Am Mittwoch hat es weitere Durchsuchungen im Landkreis Calw in der "Reichsbürger"-Szene gegeben. Beamte waren in einem Waldgebiet bei Bad Teinach-Zavelstein im Einsatz.
Beamte des Bundeskriminalamts (BKA) und der Landespolizei Baden-Württemberg durchsuchten am Mittwoch ein Waldstück bei Bad Teinach-Zavelstein (Kreis Calw). Zahlreiche Mannschaftswagen waren auf der Straße vor dem durchsuchten Anwesen zu sehen. Laut Bundesanwaltschaft kann eigenen Angaben zufolge nicht ausschließen, dass die Durchsuchungen auch am Donnerstag noch fortgesetzt werden.
Die Bundesanwaltschaft hatte am Dienstag im Landkreis Calw mehrere Wohnungen durchsucht. Demnach besteht ein Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die "Gruppe Reuß". Dabei kamen auch Spezialkräfte der Polizei zum Einsatz. Nach SWR-Informationen öffnete das SEK in einem Fall gewaltsam eine Tür. Anwohner haben dieses Geräusch offenbar für einen Schusswechsel gehalten.
Ehepaar aus Landkreis Calw im Visier der Ermittler
Die Durchsuchungen stehen in Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Rädelsführer der Gruppe, Rüdiger von Pescatore. Ein Ehepaar aus dem Landkreis Calw steht im Verdacht, Rüdiger von Pescatore logistisch unterstützt zu haben. Der 73-jährige Mann und die 63-jährige Frau sollen unter anderem ein Auto und einen Versammlungsraum zur Verfügung gestellt haben.
SWR-Reporterin Annika Jost berichtet von den Durchsuchungen am Dienstag:
Aus diesem Grund wurde ihre Wohnung durchsucht. Sie sind nicht festgenommen worden. Die Wohnräume der beiden Beschuldigten und durchsuchten Grundstücke sollen in Althengstett und Bad Teinach-Zavelstein (beide Kreis Calw) liegen.
Suche nach Waffen und Munition in Althengstett?
Laut Informationen der "Stuttgarter Zeitung" fuhr die Bundespolizei am Dienstag in Althengstett (Kreis Calw) für Ermittler des BKA unter anderem Gabelstapler auf. Dies lege den Verdacht nahe, dass nach Waffen und Munition gesucht wird.
"Reichsbürger": Bundesweite Durchsuchungen in drei Bundesländern
Mit einer Razzia geht die Bundesanwaltschaft gegen mögliche Unterstützer der mutmaßlichen Terrorgruppe um den "Reichsbürger"-Ideologen Heinrich XIII. Prinz Reuß vor. Ein Großaufgebot der Polizei durchsuchte seit dem frühen Dienstagmorgen sieben Gebäude und drei Grundstücke in Baden-Württemberg, Sachsen und Schleswig-Holstein, wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft mitteilte.
Es sollen über 700 Beamte beteiligt gewesen sein. Dazu gehörten laut Bundesanwaltschaft auch Spezialeinheiten des Bundes sowie des Landes Baden-Württemberg. Im Landkreis Calw waren demnach auch Einsatzkräfte des Kampfmittelräumdienstes und in Sachsen Kräfte des Technischen Hilfswerks im Einsatz.
Bürgermeister kritisiert Behörden nach Razzia
Nach Ansicht des Bürgermeisters von Althengstett (Kreis Calw) lief die Razzia am Dienstag in seiner Gemeinde nicht so reibungslos ab, wie er sich das gewünscht hätte. Rüdiger Klahm (parteilos) beklagte mangelnde Information seitens der Bundesanwaltschaft. Die örtlichen Behörden seien weder am Dienstagvormittag noch im Vorfeld über den Einsatz informiert worden, sagte er.
In sozialen Netzwerken seien Fotos von der Aktion und Spekulationen über Schüsse, Tote und Verletzte verbreitet worden. "Nachdem das dann eben doch eine Stunde oder anderthalb Stunden unklar war, sorgte das im Ort schon für eine gewisse Verwirrung, wo man auch mangels Informationen einfach die Bevölkerung nicht beruhigen konnte", sagte Klahm, der seit rund einem Jahr im Amt ist.
Etwa 100 Meter vom Einsatzort entfernt liege ein Kindergarten. Da sei die Frage gewesen, ob die Kinder im Garten spielen beziehungsweise nach Hause gelassen werden könnten.
Drei Prozesse rund um die "Gruppe Reuß" in Stuttgart, Frankfurt und München gestartet
In drei Prozessen an den Oberlandesgerichten Frankfurt am Main, Stuttgart und ab dem 18. Juni auch in München sollen die Hauptbeschuldigten der sogenannten Gruppe Reuß zur Verantwortung gezogen werden. In Frankfurt sagte am Dienstag ein Beamter des Bundeskriminalamts (BKA) zu den persönlichen Verhältnissen von Reuß aus.
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In Stuttgart ist vor allem der militärische Teil der mutmaßlichen Terrorgruppe angeklagt. Dieser sollte laut Anklage die geplante Machtübernahme mit Waffengewalt durchsetzen. Dazu sei schon mit dem Aufbau eines deutschlandweiten Systems von 286 militärisch organisierten Verbänden, sogenannten Heimatschutzkompanien, begonnen worden. Die "Heimatschutzkompanie Nr. 221" soll für den Bereich der Gebiete Freudenstadt und Tübingen zuständig gewesen sein. In der Region liegt auch der Landkreis Calw.
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