Die Wirtschaftsunternehmen in der Rhein-Neckar-Region beklagen hohe Energiepreise und hohe Steuern. Die Industrie und Handelskammer Rhein-Neckar (IHK) hat fünf Forderungen.
Manfred Schnabel, IHK-Rhein-Neckar-Präsident, hat am Montag seine Forderungsliste veröffentlicht, im Vorfeld des IHK-Wirtschaftsforums der Rhein-Neckar-Region.
Punkt 1: Der Staat müsse, so Schnabel, als erstes für bessere Infrastruktur, digitale Verwaltung und Bildung sorgen, um den Industrie- und Wirtschaftsstandort in der Region zu sichern.
Punkt 2: Die Politik solle sich nicht zu sehr in Entscheidungen der Unternehmen einmischen, "sondern viel eher für verlässliche Rahmenbedingungen" sorgen.
Punkt 3: "Die Regulatorik" müsse "schlank, konsistent und international abgestimmt sein."
Punkt 4: Die Politik müsse "eine Vielzahl an Stellschrauben bedienen", um die Herausforderungen am Arbeitsmarkt zu lösen.
Punkt 5: Politik und Gesellschaft "müssen den Wert von Wirtschaft im Allgemeinen und Industrie im Besonderen respektieren und anerkennen."
Weiter teilte Schnabel mit, der "starke Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit", dazu die hohe Steuerlast, die steigenden Energiepreise und die hohen Arbeitskosten seien aus Sicht der IHK "besorgniserregend."
Stellungnahmen von Firmenchefs aus der Rhein-Neckar-Region
Neben Schnabels Forderungen veröffentlichte die IHK Rhein-Neckar am Montag weitere Stellungnahmen von Wirtschaftsakteuren aus der Region.
Michael Kundel, Vizepräsident der IHK Rheinhessen und Vorstandschef des Folienherstellers RENOLIT SE (Worms): "Die Region benötigt Flächen, damit sich neue Unternehmen ansiedeln können, vor allem aber auch zur Weiterentwicklung im Bestand." Kundel verwies dabei auf die Gewerbeflächenstudie der Metropolregion Rhein-Neckar von 2019, die ein Defizit von 500 Hektar bis 2035 ermittelt hat, und hob dabei auch die Bedeutung der Gewerbesteuer für die Kommunen hervor. Kundel fordert einen "europäisch einheitlichen Strommarkt mit einer marktgerechten Steuerungsgröße, die sich am C02-Ausstoß orientiert und damit berechenbare Rahmenbedingungen."
Martina Nighswonger, Vizepräsidentin der IHK Pfalz und geschäftsführende Gesellschafterin der Gechem GmbH und Co KG (Kleinkarlbach, Kreis Bad Dürkheim): "Die überbordende Bürokratie auf allen politischen Ebenen nimmt uns im Mittelstand die Luft zum Atmen." Als Beispiele nennt sie das sogenannte Lieferketten-Sorgfalts-Pflichtengesetz, von dem ihr Unternehmen mit 185 Mitarbeitern eigentlich gar nicht betroffen sei. "Die Großunternehmen delegieren ihre Verantwortung an uns weiter, sodass wir natürlich doch den bürokratischen Aufwand haben." In den vergangenen fünf Monaten habe ein vollzeitbeschäftigter Mitarbeiter nichts anderes getan, als die Anforderungen zu prüfen, zu reagieren beziehungsweise zu antworten und zu dokumentieren.
Ralf Rohmann, Mitglied der IHK-Rhein-Neckar-Vollversammlung und geschäftsführender Gesellschafter der Maschinenfabrik Gustav Eirich GmbH & Co KG (Hardheim, Neckar-Odenwald-Kreis): "Fehlende Mitarbeiter im gewerblich-technischen Bereich sind unsere größte Wachstumsbremse." Der Mangel an Menschen mit dualer Ausbildung, Meistern und Technikern sei im Neckar-Odenwald-Kreis besonders ausgeprägt. "Die Städte haben strukturelle Vorteile und sind für viele junge Menschen leider attraktiver." Was überall ein Problem sei: die mangelnde Wertschätzung der dualen Ausbildung und die Akzeptanz von Unternehmen in Industrie und Handwerk. Es bestehe die Gefahr, dass Wachstum künftig an anderen Standorten im Ausland stattfinde. Rohmann fordert tiefgreifende Reformen in der Bildungspolitik, um die Berufsorientierung an allen Schulformen und die Kompetenz der Schülerinnen und Schüler in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu stärken.
Zahlen und Daten zur IHK-Rhein-Neckar
Die IHK Rhein-Neckar ist die gemeinsame Kooperationsmarke der Kammern Rhein-Neckar, Pfalz, Darmstadt Rhein Main Neckar und Rheinhessen. Sie vertreten in der Metropolregion Rhein-Neckar gemeinsam die Interessen von rund 160.000 Mitgliedsunternehmen. Die Region ist laut IHK einer der stärksten Wirtschaftsräume mit mehr als 978.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, einer Bruttowertschöpfung von 90 Milliarden Euro (2020) und einer Exportquote von 63 Prozent (2021).