Im Herbst ist in den Brennereien Hochbetrieb - dann wird Obst zu Bränden und Schnäpsen. In der Hochburg Kappelrodeck stehen die Brennkessel unter Volldampf. Der Zoll weiß Bescheid.
Kappelrodeck im Ortenaukreis ist eine Brennerei-Hochburg. Die Gemeinde hat eine der höchsten Brennereidichten im Land. 250 Brennereien gibt es hier, schätzt der Verband Badischer Klein- und Obstbrenner. Andere Schätzungen sprechen von bis zu 350 und das bei etwa 6.000 Einwohnern. Das heißt: Rein rechnerisch hat in Kappelrodeck etwa jeder 20. Einwohner eine Brennerei.
Die Brennkessel laufen derzeit jedenfalls auf Hochbetrieb, um Obstbrände und Schnäpse zu brennen. Über zahlreichen Gebäuden steigt Rauch und Dampf auf - auch über der Brennerei von Ulrike und Karl-Heinz Kohler.
Schnaps aus Kappelrodeck: Kessel wird um 6 Uhr angeheizt
Ulrike Kohler ist seit 6 Uhr morgens bei der Arbeit. Unter dem Brennkessel hat sie ein Holzfeuer entfacht. Dann wurde die Maische eingefüllt, die über einen dicken Schlauch aus dem Maischfass in die Brennkammer kommt. An diesem Tag werden Äpfel gebrannt - aus eigenem Anbau. Destilliert werden darf zwischen sechs und 20 Uhr - und diese Zeit werde genutzt, erzählt sie. Alles muss beim Zoll angemeldet werden. Auch die Menge, die gebrannt werden darf, ist geregelt. Das wird auch immer mal wieder vom Zoll überprüft.
Beim Schnapsbrennen sind alle Sinne gefordert
Die 56-Jährige ist seit etwa 20 Jahren in der Brennerei tätig. Sie überwacht alles mit wachsamem Auge. Der unverdünnte hochprozentige Obstbrand läuft aus dem Brennkessel in einen Eimer – und wird immer wieder kontrolliert. Ulrike Kohler riecht am Destillat und probiert es auch. Sie ist zufrieden mit dem Ergebnis. Beim Brennen gibt es Vor-, Mittel- und Nachlauf. Trinkbar ist nur der Mittellauf. Er ist das Herzstück, erzählt sie.
Hier gilt es, den genauen Zeitpunkt zu erwischen, wann der Mittellauf aus dem Hahn in den Eimer fließt. Um trinkfertigen Obstbrand zu erhalten, wird der hochprozentige Mittellauf bei den Kohlers mit Quellwasser verdünnt. Vor- und Nachlauf werden nicht weggeschüttet. Sie werden weiterverarbeitet und ergeben später den Grundstoff für Industriealkohol, für die Kosmetikindustrie oder für Spiritus zum Beispiel.
Beim Brennen kommt es auf die richtige Geschwindigkeit an: Gut Ding braucht Weile, aber zu langsam darf man auch nicht sein. Die Kohlers brennen ganz verschiedene Obstsorten, die sie selbst anbauen. Die Palette reicht von Kirschen, Mirabellen, Pflaumen, Zwetschgen, oder Äpfeln bis hin zu Pfirsichen und Birnen. Die Obstbrände, Schnäpse und Liköre verkaufen sie dann im eigenen Hofladen.
Brennkessel ist "wie ein weiteres Kind"
Der Brennkessel ist 31 Jahre alt – genauso alt wie Kohlers älteste Tochter. Ulrike Kohler sagt, früher habe sie das Brennen nicht allzu sehr interessiert. Dann habe sie aber die Leidenschaft entwickelt. Übung und Erfahrung taten ihr Übriges. Seit knapp 15 Jahren ist sie staatlich geprüfte Brennerin. Und sie ist mit viel Leidenschaft bei der Arbeit. Mittlerweile kennt sie ihr Brenngerät in- und auswendig. "Man weiß genau, was da drin abgeht. Man hört es auch an den Geräuschen."
Fachwissen über Schnapsbrennen wird nicht gern verraten
Das Brennen habe auch etwas Geheimnisvolles, auch Mystisches, erzählt das Ehepaar Kohler. Genauso ist es auch mit dem Fachwissen. Das geben Brennerinnen und Brenner nur ungern nach Außen.
Dass es so viele Brennereien in Kappelrodeck gibt, dafür hat Karl-Heinz Kohler eine Erklärung. Es gebe von der Tradition her viel Obst und deshalb gebe es auch viele Brennereien. Aber deren Zahl nimmt immer weiter ab.
Ortenau: Auch Hochbetrieb bei Alde Gott Edelbrände
Hochbetrieb herrscht auch nur wenige Kilometer entfernt bei Alde Gott Edelbrände Schwarzwald in Sasbachwalden (Ortenaukreis). Brenner liefern ihre hochprozentigen Rohbrände an, die sie aus Maische destilliert haben. In der Genossenschaft werden sie dann trinkfertig veredelt, abgefüllt und die Flaschen etikettiert. Die Rohbrände lagern in der Genossenschaft in riesigen Fässern.
20 bis 35 Brenner liefern täglich ihre Rohbrände an, sagt Uwe Lehmann. Er ist der Technische Leiter bei Alde Gott Edelbrände. Auch er sagt: Die Region sei eine Brenner-Hochburg. "Bei uns gibt es die meisten Obstbäume in der Ortenau." Das Klima, die Niederschläge, alles passe.
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