Nach einem Drogendeal am Alten Messplatz in Mannheim soll ein Mann seinen Kontrahenten mit einer Machete verletzt haben. Wie fühlen sich die Menschen vor Ort? Was macht die Polizei?
Am 10. September soll ein 25-Jähriger einen 28 Jahre alten Mann mit einer Machete am Arm verletzt haben. Wie Staatsanwaltschaft und Polizei mitteilten, hatte es zuvor einen Streit zwischen den beiden im Bereich des sogenannten "ALTER" am Alten Messplatz in Mannheim gegeben. Offenbar ging es dabei ursprünglich um Drogengeschäfte. Der 25-Jährige ist demnach inzwischen in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht worden. In dem Gebiet gibt es aber schon länger Probleme. Wie sicher ist der Bereich rund um den Alten Messplatz in Mannheim?
Situation am "ALTER" in Mannheim: "Banden, die gegeneinander kämpfen"
Das "ALTER" ist ein Freizeitprojekt auf einer Fläche am Alten Messplatz in Mannheim, am Rand der Innenstadt. Seit mehreren Jahren gibt es dort in den Sommermonaten kostenlose Sport- und Kulturangebote. Weil auf dem Gelände ein Gebäude für das "Forum Deutsche Sprache" gebaut werden soll, musste das "ALTER" im vergangenen Jahr seinen Platz räumen und an den Rand der Fläche umziehen. Ursprünglich sollte der Bau des Forums im Herbst 2024 beginnen. Wie die Stadt Mannheim gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) im Juni mitteilten, verzögert sich der Bau aber, weil offenbar Geld fehlt. Früher gab es auf der Fläche unter anderem ein Basketballfeld, Skater-Rampen und ein kleines Ausstellungsgebäude. Nun liegt dieses Gelände brach. Weil dort jetzt die Angebote unter anderem für Anwohner und Jugendliche fehlen, sei die "Kriminalität über den vergangenen Winter immens gestiegen", heißt es vom "ALTER"-Betreiberverein "POW". Das Areal gehöre nun Dealer-Banden, die sich dort festgesetzt hätten.
Auch Polizei nimmt mehr Drogenkriminalität wahr
Auch die Polizei teilte auf SWR-Anfrage mit, dass es zuletzt vermehrt Straftaten rund um den Alten Messplatz gegeben habe. Seit der Teil-Legalisierung von Cannabis im Frühjahr, würden dort noch mehr Menschen das Rauschmittel konsumieren als zuvor. Es gehe aber auch um härtere Drogen, wobei der Schwerpunkt auf Cannabis liege, sagt Ralf Krämer, Leiter der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg am Polizeipräsidium Mannheim. Auffällig sei, dass es immer mehr Drogenhändler gebe und dass diese untereinander immer häufiger in Streit gerieten.
Wegen der Teil-Legalisierung ist es auch für die Polizei schwieriger geworden, gegen den Verkauf vorzugehen; heute würden sie nur noch bis zu 25 Gramm dabeihaben. "Das heißt, wenn sie kontrolliert werden, dann können sie auch jederzeit behaupten, dass das für den Eigenkonsum sei, so gehen sie straffrei aus", erklärt Krämer.
Nach Einschätzung der Polizei habe sich der Alte Messplatz zu einem Ort entwickelt, "an welchem sich zumeist Randgruppen treffen (...). Durch die häufig berauschten oder betrunkenen Personen kommt es zuweilen zu delinquentem, lautem und aggressivem Verhalten." Dies würde andere Menschen verunsichern, die mieden dann den Alten Messplatz.
Alter Messplatz: Wie sicher fühlen sich Menschen in Mannheim?
Während einige Mannheimerinnen und Mannheimer jetzt "kein ungutes Gefühl haben, hier abends zu sein" und sich eigentlich "schon sicher fühlen", gibt es auch Menschen, die sich am Alten Messplatz fürchten. "Gerade als Frau sollte man hier nicht alleine rumlaufen", sagt eine Mannheimerin dem SWR. Sie kritisieren unter anderem, dass die Brachfläche neben dem "ALTER" und das Neckarufer wenig bis gar nicht beleuchtet sind.
