Vor einem Jahr hat ein 18-Jähriger bei einer Amoktat in einem Heidelberger Hörsaal eine Studentin und sich selbst erschossen. Am Jahrestag hat die Universität an die Opfer erinnert.
Die Universität Heidelberg hat am Jahrestag des Amoklaufs mit mehreren Veranstaltungen an die Tat und die damals getötete Studentin der Biowissenschaften erinnert. Die Heidelberger Peterskirche hatte den ganzen Dienstag geöffnet. Sie sollte als Universitätskirche am Gedenktag ein Ort der Stille, der Trauer und des Gebets sein. Seelsorgerinnen und Seelsorger standen für Gespräche bereit.
Die Universität hat außerdem am Dienstagabend zu einem musikalischen Gedenken eingeladen. In der Aula der Neuen Universität war ein Requiem des französischen Komponisten Gabriel Fauré zu hören.
Rektor betont beeindruckendes Zusammenrücken
Auch die Studierendenvertretung nahm den Tag zum Anlass, zu einer Veranstaltung einzuladen. Dabei ging es um die Frage, wie Gewalt an Hochschulen entstehen kann. Dabei sollte auch eine vom Amoklauf Betroffene zu Wort kommen. Der Rektor der Universität Heidelberg, Bernhard Eitel, betonte, wie beeindruckend das Zusammenrücken von Lehrenden und Lernenden nach der schrecklichen Tat gewesen sei. Bei aller Trauer sei er stolz auf die akademische Gemeinschaft. Die Universität Heidelberg und das Rektorat werden - nach seinen Worten - in großer Anteilnahme auch weiterhin an der Seite aller Betroffenen stehen.
Amoklauf in Heidelberg am 24. Januar 2022
Am 24. Januar 2022 schoss ein 18-Jähriger in einem Hörsaal im Neuenheimer Feld um sich. Er tötete eine 23-jährige Studentin, acht weitere Studierende wurden verletzt. Anschließend tötete der Schütze sich selbst. Das Motiv für seine Tat ließ sich den Ermittlerinnen und Ermittlern zufolge nicht mit vollständiger Sicherheit klären. Der 18-Jährige sei ein Einzelgänger gewesen, der allein gehandelt habe. Die Tat hatte weltweit großes Entsetzen ausgelöst.
Auch ein Jahr nach der Tat beschäftigt sie noch viele Menschen in der Stadt. Vor allem diejenigen, die sie direkt miterlebt haben. Eine Studentin, die damals im Hörsaal war, berichtet, dass sie die Bilder von damals nicht aus dem Kopf bekomme.
Kopf und der Verstand brauchen aus ihrer Sicht Zeit, um zu heilen. Es habe geholfen, viel darüber zu reden. Die Studentin hat sich deshalb auch eine Therapeutin gesucht und sich eingestanden, dass sie Hilfe braucht, um das Geschehene zu verarbeiten, sagt sie.
Marie-Luise-Jung-Preis soll an 23-Jährige erinnern
An die getötete Studentin, die aus Essingen (Kreis Südliche Weinstraße) stammte, erinnert ein nach ihr benannter und mit 1.500 Euro dotierter Preis. Initiiert wurde der Marie-Luise-Jung-Preis von der Universität Heidelberg, der Verfassten Studierendenschaft und dem Doktorandenkonvent - in Abstimmung mit der Familie. Die Auszeichnung soll jährlich von der Fakultät für Biowissenschaften verliehen werden, erstmals am 17. April 2024. Sie richtet sich an eine herausragende Absolventin mit einem Masterexamen, die die Promotion und damit den Verbleib in der Wissenschaft anstrebt.
Nach Auskunft der Familie der 23-Jährigen war es deren ausdrücklicher Wunsch, diesen akademischen Weg einzuschlagen. Vor der feierlichen Preisvergabe wird für Studienanfängerinnen und -anfänger der Biowissenschaften ein "Tag des Miteinanders" organisiert.
Hörsaal wird nach der Tat wieder genutzt
Der Hörsaal, in dem die Amoktat stattgefunden hat, wird laut Universität mittlerweile wieder genutzt, weil der Raum für die Lehre dringend benötigt werde. Wer dort nach der Tat nicht an Lehrveranstaltungen teilnehmen wollte, konnte diese jedoch auch online verfolgen. Dieses Angebot sei von einigen Studierenden in Anspruch genommen worden. Bereits vor der Tat war klar, dass das Gebäude umgebaut werde, so die Uni. In den kommenden Wochen sollen die Arbeiten starten.
Gedenkort soll eingerichtet werden
Im Hörsaal, in dem die Tat passierte, ist ein Gedenkort geplant, so der Rektor der Universität Heidelberg, Bernhard Eitel. Wahrscheinlich werde es eine künstlerisch gestaltete Wand sein. Der Bereich soll das Zusammengehörigkeitsgefühl der Studentinnen und Studenten stärken, so Eitel.
Für den Gedenkort werden Künstlerinnen und Künstler Entwürfe machen, so Eitel. Das baden-württembergische Finanzministerium übernehme die Kosten. Die Arbeiten sollen noch in diesem Jahr beginnen.