Wohlfahrtsverbände in Baden-Württemberg begrüßen die Einigung der Ampelkoalition auf die Kindergrundsicherung. Das dafür bereitgestellte Geld sei aber zu wenig.
Die Einigung der Regierungskoalition auf einen Kompromiss zur Kindergrundsicherung finden Sozialverbände in Baden-Württemberg grundsätzlich gut. Laut Paritätischem Wohlfahrtsverband geht es in die richtige Richtung, staatliche Leistungen für Familien, wie Kindergeld oder Kinderzuschlag, zu bündeln. Die Summe von 2,4 Milliarden Euro, die der Bund dafür bereitstellen will, ist den Verbänden aber zu niedrig.
Verbände in BW hätten sich mehr gewünscht
Der Paritätische Baden-Württemberg ist enttäuscht über die Summe der Einigung in der Debatte um die Kindergrundsicherung. Auch wenn der Kompromiss ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer armutsfesten und existenzsichernden Kindergrundsicherung sei, so Feray Sahin vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg.
Laut Diakonie Baden-Württemberg holt die Kindergrundsicherung Eltern aus der "Bittstellerhaltung und unendlichen Antragsverfahren" heraus. Diese Sicherheit sei wichtig, um für die eigenen Kinder gut sorgen zu können. Die Kindergrundsicherung müsse mit der Anmeldung des Kindes nach der Geburt beginnen - ohne weitere Anträge. Die Diakonie wünscht sich außerdem von der Landesregierung eine einzige Anlaufstelle für alle Familienleistungen vor Ort.
Bundeskabinett will Sozialleistungen kürzen Sozialverbände in BW warnen vor steigender Armut
Wohlfahrtsverbände in BW befürchten Schäden für den sozialen Zusammenhalt. Grund seien Kürzungen bei Freiwilligendiensten, Integrationshilfen und der Kindergrundsicherung.
Diakonie in Mannheim reagiert enttäuscht
Auch für die Diakonie in Mannheim reicht das neue Paket nicht aus, um Kinderarmut wirklich angehen zu können. Dem Leiter des Diakonischen Werks Michael Graf sei "nicht klar, was aus diesen 2,4 Milliarden Euro bespielt werden soll". Da die Kindergrundsicherung erst ab 2025 greifen werde, verändere sich für Kinder im Moment noch nicht sehr viel, sagt er.
Man brauche vielmehr eine bessere Infrastruktur. Dazu gehören laut Graf Kitas samt Gebäuden und Personal und der Ausbau der Ganztagesschule. Nur so sei es möglich, Kindern Teilhabe in allen Bereichen zu ermöglichen und auch Kinder mit Fluchthintergrund zu integrieren.
Wenn man Kinder nicht aus der Armutszone heraushole, stehen sie der Gesellschaft und dem Arbeitsmarkt in einigen Jahren nicht zur Verfügung, sondern bezögen weiterhin Sozialleistungen, so der Leiter des Diakonischen Werks Mannheim weiter.
Viele Kinder im Land von Armut betroffen
In Baden-Württemberg ist laut Sozialministerium jedes fünfte Kind von Armut bedroht oder betroffen. Ähnlich sieht es laut Sozialverbänden landes- und bundesweit aus. Diese Tendenz steige seit Jahren. In ganz Baden-Württemberg war 2022 fast jede zehnte Erwerbstätige armutsgefährdet. Das entspreche knapp einer halben Million Menschen, teilte die FamilienForschung Baden-Württemberg am Montag in Stuttgart mit.
Kindergrundsicherung bisher nur ein Entwurf
Das baden-württembergische Sozialministerium sieht in der Kindergrundsicherung einen Meilenstein bei der Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen. Laut einer Sprecherin werde das System durch das Zusammenführen verschiedener Leistungen einfacher und gerechter und ermögliche Kindern und Jugendlichen eine bessere Teilhabe. Doch bisher sei die Kindergrundsicherung nur ein Entwurf und noch kein Gesetz, so das Ministerium weiter.
Hintergründe und alle wichtigen Informationen zur Einigung bei der Kindergrundsicherung erklärt Hauptstadt-Korrespondent Sebastian Deliga im Video: