Vor einem halben Jahr wurde das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche abgeschafft. Trotzdem gibt es keine bessere Aufklärung in der Region.
Mit der Abstimmung im Bundestag am 24. Juni 2022 wurde das Ende des Paragrafen 219a verabschiedet. Damit hätten Schwangere schneller und leichter an Informationen über Schwangerschaftsabbrüche kommen sollen. Seit dem 18. Juli 2022 dürfen Ärztinnen und Ärzte öffentlich für Schwangerschaftsabbrüche werben.
Die Realität in Karlsruhe zeigt, sie tun es trotzdem nicht. Auch das Informationsangebot für Personen, die abtreiben wollen, sei laut verschiedenen Schwangerenberatungsstellen in Karlsruhe und im Internet insgesamt nicht größer geworden.
SWR Reporterin Mirka Tiede über Schwangerschaftsabbrüche in der Region:
Sorge vor Belästigung?
Warum das Informationsangebot für Schwangere sich kaum verbessert hat, weiß auch Schwangerschaftsberaterin Ursula Kunz von der Diakonie Karlsruhe nicht genau, sie hat aber eine Vermutung. "Weil sie vielleicht befürchten, von Lebensschützern belästigt zu werden", sagt sie. Ähnliche Beobachtungen machte auch die Schwangerschaftsberaterin Nicole Götz vom Landratsamt Karlsruhe. Auch eine Karlsruher Frauenärztin, die nicht namentlich genannt werden will, bestätigt diese Vermutung.
Schwangerschaftsabbrüche immer noch Straftat
Die Schwangerschaftsberaterin stört vor allem, dass die Eingriffe noch mit dem Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch geregelt werden. Nur in bestimmten Situationen können Schwangere den Schwangerschaftsabbruch straffrei durchführen. Zum Beispiel wenn ein medizinischer Notfall vorliegt oder drei Tage vorher ein Beratungsgespräch stattgefunden hat.
An dieser Regel hat sich im Grunde nichts geändert. Zumindest die Beratungen sind in Kunz Augen eine Hilfe für die Schwangeren. Die Möglichkeit, ein Gesprächsangebot wahrnehmen zu können, sei sehr entlastend und auch klärend.
Wenig Möglichkeiten auf dem Land
Laut Kunz brauche es mehr Ärztinnen und Ärzte, die den Eingriff durchführen. In der Stadt Karlsruhe stehen insgesamt vier auf ihrer Liste, nur einer von ihnen bietet operative Eingriffe an. Beide Beraterinnen sind sich einig, das Angebot in Karlsruhe ist aktuell noch gut. Wenn es eilig ist, seien Ärzte auch angehalten, einen Termin so schnell wie möglich zu vergeben, erklärt Götz. Aber Kunz gibt zu bedenken, dass immer mehr Ärztinnen und Ärzte aufhören, Schwangerschaftsabbrüche anzubieten.
Draußen auf dem Land gibt es noch weniger Ärztinnen und Ärzte, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen. Im Kreis Karlsruhe gibt es jeweils eine Praxis in Bruchsal und Östringen. Darüber hinaus gibt es eine in Richtung Rastatt. In Pforzheim ist der einzige Arzt, der einen Schwangerschaftsabbruch machen könnte, vor zwei Jahren weggefallen.
Thema aus dem Tabubereich holen
Kunz schlägt deswegen vor, das Thema Schwangerschaftsabbrüche im Medizinstudium oder der Facharztausbildung für die Gynäkologen aus dem Tabubereich zu holen. Kommunale Krankenhäuser könnten den Eingriff ebenfalls in ihren Leistungskatalog aufnehmen.
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