Das Bundeskartellamt untersagt den Zusammenschluss der Unikliniken Heidelberg und Mannheim. Der Bundeswirtschaftsminister könnte das Kartellamt aber noch überstimmen.
Das Bundeskartellamt hat wie erwartet den geplanten Zusammenschluss der beiden Unikliniken Heidelberg und Mannheim untersagt. Das teilten das Wissenschaftsministerium in Stuttgart und das Bundeskartellamt mit. Der Klinikverbund hätte eine zu große, marktbeherrschende Stellung, hieß es zur Begründung. Vor der Entscheidung gab es im Bundeskartellamt ein monatelanges Prüfverfahren.
Die Behörde erklärte, dass die zu erwartenden Nachteile vor allem für Patientinnen und Patienten die möglichen Vorteile überwiegen. Unter anderem hieß es, dass der Qualitätswettbewerb verloren gehe. Man müsse nach einem Zusammenschluss weniger Abwanderungen zur Konkurrenz befürchten. Das Bundeskartellamt hatte das Leistungsspektrum und die Patientenherkunft von mehr als 320 Krankenhäusern in einem Umkreis von rund 150 Kilometern um Heidelberg analysiert. Außerdem wurden 30 Krankenhäuser und 215 niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte in der Region befragt.
Wirtschaftsminister kann Klinikverbund noch erlauben
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kann die Entscheidung des Kartellamts noch überstimmen, wenn seiner Einschätzung nach ein überragendes allgemeines Interesse vorliegt. Die Möglichkeit einer solchen sogenannten Ministererlaubnis sieht das Kartellrecht in einem derartigen Fall ausdrücklich vor. Auf SWR-Anfrage vom Freitag heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium, das Bundeskartellamt sei "eine in seiner Entscheidungsfindung unabhängige Bundesoberbehörde. Deshalb könne man Entscheidungen des Bundeskartellamts nicht kommentieren". Das treffe auch auf einen etwaigen Antrag auf Ministererlaubnis gemäß Paragraf 42 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu. Dort wird die Ministererlaubnis im Detail geregelt. Knackpunkt: Die Erlaubnis, so das Gesetz, darf nur erteilt werden, wenn durch "das Ausmaß der Wettbewerbsbeschränkung die marktwirtschaftliche Ordnung nicht gefährdet wird".
BW-Landesregierung will Klinikverbund noch erreichen
Wie das baden-württembergische Wissenschaftsministerium mitteilte, bereitet die Landesregierung einen entsprechenden Antrag an Wirtschaftsminister Habeck vor. Weiter hieß es vom Ministerium, dass das Bundeskartellamt lediglich die wettbewerblichen Auswirkungen eines Zusammenschlusses prüfe. Weitere Aspekte eines solchen Zusammenschlusses berücksichtige das Kartellamt dagegen nicht. Hierzu gehörten demnach etwa die Notwendigkeit, Spitzenforschung, Gesundheitsversorgung oder dringend benötigte Medizinstudienplätze zu sichern. Genau diese stünden aber bei der Entscheidung des Bundeswirtschaftsministeriums im Vordergrund, so das Wissenschaftsministerium in einer Pressemitteilung.
Wettbewerbsrecht oder gesellschaftliches Interesse?
Bundeswirtschaftsminister Habeck braucht demnach gute Argumente, um die Entscheidung des Kartellamts zu überstimmen. Die Erlaubnis wird nur dann erteilt, wenn im Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Zusammenschluss durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.
![Universitätsklinikum Mannheim Heidelberg Fotocollage (Foto: dpa Bildfunk, SWR, picture alliance/ Uwe Anspach/Uli Deck/dpa/Collage: SWR) Universitätsklinikum Mannheim Heidelberg Fotocollage](/swraktuell/baden-wuerttemberg/mannheim/1653407669552%2Cklinikum-mannheim-heidelberg-100~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Klinikverbund: Beteiligte wollen Betriesbkosten langfristig senken
Der geplante Zusammenschluss hat vor allem wirtschaftliche Gründe. Die Stadt Mannheim kann das Klinikum bald nicht mehr tragen, da sie Kosten für den städtischen Teil des Uniklinikums Mannheim nur noch schwer stemmen kann. Mindestens 80 Millionen Euro werden in diesem Jahr fällig, um Defizite auszugleichen. Für das kommende Jahr hat sich Mannheim bereits verpflichtet, 100 Millionen Euro beizusteuern.
Der Klinikverbund ist die optimale Lösung für die Zukunft des Universitätsmedizinstandorts Rhein-Neckar
Die beteiligten Kliniken und Kommunen hoffen, dass ein Klinikverbund günstiger arbeiten könnte. Mit dem Bauvorhaben "Neue Mitte" im Klinikum Mannheim sollen zudem langfristig Betriebskosten gesenkt werden.
Ministerentscheid zum Klinikverbund kann halbes Jahr dauern
Das Land Baden-Württemberg ist laut Wissenschaftsministerin Petra Olschowski und Finanzminister Danyal Bayaz (beide Grüne) nach jahrelangen Verhandlungen zum Zusammenschluss der beiden Uniklinken Heidelberg und Mannheim bereit. Auch Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) sieht Vorteile. Die Führungsspitzen der beiden Unikliniken haben sich ebenfalls für einen Verbund ausgesprochen.
Wenn es zu einem Prüfverfahren des Bundeswirtschaftsministeriums komme, werde über den Antrag in der Regel im Zeitraum von vier bis sechs Monaten entschieden, teilte das baden-württembergische Wissenschaftsministerium mit.
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