Die GDL hat im Konflikt mit der Deutschen Bahn zum Warnstreik aufgerufen. Das ist unverhältnismäßig und schadet anderen Gewerkschaften, kommentiert SWR-Redakteurin Sabine Geipel.
Neue Warnstreiks bei der Bahn! Diese Nachricht kam überraschend - das Aufstöhnen im Kollektiv war fast hörbar, als die Meldung im Radio lief oder auf dem Smartphone aufploppte.
Dass auf das tägliche Bahnchaos mit Zugausfällen, Verspätungen und verpassten Anschlüssen nun noch einmal eine Schippe draufgelegt werden wird, das übersteigt bei vielen die Vorstellungskraft. Ist es doch außerdem gerade erst wenige Monate her, dass der letzte Tarifkonflikt bei der Bahn mit der Gewerkschaft EVG nach langwierigen Auseinandersetzungen nur mit einer Schlichtung beendet werden konnte.
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Hoffnungsvoller Start der Verhandlungen
Dabei hatte diese Tarifrunde noch einigermaßen friedlich angefangen: Bereits am ersten Verhandlungstag hatte die Deutsche Bahn ein Angebot auf den Tisch gelegt. Das war taktisch geschickt und auch absolut verhandlungswürdig: Elf Prozent mehr Lohn, einen Inflationsausgleich von 2.850 Euro bei einer Laufzeit von 32 Monaten.
Ein Angebot, bei dem Arbeitnehmer vieler anderer Branchen schlucken müssen. Aber die werden auch nicht von GDL-Chef Claus Weselsky vertreten. Dem ist das Angebot - klar: zu wenig. Aber: Bevor es überhaupt eine Gelegenheit gibt, sich am Verhandlungstisch darüber auseinanderzusetzen, trommelt Weselsky zum Ausstand.
Das ist unverhältnismäßig. Es ist genauso fragwürdig, wie auf eine rasche Urabstimmung zu drängen, bevor die Gespräche überhaupt erst gestartet sind - oder mit Blick auf die Tarifrunde von "gewetzten Messern" bei den Bahn-Beschäftigten zu sprechen.
Frage nach der Verhältnismäßigkeit
Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit kann man auch bei der Forderung der GDL nach einer Reduzierung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich stellen. "Wer wollte diese nicht?", kann man fragen - aber auch: "Wie soll das gehen?"
Denn, dass es bei der Bahn nicht mehr Schultern gibt, auf die diese Arbeit verteilt werden kann, das hat gerade erst das Chaos nach den Personalausfällen am Stellwerk Ludwigshafen deutlich gemacht, als nicht nur in der Pfalz nichts mehr ging.
Ja, es mag sein, dass sich der GDL-Chef in seinem letzten großen Arbeitskampf vor dem Ruhestand ein Denkmal setzten möchte. Aber mit seinem Vorgehen schadet er nicht nur der Bahn, die als Verkehrsmittel immer unattraktiver wird, sondern auch der Sozialpartnerschaft, der Akzeptanz von Tarifverhandlungen bei großen Teilen der Bevölkerung. Das kann Weselsky eigentlich nicht wollen.
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