Waghäusel darf dem Unternehmen Deutsche Erdwärme keine städtischen Flächen zur Verfügung stellen, um dort ein Tiefengeothermie-Kraftwerk zu bauen. Bohrungen könnte es trotzdem geben.
72,9 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Waghäusel (Kreis Karlsruhe) haben bei einem Bürgerentscheid dagegen gestimmt, dass die Stadt dem Unternehmen Deutsche Erdwärme ein städtisches Grundstück für ein Tiefengeothermie-Kraftwerk zur Verfügung stellt.
Konkret ging es hier um ein sogenanntes Erbbaurecht. Heißt: Es ging nicht darum, Grundstücke an die Deutsche Erdwärme zu verkaufen, sondern darum, das Grundstück zu verpachten. Eigentümer wäre dabei die Stadt geblieben.
Bürgerentscheid in Waghäusel Mehrheit will keine Tiefengeothermie
In Waghäusel sollte ein städtisches Grundstück für den Bau einer Tiefengeothermie-Anlage verpachtet werden. Beim Bürgerentscheid am Sonntag haben rund 72,9 Prozent dagegen gestimmt.
Welche anderen Möglichkeiten gibt es jetzt?
Das heißt perspektivisch nicht, dass in Waghäusel auf Dauer kein Tiefengeothermie-Kraftwerk entstehen kann. Herbert Pohl, Geschäftsführer von Deutsche Erdwärme, erklärte im Gespräch mit dem SWR Studio Karlsruhe, dass das Unternehmen jetzt nach anderen Grundstücken in Waghäusel sucht.
Möglichkeiten gebe es für das Unternehmen mehrere, erklärt Pohl. So könnten etwa Privatleute, Unternehmen oder das Land Baden-Württemberg dem Unternehmen Grundstücke zur Verfügung stellen. Wie realistisch das ist und wie schnell es dazu kommen könnte, konnte Pohl noch nicht absehen.
Deutsche Erdwärme enttäuscht
Pohl zeigte sich zudem enttäuscht: Die Angst vor dem Eintritt induzierter Erdbeben sei bei den Bürgerinnen und Bürgern "größer als die Ängste vor den realen Gefahren des Klimawandels wie Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren" - und das, obwohl Experten im Rahmen eines Bürgerdialoges diese für gering befunden hätten, führt Pohl aus.
Laut Pohl wären mögliche Erdschwingungen nicht spürbar für den Menschen. Zudem gebe es in Deutschland strenge Bestimmungen, wonach Tiefengeothermie-Kraftwerke bei bestimmten Werten direkt vom Netz genommen oder abgeschaltet werden müssten, so Pohl.
Stadt Waghäusel verliert Beteiligungsmöglichkeit
Auch der Oberbürgermeister von Waghäusel, Thomas Deuschle (CDU), zeigte sich zunächst enttäuscht vom Ergebnis des Bürgerentscheids. Er hatte sich im Vorfeld für die "Pacht"-Variante eingesetzt und sich davon Vorteile für die Stadt Waghäusel erhofft. Auf Nachfrage des SWR erklärte Deuschle, er habe sich etwa Versorgungsgarantien für die Stadt und eine Beteiligungsmöglichkeit für Bürgerinnen und Bürger vorstellen können.
Deuschle führt dazu aus, auf nicht-städtischem Gelände habe man als Stadt keinen Einfluss mehr auf das Kraftwerk. Die Stadt werde lediglich im Rahmen eines bergrechtlichen Verfahrens angehört.
Bürgerinitiative zeigt sich skeptisch
Froh, dass zumindest aus dem ersten Bestreben in Waghäusel nichts wird, ist dagegen Michael Hörner von der Bürgerinitiative "Lebenswertes Waghäusel" . Die Initiative ist gegen ein Tiefengeothermie-Kraftwerk in der Stadt.
Hörner erklärt, er sei vor allem skeptisch, weil die Deutsche Erdwärme ein privates Unternehmen ist. Er vertraue nicht darauf, dass Tiefengeothermie so dauerhaft die Energieversorgung in Waghäusel sichern kann. Hörner plädierte dafür, sich in anderen Städten zu erkundigen, wie eine Energiewende funktionieren könne - auch ohne Tiefengeothermie.
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