Alkoholverbot und Forderung nach besserer Beleuchtung
Auch die Verantwortlichen des "ALTER" betonen, dass das Sicherheitsgefühl vor Ort verbessert werden könnte, wenn es mehr Licht geben würde. Sie selbst hätten sich aufgrund der aktuellen Situation dazu entschieden, den Besuchern zu verbieten, dort hochprozentigen Alkohol zu trinken. Außerdem seien seit Projektbeginn zwei Sozialarbeiter vor Ort, die es schafften "kritische Situationen größtenteils zu entschärfen", heißt es vom Vorstand des Vereins "POW".
Gegen die eigentliche Kriminalität könnten sie aber "so gar nichts machen", sagt Julia Alicka vom Verein "POW". Damit das "ALTER" auch weiterhin eine Fläche für alle ist, "wollen wir nicht, dass hier weiterhin konsumiert wird". Denn Kinder, Jugendliche und Familien würden so verdrängt. Der Verein würde gerne wieder ein größeres Sport- und Kulturangebot anbieten - mit Spielplätzen und Skaterpark. Denn da wo es schön und aufgeräumt ist, "hat man auch keine Lust Scherben zu machen oder Müll hinzuschmeißen", so Julia Alicka.
Polizei hat Einsatzkonzept am Alten Messplatz angepasst
Die Polizei habe die Situation am Alten Messplatz schon länger erkannt. Dementsprechend seien dort aktuell auch mehr Streifen unterwegs. Darunter sind uniformierte, aber auch zivile Beamtinnen und Beamte. Sie sollen "die Szene ein bisschen verunsichern und bei Bedarf und nach rechtlichen Möglichkeiten Kontrollen" durchführen, sagt Ralf Krämer.
Eine Möglichkeit, den Drogenhandel einzudämmen, wäre zum Beispiel die Einführung eines sogenannten "milieu-spezifischen Ortes", eines "gefährlichen Orts". In solchen Bereichen darf nämlich die Polizei Personen ohne Anfangsverdacht kontrollieren. Mit der strategischen Kriminalitäts-Bekämpfung überwacht die Polizei die Anzahl an Straftaten rund um den Alten Messplatz. Erst wenn es in einem Bereich im Vergleich zum Rest der Stadt deutlich mehr Straftaten gebe, könne dort ein "gefährlicher Ort" eingerichtet werden. "Das ist schon eine hohe Hürde", betont Ralf Krämer. Wie das baden-württembergische Innenministerium auf SWR-Anfrage mitteilte, stufen regionale Polizeipräsidien Bereiche als "gefährliche Orte" ein. Der Alte Messplatz in Mannheim ist aktuell Teil der Waffen- und Messerverbotszone, in der die Polizei Personen kontrollieren darf - aber nur mit einem konkreten Anfangsverdacht.
"ALTER"-Verantwortliche: Es brauche mehr soziale Arbeit
Für die Verantwortlichen des Projekts "ALTER" ist das aber keine Lösung. "Man müsste diese Menschen genau hier abholen, wo sie sind", sagt Julia Alicka. Statt Polizeikontrollen wünscht sie sich, dass noch mehr Sozialarbeiter im Einsatz sind. "Dann würde es ganz anders aussehen." Dafür brauche das Team aber finanzielle Unterstützung. Denn: Für Sicherheit und Ordnung im Stadtteil zu sorgen sei nicht auf "ehrenamtlicher Basis" möglich, so Alicka weiter.
Auch die Stadtverwaltung geht davon aus, dass es sich bei dem Platz um einen sogenannten "Kriminalitätsschwerpunkt" handelt. Auch deshalb sei der Alte Messplatz seit 2018 videoüberwacht, teilte eine Stadtsprecherin dem SWR mit. Der städtische Ordnungsdienst habe aber keine "gravierende Verschlechterung der Situation vor Ort" feststellen können.
Anfang Oktober will sich die Polizei gemeinsam mit Vertretern der Stadt selbst ein Bild vor Ort machen und Maßnahmen überlegen, wie der Alten Messplatz wieder sicherer gemacht werden kann.
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