Das "Bündnis gegen Cybermobbing" mit Sitz in Karlsruhe hat seinen Ratgeber vorgestellt. Er richtet sich vor allem an Eltern. Wir haben mit einer betroffenen Mutter gesprochen.
Wer schon mal gemobbt wurde, weiß, was das mit einem Menschen anrichten kann. Bei Kindern sind die Auswirkungen noch dramatischer. Sie haben im Gegensatz zu Erwachsenen kaum eine Chance, zu filtern und einzuordnen.
Nadine Jochim aus Sinsheim (Rhein-Neckar-Kreis) ist Mutter von drei Töchtern. Zwei ihrer Töchter sind Opfer von Cybermobbing geworden. Die 10-Jährige tauchte - ohne es zu wissen - in einem Youtube-Video auf, in dem sie herumalbert und Grimassen schneidet. Das war ihr peinlich und unangenehm, sie kam öfter weinend von der Schule, so Nadine Jochim.
Cybermobbing trifft vor allem Kinder und Jugendliche
Die 13-jährige Tochter hatte als eine der letzten in ihrer Klasse kein Handy. Mitschüler machten Bilder von ihr, aus denen sie Sticker erstellten. Darauf stand dann "Du Loser, du hast noch kein Handy" oder "Du bist total uncool". Die Sticker wurden per Messenger in die Klassen-Gruppe geschickt. Maximal verletzend für ein junges Mädchen.
Hilfe für Eltern zum Schutz ihrer Kinder
1,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland waren 2022 von Mobbing im Netz betroffen, so das "Bündnis gegen Cybermobbing". Ein Viertel von ihnen habe Suizid-Gedanken gehabt.
Mit dem Ratgeber zum Schutz vor Cybermobbing wolle man Eltern von Kindern und Jugendlichen helfen und über die Gefahr von Cybermobbing informieren und sensibilisieren. erklärt das Bündnis mit Sitz in Karlsruhe.
Vor allem aber wolle man Eltern dabei unterstützen, Cybermobbing zu erkennen, abzuwehren und den Betroffenen beizustehen.
Oft seien Eltern hilflos, wenn ihre Kinder gemobbt würden, wenn es um Prävention, Intervention oder um die Unterstützung im Ernstfall gehe.
"Erstmal wird alles abgestritten"
Nadine Jochim geht offensiv mit den Mobbing-Fällen ihrer Töchter um. Sie sucht das Gespräch mit Schule und den Eltern der Kinder, die ihre Töchter gemobbt haben. Die Schule verhängt Sanktionen, Nachsitzen und Strafarbeiten.
Bei den Eltern trifft Nadine Jochim auf wenig Verständnis. Man könne ja nichts dafür, wenn andere Kinder keine Handys haben, bekommt sie zu hören. Oder: "Mein Kind macht sowas nicht."
Wichtig sind Vertrauen und Aufklärung
Nadine Jochim wünscht sich an den Schulen mehr Aufklärung, mehr Vorbereitung für den Umgang mit digitalen und sozialen Medien. Man gebe seinem 18-jährigen Kind an seinem Geburtstag ja auch nicht einfach den Autoschlüssel in die Hand mit den Worten: "na dann fahr' mal los".
Für Uwe Leest, Vorstandsvorsitzender des "Bündnis gegen Cybermobbing", ist vor allem ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Eltern entscheidend. Damit sich die Kinder an sie wenden, falls Probleme auftauchen. Und damit Eltern merken, wenn sich ihre Kinder verändern, sich zurückziehen, schlecht schlafen oder nicht mehr in die Schule wollen. All das sind mögliche Symptome bei Mobbing.
Nadine Jochim als betroffene Mutter bestätigt, es sei sehr wichtig, mit den Kindern im Gespräch zu bleiben und aufzuklären. Damit die Kinder wüssten, sie könnten jederzeit zu ihren Eltern kommen. Seit dem Vorfall mit ihren Töchtern engagiert sich Nadine Jochim außerdem im "Bündnis gegen Cybermobbing".
Verschiedene Experten am Cybermobbing-Ratgeber beteiligt
Der Ratgeber ist in Kooperation mit der Krankenkasse Barmer entstanden. Beteiligt sind neben dem "Bündnis gegen Cybermobbing" weitere Experten wie Polizisten und Pädagogen. Der Ratgeber kostet als Buch 15 Euro, als eBook 10 Euro.
Der Verein "Bündnis gegen Cybermobbing" mit Sitz in Karlsruhe wurde 2011 gegründet. Es besteht aus Menschen, die persönlich von Cybermobbing betroffen sind oder waren, sei es beruflich oder privat, und die gegen Mobbing und Gewalt im Netz vorgehen. Das Bündnis klärt nicht nur über Cybermobbing auf, es fördert auch die Medienkompetenz in Schulen mittels Elternabenden und Infoveranstaltungen und bietet Hilfe im Internet an.
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