihr fehle aber der Kontakt zu den Deutschen. Deshalb sucht sie weiter nach einer Möglichkeit, endlich die Sprache zu lernen.
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