Nach der Kommunalwahl in Baden-Württemberg sind die Gemeinderäte im Land vor allem in den größeren Städten meist noch mehr zersplittert. Das beste Beispiel ist Heidelberg.
Es werden immer mehr. Waren es in Heidelberg nach der Gemeinderatswahl 2019 noch zwölf Parteien und Gruppierungen, die es bei Entscheidungen unter einen Hut zu bringen galt, so sind es jetzt 14. Allein die Aufzählung würde an dieser Stelle zu lange dauern. Bisweilen reicht ein winziger Bruchteil der Wählerschaft, um einen Kandidaten oder eine Kandidatin in einer Großstadt in den Rat zu hieven.
Auszählmodus wurde geändert
Es ist nicht nur die wachsende Vielfalt im Land, die solche Ergebnisse hervorbringt. Ein Grund dafür ist auch der 2019 von der damals grün-roten Landesregierung geänderte Auszählungsmodus. Das hat den Einzug kleiner und kleinster Gruppierungen in die Gemeinderäte gefördert. Die Situation in anderen großen Städten in Baden-Württemberg ist vergleichbar, vielerorts ist die Zahl der Parteien, Gruppen und Grüppchen gewachsen. In Karlsruhe sind es jetzt zwölf und in Pforzheim 17.
Nicht unbedingt ein Segen, sondern eher Fluch
Was die einen als wünschenswertes Abbild unterschiedlicher Strömungen ansehen, ist aber nicht unbedingt ein Segen. Jede Partei, Gruppierung oder Wählerinitiative will sich profilieren, sucht Aufmerksamkeit. Mit allen also muss sich das jeweilige Stadtoberhaupt auseinandersetzen, als Vorsitzender des Gemeinderats und auch Chef der Verwaltung. Denn in wichtigen Fragen sollte es Kompromisse geben, die von einer tragfähigen Mehrheit im Gemeinderat wirklich unterstützt werden. Tendenziell wird die Mehrheitsfindung schwieriger. Auch Zusammenschlüsse zu Fraktionsgemeinschaften sind da nicht immer hilfreich.
Städtetag für Anpassungen Kommunalwahlen: Zu viele Listen auch in Baden-Württemberg?
BW-Ministerpräsident Kretschmann und Innenminister Strobl sind für eine Debatte über Änderungen des Kommunalwahlrechts. Grund seien die vielen neuen Listen in den Gemeinderäten.
Vielstimmigkeit kostet Kraft
Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) ist mitunter anzumerken, wie viel Kraft das Zusammenhalten eines solch vielstimmigen Gremiums trotz seiner langjährigen Erfahrung kostet. Was als hochfliegender Ansatz für mehr Demokratie und mehr Mitsprache begann, entpuppt sich zunehmend als Bremse. Im schlimmsten Fall bis zur vorübergehenden Funktionsunfähigkeit der Gemeinderäte.
Menschen wünschen funktionierende Demokratie
An dieser Stelle wird es spannend, gerade vor dem Hintergrund von Gewinnen rechtslastiger Parteien. Die Menschen wollen, dass ihre Demokratie Entscheidungen trifft, die Dinge voranbringt und sich nicht in endlosen, manchmal jahrelangen Entscheidungsprozessen verliert. Das würde dann auch die Attraktivität von Parteien verringern, die immer nur nicht realisierbare Einfachlösungen präsentieren.