Die Migrationsdebatte kocht in Deutschland: Kommunen zeigen sich überfordert, populistische Debatten zeichnen ein düsteres Bild. Ein Blick auf aktuelle Fakten zeige jedoch auch eine andere Perspektive, kommentiert SWR-Journalistin Susanne Babila.
Die Migrationsdebatte ist in eine Schieflage geraten. Getrieben von Wahlerfolgen der AfD. Der Tenor: Migration sei das Problem. Aber stimmt das? Hohe Mieten und einhergehende Wohnungslosigkeit, marode Brücken oder stagnierendes Wirtschaftswachstum. Das kann Geflüchteten wohl nicht angelastet werden.
Ja, es stimmt, viele Kommunen sind mit der Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten überfordert. Doch erste Maßnahmen greifen: Im ersten Halbjahr 2024 ist die Zahl der Erstanträge von Asylsuchenden um 20 Prozent gesunken und auch die Zahl der Abschiebungen stieg um rund 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Deutschland schneidet bei Integration gut ab
Populistische Debatten verstellen den Blick auf Erfolge in der Integrationspolitik. Deutschland schneidet im aktuellen OECD-Bericht zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt gut ab. Beispiel Gesundheitsberufe: Von den insgesamt 428.000 berufstätigen Ärztinnen und Ärzten in Deutschland kommen fast 15 Prozent aus einem anderen Land, so die aktuelle Statistik der Bundesärztekammer. Tendenz steigend. In Thüringen sind es sogar 40 Prozent. Eine beachtliche Zahl der Ärztinnen und Ärzten stammen aus typischen Fluchtregionen. Allein aus Syrien sind es über 6.000, aber auch aus dem Iran oder Kamerun.
Fast 70 Prozent der Geflüchteten, die seit acht Jahren in Deutschland leben, sind erwerbstätig und fast alle sozialversicherungspflichtig beschäftigt. So die aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Sie arbeiten in vielen Berufen, als Erzieher, Gebäudereiniger, Informatikerinnen, Pfleger oder Dolmetscherinnen. Sie alle tragen dazu bei, dass wichtige Dienste weiterfunktionieren - trotz des Mangels an Fachkräften.
Integrationsmaßnahmen statt Grenzen schließen
Ja, es ist Aufgabe der Politik, Asylsysteme zu gestalten. Doch dazu gehört auch, Asylverfahren zu beschleunigen, Fristen für Beschäftigungsverbote zu reduzieren und Wohnsitzauflagen im Bedarfsfall aufzuheben. Die Lösung für eine gelingende Migrationspolitik liegt nicht in der Schließung von Grenzen, sondern in der zügigen Förderung von Integrationsmaßnahmen. Die Mittel für Sprachkurse im Bundeshaushalt für 2025 zu halbieren ist zum Beispiel ein falsches Signal. Migration ist nicht das Problem, sondern es kommt darauf an, was man daraus macht.
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