Fast ein Jahr ist es jetzt her, dass Russland die Ukraine angriff und damit viele Menschen in die Flucht trieb. So auch vier Frauen und ihre Kinder. Sie erlebten in Karlsruhe, wie aus Solidarität Freundschaft wurde.
Am 24. Februar jährt sich der Angriff Russlands auf die Ukraine zum ersten Mal. Für Olena Puhach, ihre Tochter Polina und sechs weitere Mitgeflüchtete markiert dieser Tag eine Zäsur: Kurz darauf flohen sie nach Deutschland.
Die Bernsees nehmen die Geflüchteten auf
Dort angekommen, wurden sie zunächst von Stadt zu Stadt geschickt - eine langfristige Lösung schien nicht in Sicht. Bis sie ins Bild kommen: Familie Bernsee aus Karlsruhe - bestehend aus Vater Jochen, Mutter Claudia und Tochter Jolanda.
Das besondere Glück für die Ukrainerinnen: Die deutsche Familie hat ein altes Haus direkt neben ihrem eigenen. Bewohnbar ist es zum Zeitpunkt der Ankunft der Ukrainerinnen eigentlich nicht, erzählt Jochen Bernsee. Doch die Bernsees wägen ab - und entscheiden sich, die Familie aus der Ukraine erst mal in dem Haus aufzunehmen. Es habe "wenigstens ein Dach und eine funktionierende Toilette" gegeben, erzählt Claudia Bernsee.
Übergangslösung wird zur Dauerlösung
Aus der Übergangslösung wurde eine Dauerlösung - sie habe gespürt, dass das Bedürfnis der Ukrainerinnen nach Sicherheit groß gewesen sei, erklärt Claudia Bernsee weiter.
Mit der Hilfe anderer Bewohnerinnen und Bewohner der Straße in Karlsruhe habe man es geschafft, das Haus in ein bis zwei Tagen herzurichten und so bewohnbar zu machen. Jochen Bernsee erklärt in der Küche des alten Hauses:
In den ersten Wochen trägt Familie Bernsee die anfallenden Kosten. Mittlerweile zahlt das Jobcenter ein Wohngeld und übernimmt Kosten etwa für den Hort für die kleine Polina oder den Integrationskurs der Erwachsenen. Den besuchen die Frauen vier Mal pro Woche.
Sprachbarriere kaum noch vorhanden
Mit dem Deutschlernen klappt es bisher ganz gut - die Erwachsenen verstehen schon einiges, können sich bruchstückhaft verständigen. Die Kinder sprechen dagegen schon nahezu fließend Deutsch.
Eine dauerhafte Belastung ist dagegen das Heimweh und die Trennung von ihren Männern und Kindern in der Heimat, erzählt Olena Puhach. Sie floh mit ihrer Tochter aus der Ukraine und ließ Mann und ihre erwachsene Tochter in der Ukraine zurück. Olena Puhach erinnert sich an die Anfänge in Deutschland:
Bernsees helfen den Ukrainerinnen täglich
Eine besonders große Hilfe sind dabei die Bernsees von nebenan: Sie helfen der Familie etwa bei Behördengängen oder mit Anträgen. Kommuniziert wird oft mit einer Übersetzer-App auf dem Smartphone. Beeindruckt hat Olena Puhach aber vor allem die Herzlichkeit der Menschen in Deutschland.
Deutschland sei mittlerweile wie ein zweites Zuhause geworden. Eine gemeinsame Hoffnung teilen die Bernsees aber dennoch mit den Ukrainerinnen: dass sie zurück in ihre Heimat können.
Aber bei noch einem Punkt sind sich beide Seiten einig: Ihre Beziehung wird für immer bestehen. Denn aus Solidarität und Nachbarschaftshilfe ist längst Freundschaft geworden.