Ein Anästhesist aus Bensheim (Kreis Bergstraße) soll einem Mädchen verunreinigtes Narkosemittel gespritzt haben, mit tödlichen Folgen. Vor Gericht nahm der Mann jetzt Stellung.
Vor dem Frankfurter Landgericht hat am Montag der Prozess gegen einen Narkosearzt aus Bensheim begonnen. Er muss sich wegen Körperverletzung mit Todesfolge an einem vierjährigen Mädchen verantworten. Dazu wirft ihm die Staatsanwaltschaft Körperverletzungen an weiteren Kindern vor. Laut Anklage hat er vor rund drei Jahren in einer Zahnarztpraxis im Hochtaunuskreis (Hessen) einem vier Jahre alten Mädchen ein verunreinigtes Narkosemittel gespritzt. Das Mädchen starb.
Anwalt verliest Erklärung: Arzt seien "unbewusst Fehler unterlaufen"
Der 67 Jahre alte Angeklagte übernahm im Gericht für den Tod des Mädchens zum Teil die Verantwortung. Der Rechtsanwalt des Mannes verlas eine vorbereitete Erklärung im Gerichtssaal. Darin hieß es: "Ich übernehme die Verantwortung dafür, dass mir unbewusst Fehler bei der Behandlung unterlaufen sind. Ich bin darüber zutiefst betroffen und entschuldige mich bei den Angehörigen." Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete, wies der Mann die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft jedoch zurück. Er habe weder Einwegspritzen mehrfach benutzt noch Medikamente deutlich überdosiert oder aus Kostengründen eine Flasche mit Narkosemittel für mehrere Patienten genutzt.
hr: Angeklagter Arzt entschuldigt sich in Gerichtssaal bei Angehörigen
Bensheimer Arzt: Mehrere Zahnbehandlungen in Vollnarkose an einem Tag
Den Kindern war der Anklage zufolge ein verunreinigtes Narkosemittel gespritzt worden, sie erlitten Blutvergiftungen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Bensheimer Anästhesist etliche Fehler gemacht hatte. Ende September 2021 hatte er in der Zahnarztpraxis in Kronberg (Hochtaunuskreis in Hessen) im Laufe eines Tages mehrere Menschen für Zahnbehandlungen in Vollnarkose gelegt. Erste Patientin des Tages war eine erwachsene Frau, um neun Uhr folgte ein neunjähriger Junge mit großer Angst vor der anstehenden Wurzelbehandlung. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Anästhesist ihm ein Narkosemittel aus der Flasche spritzte, die er zuvor schon bei der Frau verwendet hatte und deren Lösung nun mit einem Pilz kontaminiert war. Die gleiche Lösung erhielten mutmaßlich die drei weiteren Kinder, die an diesem Tag behandelt wurden.
Prozess in Frankfurt: War Narkoselösung mit Bakterien verunreinigt?
Als letzte Patientin des Tages war am Nachmittag die Vierjährige an der Reihe, bei ihr soll die Narkoselösung nun zusätzlich mit Bakterien verunreinigt gewesen sein. Zehn Stunden später war sie tot, das Mädchen starb kurz nach zwei Uhr nachts in der Praxis. Der Narkosearzt hatte zuvor selbst versucht, das Mädchen wiederzubeleben. Auch dabei hat er laut Anklage Fehler gemacht. Zudem sei der Rettungswagen mindestens drei Stunden zu spät alarmiert worden. Nur wenige Stunden nach dem Tod des Mädchens war der Anästhesist bereits wieder im Einsatz gewesen, dieses Mal in einer Zahnarztpraxis in Bensheim (Kreis Bergstraße). Dort soll er einem Fünfjährigen ebenfalls ein verunreinigtes Mittel gespritzt haben, der Junge bekam fast 41 Grad Fieber. Seine drei anderen kleinen Patienten vom Vortag waren ebenfalls schwer erkrankt, zwei von ihnen kämpften ums Überleben.
Das Frankfurter Landgericht hat sieben Verhandlungstage eingeplant, mit einem Urteil wird Ende September gerechnet.
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