Es war das erste Mal in der deutschen Parteiengeschichte: Das Bundesverfassungsgericht hat mit der rechtsextremistische NPD/“Die Heimat“ das erste Mal eine Partei von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen. Dieses neue Instrument der "wehrhaften Demokratie" steht erst seit 2019 in unserer Verfassung. Und angesichts der Debatte um eine AfD-Verbot stellen sich jetzt viele die Frage, ob man auch der AfD zumindest die staatlichen Millionen entziehen könnte?
Kein staatliches Geld für die Verfassungsfeinde von der NPD, die sich jetzt "Die Heimat" nennt. Dieses Ergebnis war vorhersehbar. Denn es waren ja die Karlsruher Richterinnen und Richter, die die Idee überhaupt ins Spiel gebracht haben: Eine Partei, die klar verfassungsfeindlich ist, aber zu unbedeutend für ein Verbot, muss nicht staatlich gefördert werden. Denn so Karlsruhe: Es ist der Kern der wehrhaften Demokratie, dass sie "nicht zugleich die eigene Abschaffung fördern muss". Politisch unbedeutend ist die NPD schon länger. Was gleich die Frage aufwirft: Was heißt der heutige Richterspruch für die politisch nicht ganz unbedeutende AfD? Deren Verbot fordern seit Tagen Menschen, die in ganz Deutschland gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen. Die gerade aufgedeckten Vertreibungspläne von Menschen mit Migrationsgeschichte und der enge Schulterschluss von AfD und Rechtsextremen haben endlich viele wachgerüttelt. Warum dann das heutige Urteil gegen die NPD nicht doppelt nutzen im Kampf gegen Rechtsextreme und auch der AfD die staatlichen Millionen streichen?
Manche Verfassungsjuristen sind skeptisch. Denn: Auch für den Geld-Entzug muss man der AfD nachweisen, dass sie verfassungsfeindlich ist. Das verlangt eine aufwendige Beweisführung. Ein Potsdamer Treffen reicht da nicht. Und wenn der verfassungsfeindliche Charakter der AfD, für den vieles spricht, dann gerichtsfest festgestellt ist, dann könnte man eigentlich aufs Ganze gehen und ein Verbotsverfahren einleiten. Denn die Prüfung, ob die AfD verfassungsfeindlich agiert, wäre bei Parteienverbot und Finanzierungsausschluss die gleiche. Das hat Karlsruhe heute nochmal betont. Eins wäre jedoch anders: Eine Partei ganz zu verbieten oder ihr die staatlichen Gelder zu streichen macht verfassungspolitisch einen Unterschied. Es könnte bei vielen Demokraten, die bei einem Parteienverbot zu Recht Magenschmerzen haben, mehr Akzeptanz geben – im Sinne des völlig nachvollziehbaren Grundsatzes: Eine Demokratie muss nicht zugleich die eigene Abschaffung finanziell fördern. Doch machen wir uns nicht vor: Es ist immer eine heikle Sache, in der Demokratie eine politische Partei wegen Demokratiegefährdung zu sanktionieren – mit einem Verbot oder auch nur mit dem Entzug von staatlichen Geldern. Aber: Weil einmal in Deutschland eine Demokratie von rechtsextremistischen Demokratiefeinden zerstört wurde, haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes besondere Vorkehrungen getroffen. Und die stehen unter der Überschrift: Nie wieder! .
Der Zeitpunkt ist da
Wenn die Demokratie bedroht ist, reicht nicht nur die engagierte Gegenwehr auf der Straße – die gab es in der Weimarer Zeit auch. Verantwortungsbewusste Politik muss zusätzlich zu strengen Maßnahmen wie Parteienverbot oder Finanzierungsentzug greifen. Und wann, wenn nicht jetzt: Auf dem AfD-Europawahlparteitag im letzten Jahr hat die Kandidatin Irmhild Boßdorf "millionenfache Remigration" gefordert. Mit 76 Prozent wurde sie gewählt. Wie kann man das anders verstehen, als dass 76 Prozent auf einem offiziellen AfD-Parteitag nichts gegen menschenrechtswidrige Vertreibungspläne haben, die Staatsbürgerschaft ethnisch definieren. Und damit genau dem völkisch-rassistischen Denken entsprechen, den das Bundesverfassungsgericht bei der NPD als verfassungsfeindlich eingestuft hat. Womit sich der Kreis schließt. Der Zeitpunkt ist da, für ein AfD-Verbot, oder wenigstens für einen Ausschluss der AfD von der staatlichen Parteienfinanzierung.