Ein Viertel der Unternehmen in der Region will lieber schließen, statt einen Nachfolger zu suchen, so die IHK. Schlechte Bedingungen und das gesellschaftliche Klima seien schuld.
Knapp die Hälfte aller Selbstständigen im IHK-Bezirk Rhein-Neckar steht vor der Entscheidung, wann und an wen sie den Betrieb weitergeben sollen. In ganz Baden-Württemberg sind das bis 2026 rund 26.000 Unternehmen. Die meisten wünschen sich eine Übergabe innerhalb der Familie, so die IHK. Als zweitbeste Option gilt die Übergabe an ein anderes Unternehmen. Das ergab eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein Neckar.
Die problemlose Übergabe ist aber nicht die Regel. Das überraschende Ergebnis der Umfrage: Gut ein Viertel der Befragten gab an: "Ich werde das Unternehmen wahrscheinlich schließen."
Rahmenbedingungen passen nicht mehr
Als Hemmnis für einen reibungslosen Übergang an Nachfolger gilt an erster Stelle die gesamtwirtschaftliche Situation, für einen Teil der Unternehmen sind das die hohen Energiepreise. An zweiter Stelle kommt das Problem, überhaupt eine geeignete Nachfolge zu finden und dann an Nummer drei gleich der Aufwand durch die Regulierung von EU, Bund und Ländern.
Beispiele sind das Lieferkettengesetz des Bundes, die Berichtspflichten der EU im Sinne nachhaltigen Wirtschaftens oder die Hinweisgeber-Richtlinie der EU, die in den Mitgliedsländern umgesetzt wird. Die Regelung schützt Hinweisgeber, im englischen "Whistleblower", vor Vergeltungsmaßnahmen.
"Einem Nachfolger das nicht antun"
Die Fülle aller Reglungen auf allen Ebenen wird zunehmend als Überregulierung empfunden, die das praktische Arbeiten fast unmöglich mache. Manche Firmeninhaber würden sogar formulieren, das wollten sie "einem möglichen Nachfolger nicht antun", heißt es bei der IHK. Zur besseren Bewältigung der Nachfolge bietet die IHK Rhein-Neckar vielfältige Unterstützung an.
IHK: Bedingungen konsequent verbessern
IHK-Präsident Manfred Schnabel fordert die Politik auf, die Rahmenbedingungen konsequent wieder zu verbessern. Die Aufmerksamkeit der Politik gelte momentan nur den Großinvestoren, die wie die Chip-Branche mit Milliardensummen subventioniert werden. Und den Start-Ups, den jungen Unternehmen. Dies müsse sich ändern. Subventionen hätten wenige Gewinner und viele Verlierer. Die IHK weist darauf hin, dass zurzeit viele Unternehmen in Deutschland eine Verlagerung ins Ausland planen.
Tatort: Meist ist ein Unternehmer der Mörder
Als dritten schwierigen Punkt nennt die IHK ein bestimmtes gesellschaftliches Klima in Deutschland, das Ausdruck einer geringen Wertschätzung des Unternehmertums sei. Als humorvollen Hinweis zitiert die IHK das Unternehmen Statista mit einer Auswertung der Tatort-Krimis. Als Mörder stehen darin Unternehmer zahlenmäßig an der Spitze - noch vor den Berufskriminellen.
Lösungsansätze der IHK
Lösungsansätze, um die sinkende Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschlands zu stärken, hat die IHK auch parat: Die drei wichtigsten sind demnach: Keine Einzel-Eingriffe, sondern die Wirtschaft als Ökosystem begreifen, das als Ganzes gefördert werden müsse.
Der Staat müsse zudem seine Kernaufgaben wahrnehmen und die Infrastruktur, die digitale Verwaltung und die Bildung stärken.
Die Politik müsse die Regelungswut eindämmen. Regeln müssten "schlank, konsistent, international abgestimmt und widerspruchsfrei" sein.