Eigentlich geht es der Initiative "Refill Deutschland" um den Umweltschutz. Doch bei der Hitze bietet sie einen zusätzlichen Mehrwert: kostenloses Trinkwasser zum Mitnehmen.
Die aktuelle Hitze verlangt den Menschen in Baden-Württemberg enorm viel ab. Sowohl für ältere Menschen wie auch für Kinder und Erwachsene gilt: viel trinken. Doch nicht immer kann man ausreichend Wasser bei sich haben oder ständig neues kaufen. Helfen kann da die Initiative "Refill Deutschland". Bei sogenannten Refill Stations gibt es kostenloses Trinkwasser zum Mitnehmen. Auf einer Deutschlandkarte sind diverse Trinkbrunnen, vor allem aber Läden und Geschäfte eingezeichnet. Mit dabei sind einige Cafés und Bars, aber auch Banken, Arztpraxen, Blumenläden oder Autohäuser in ganz Baden-Württemberg.
Viele davon haben etwas mit Nachhaltigkeit zu tun, also Bio-Läden, Food-Sharing-Cafés oder Unverpackt-Läden. Es sind aber auch Filialen von großen Ketten wie "Starbucks" oder "Globetrotter" mit dabei. Auch Apotheken, Bäcker oder Fahrradläden machen mit. Selbst Möbelgeschäfte, Architekturbüros oder Handwerksbetriebe beteiligen sich an der Aktion, genau wie einige Stadtwerke, Abfallwirtschaften oder Recyclinghöfe. Die komplette Bandbreite wird hier abgedeckt.
Ursprungsidee: Plastikvermeidung und Umweltschutz
Und genau das entspricht der Philosophie von "Refill Deutschland": Alle Firmen und Geschäfte können mitmachen. Jeder kann sich bei den teilnehmenden Läden kostenlos eine Flasche Wasser auffüllen lassen. Dabei geht es den Initiatoren eigentlich um den Umweltschutz und das Vermeiden von Plastikmüll.
Und so gibt es in jedem Geschäft mit einem blauen Aufkleber "Refill Station" im Fenster oder an der Tür kostenloses Trinkwasser. Auch wenn die Grundidee eigentlich eine andere ist, kann die Initiative gerade in den heißen Sommermonaten einen weiteren Mehrwert bringen.
Kaum Nachfrage im "Kantinchen" in Stuttgart
Diesen sieht auch Carsten Hendricks vom Café und Bioladen "Kantinchen" im Stuttgarter Lehenviertel. Bei ihm gibt es ohnehin keine Plastikflaschen, weswegen die Initiative perfekt zu seinem Konzept passt. "Das ist bei uns normal. Darüber denken wir gar nicht nach", sagt Hendricks, dessen Laden schon länger eine "Refill Station" ist. Allerdings werde das kostenlose Trinkwasser zum Mitnehmen kaum nachgefragt. Dennoch ist für Hendricks klar: "Ich würde dazu jederzeit wieder 'Ja' sagen. Ich bin der Letzte, der da 'Nein' sagt."
Das trifft auch auf Sabine Schlag zu. Ihr gehört die "Buchhandlung am Obertor" in Radolfzell (Bodenseekreis). Als sie von der Initiative hörte, war ihr direkt klar, dass sie daran teilnehmen wird. "Wenn ich unterwegs war und Durst hatte, hatte ich immer dasselbe Problem. Also habe ich auch in den Läden nach Wasser gefragt", erinnert sie sich.
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Kostenloses Wasser in der Buchhandlung
Da Schlag in ihrer Buchhandlung ohnehin schon kostenlos Wasser für ihre Kundinnen und Kunden anbot, war das Auffüllen der Flaschen der logische nächste Schritt. Mittlerweile ist die "Buchhandlung am Obertor" seit mehr als zwei Jahren eine "Refill Station". Allerdings sagt auch Schlag: "Es wird kaum genutzt."
Ist "Refill Deutschland" noch zu unbekannt?
Ob der Aufkleber zu klein ist oder die Initiative einfach nicht bekannt genug, mag die Buchhändlerin nicht bewerten. Zwar kämen vereinzelt Kunden, die nach Wasser, aber nicht nach der "Refill Station" fragen. Daher geht Schlag mittlerweile auch aktiv auf ihre Kundinnen und Kunden zu, wenn sie sieht, dass diese eine leere Trinkflasche dabeihaben. Denn für sie ist klar:
Auch Brunnen mit Trinkwasser werden angezeigt
Genau diese Überzeugung brachte auch die Initiatoren dazu, im März 2017 in Hamburg die ersten "Refill Stations" zu eröffnen. Mittlerweile gibt es das kostenlose Trinkwasser in zahlreichen deutschen Städten. Insgesamt sind es mehr als 6.140 Stationen, zu denen auch Trinkbrunnen gehören. Diese sind ebenfalls auf der Karte eingezeichnet.
Bis Ende Juli 2019 vergab die Initiative auch den Status "Refill Stadt" für Städte, die aktiv in der Gründungsphase mitgearbeitet haben. Dazu gehörten aus Baden-Württemberg Freiburg, Karlsruhe, Ludwigsburg, Mannheim und Stuttgart. Mittlerweile können sich aber alle Kommunen, die mindestens eine "Refill Station" haben, "Refill Stadt" nennen.
DEHOGA Baden-Württemberg blickt skeptisch auf "Refill Deutschland"
Der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA betrachtet Initiativen wie "Refill Deutschland" mit einer Mischung aus Sympathie und Skepsis, wobei Letztere überwiegt. Wenn dadurch eine "Parallel-Gastronomie" aufgebaut würde, wäre das ein Problem, sagt Daniel Ohl von DEHOGA Baden-Württemberg. Das sehe er aktuell aber nicht.
Ohl stört sich vielmehr daran, dass überhaupt erwartet werde, dass es kostenloses Wasser gibt. "Für eine Buchhandlung macht das auch Sinn, für einen Getränkehandel aber nicht", sagt er. "Die Gastronomie lebt vom Verkauf von Speisen und Getränken und nicht dem Verschenken von Speisen und Getränken."
Ausschank von kostenlosem Wasser keine Option für DEHOGA BW
Der Ausschank von kostenlosem Wasser würde für ihn das eigene Geschäftsmodell konterkarieren, zumal durch den Personaleinsatz und Gläser trotzdem Kosten entstünden, so Ohl. Gerade in der aktuellen Situation gehe das völlig am eigentlichen Problem vorbei. Zwischen 2019 und 2022 sei die Zahl der Hotel- und Gastro-Betriebe in Baden-Württemberg von 30.800 auf 25.500 gesunken.
Darüber hinaus hätten viele Betriebe, die die Corona-Pandemie überstanden haben, mittlerweile die Öffnungszeiten erheblich reduziert. Daher täusche der Eindruck von vollen Gasthäusern. Auch wenn es weiterhin gute Erträge gäbe, sei der Umsatz durch die gestiegenen Kosten erheblich eingebrochen, so Ohl. Daher warnt er:
Tatsächlich zielt die Initiative "Refill Deutschland" auch nur bedingt auf die Gastronomie ab. Geschäfte und Läden stehen eigentlich im Fokus. Da sich jedes Unternehmen aber selbst als neue Station eintragen und sich die Aufkleber bestellen oder herunterladen kann, können natürlich auch Restaurants und Kneipen an der Initiative teilnehmen. Klar ist aber auch: "Refill Deutschland" will unternehmens- und parteiunabhängig sein - und es soll kein Profit erzielt werden.
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