Mehr Sicherheit, weniger Lärm: In Baden-Württemberg gibt es immer mehr 30er-Zonen. Das Verkehrsministerium will innerorts am liebsten überall Tempo 30. Der ADAC sieht das kritisch.
Immer mehr Kommunen schließen sich einer von Ulm und Freiburg mitbegründeten Initiative für mehr Tempo 30 in Innenstädten an. Die Vorteile liegen für sie klar auf der Hand: Lärmschutz, Umweltschutz, Verkehrssicherheit. Auch das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg spricht sich klar für die Zonen aus. Zwar werden diese von den Land- und Stadtkreisen, Kreisstädten sowie vereinzelt auch Gemeinden festgelegt. Den rechtlichen Rahmen setzt bundesweit jedoch die Straßenverkehrsordnung und das Straßengesetz. Das Tempolimit ist dabei nur in bestimmten Fällen erlaubt.
Kommunen wollen frei über Tempolimit entscheiden können
Die Kommunen verlangen, dass sie selbst frei darüber entscheiden können, welche Geschwindigkeiten in den Orten erlaubt sind. Derzeit sehe die Straßenverkehrsordnung vor, dass Tempo 30 nur bei konkreten Gefährdungen oder vor sozialen Einrichtungen wie Kitas und Seniorenzentren angeordnet werden können. Diese Geschwindigkeit soll nach Ansicht der Initiative "Lebenswerte Städte" künftig die Regel sein, wobei örtlich dann auch höhere oder niedrigere Beschränkungen möglich sein sollen.
Der gehören nach eigenen Angaben 360 Städte, Gemeinden und Landkreise an. Pro Werktag schließe sich im Schnitt eine weitere Kommune an. In Baden-Württemberg gehörten dazu im vergangenen Jahr 2022 unter anderem Stuttgart, Heilbronn und Aalen.
Tempolimit: Ministerium in BW will 30 als neue Regelgeschwindigkeit
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wünscht sich ebenfalls mehr Spielraum für die lokalen Behörden. "Wir brauchen im Interesse der lärmgeplagten Anwohnerinnen und Anwohner sowie einer Verbesserung der Verkehrssicherheit endlich eine Änderung der Rechtslage, damit Tempo 30 in Städten leichter und auch großflächig angeordnet werden kann", sagte er.
Das Ministerium ist nicht nur pro 30er-Zonen, sondern plädiert sogar für Tempo 30 als neue Regelgeschwindigkeit innerorts. Für Durchgangsstraße könne es dann entsprechende Ausnahmen mit 50 als Höchstgeschwindigkeit geben. "Das würde aber eine Änderung des Verkehrsrechts auf Bundesebene erfordern", so der Ministeriumssprecher.
Bundesverkehrsministerium gegen flächendeckendes Tempolimit
Das Bundesverkehrsministerium ist von flächendeckendem Tempo 30 "nicht überzeugt", teilte eine Sprecherin mit. Man sei mit Blick auf die entsprechenden Regelungen aber "offen für unterschiedliche Lösungsansätze".
Laut Koalitionsvertrag sollten das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung so angepasst werden, dass auch die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt würden, heißt es vom Ministerium. "Dabei sollen den Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume eröffnet werden." Derzeit prüfe das Ministerium die Ergebnisse einer Länderarbeitsgruppe zum Thema Straßenverkehrsordnung. Zuletzt hatte auch das Umweltbundesamt empfohlen, deutschlandweit innerorts Tempo 30 einzuführen.
ADAC: Tempolimit würde Verkehr in Nebenstraßen verlagern
Gegen Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit argumentiert der ADAC Württemberg. Durch so ein Tempolimit würden Hauptstraßen ihre Leistungsfähigkeit verlieren. "Bündelungseffekte entfallen und der Verkehr wird sich zwangsläufig in die Nebenstraßen verlagern", so eine Sprecherin. Das könne nicht gewollt sein, denn eine solche Abwanderung wirke sich negativ auf die Verkehrssicherheit aus. Am Ende liegt die Zuständigkeit in der Frage in Berlin.