Schöffe zu sein - das ist eine verantwortungsvolle ehrenamtliche Aufgabe. In diesem Jahr finden die Wahlen für die nächste Amts-Periode statt. Aber wie wird man eigentlich Schöffe?
Die nächste Schöffenamtsperiode läuft von 2024 bis 2028. Über die Aufgaben und Herausforderungen für Schöffinnen und Schöffen hat Claudia Kitzig im SWR berichtet. Sie ist baden-württembergische Landesvorsitzende der Deutschen Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen DVS-BW.
SWR Aktuell: Sie sind selbst keine Schöffin, weil bei der letzten Wahl etwas schief gelaufen ist. Das heißt, sie wären es also gerne. Wie stehen denn Ihre Chancen, dass sie ab nächstem Jahr dabei sind?
Claudia Kitzig: Dass etwas schief gelaufen ist, kann man vielleicht nicht unbedingt sagen. Es ist ein zweistufiges Wahl-Verfahren. Die ehrenamtlichen Richter werden für fünf Jahre gewählt. Dafür müssen - damit 7.000 zusammenkommen - vorab durch die Kommunen 14.000 Kandidaten gefunden werden. Die werden dann im ersten Wahlverfahren festgelegt, und da wird eine Vorschlagsliste erstellt.
Diese Vorschlagsliste, die also doppelt so viele Kandidaten haben soll, wie nachher benötigt werden, geht an den Wahlausschuss der Amtsgerichte. Dort haben die Amtsgerichte unglaublich viel zu tun in den Wahlausschüssen, daraus die richtigen Kandidaten auszusuchen.
Das soll auch wirklich nach dem Zufallsprinzip geschehen. Daher kann man nie sagen, dass etwas schief gelaufen ist. Weil Schöffen eine ganz wichtige Funktion haben - sie sind die Vertreter des Volkes, sie sind quasi das Bindeglied zwischen Justiz und Volk - sollen alle Gruppierungen der Gesellschaft bei der Auswahl berücksichtigt werden. Es sollen genau so viele männliche wie weibliche Personen heraus gesucht werden, es sollen alle Altersstrukturen dabei sein, alle Berufsgruppen und alle sozialen Stellungen.
SWR Aktuell: Welche Voraussetzungen muss ich denn mitbringen, wenn ich sage: Jetzt möchte ich gerne Schöffin oder Schöffe werden?
Kitzig: Also zunächst einmal müssen Sie 25 Jahre alt sein, dürfen nicht älter als 70 sein. Der Stichtag ist der 01.01.2024. Sie müssen die deutsche Staatsbürgerschaft mitbringen, und Sie sollten absolut gute Deutschkenntnisse haben, um in komplizierten Verfahren auch gut folgen zu können, damit Sie sich auch dementsprechend einbringen können. Wenn Sie nicht folgen können, dann würde eventuell sogar das Verfahren platzen.
Auf jeden Fall sollte der Wohnort zum Zeitpunkt der Aufstellung der Vorschlagsliste in der Gemeinde sein, wo der Bewerber wohnt. Natürlich soll der Bewerber straffrei sein. Er kann ja nicht selber eine Freiheitsstrafe haben, darf auch nicht zahlungsunfähig oder überschuldet sein. Das sind so grundlegende Voraussetzungen, die unbedingt mitgebracht werden müssen. Und dann ist es schon ganz gut, wenn der Schöffe auch bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten mitbringt.
Ein Schöffe braucht keine juristischen Kenntnisse, soll aber seine eigene Lebenserfahrung einbringen. Er soll einen guten Menschenverstand einbringen. Er muss absolut vorurteilsfrei sein, darf nicht befangen sein, soll politisch neutral sein und unparteilich. Und außerdem braucht er Mut zum Richten, weil er in das Leben anderer Menschen mit seinem Urteil eingreifen kann. Da gehört es dann schon dazu, einen gefestigten Charakter zu haben.
Und ein Schöffe entscheidet ja mit der gleichen Stimme wie der Berufsrichter. Es sitzen immer zwei Schöffen bei einem Berufsrichter dabei. Das bedeutet also auch, dass ein Berufsrichter sogar überstimmt werden kann. Und da ist es schon wichtig, dass der Schöffe sich seiner Verantwortung voll und ganz bewusst ist.
SWR Aktuell: Was erzählen die Schöffinnen und Schöffen Ihnen denn? Ist das ein spannender Job, da im Gerichtssaal zu sitzen? Das Ganze hautnah mitzubekommen?
Kitzig: Ja, natürlich. Das ist auf jeden Fall sehr spannend. Also während der Berufsrichter natürlich für die juristisch korrekte Ausführung verantwortlich ist, bringt der Schöffe sich mit seiner Berufs- und Lebenserfahrung ein. Er kriegt die Lebensumstände der Menschen bei der Urteilsfindung mit. Das ist natürlich sehr spannend, weil er viele Erfahrungen machen kann in justiznahen Bereichen. Und er bekommt Einblicke in die richterlichen Prozesse. Das sieht natürlich auch ganz anders aus, als wenn man einen Krimi im Fernsehen sieht.
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