Es sieht so aus, als wären die Urteile aus Luxemburg nicht besonders wichtig. Denn die Schufa darf erstmal weitermachen wie bisher. Trotzdem werden die beiden Urteile des obersten EU-Gerichts langfristig viel bewirken, kommentiert Gigi Deppe.
Denn jetzt geht die Sache erstmal zur weiteren Klärung zurück an die deutschen Gerichte. Trotzdem sind die beiden Urteile des obersten EU-Gerichts von großer Bedeutung. Denn zum ersten Mal sagt es: Das automatisierte Sammeln von Daten über einzelne Personen und das Bewerten der Zahlungsfähigkeit, das "Scoring", das ist grundsätzlich nicht in Ordnung. Denn solches "Profiling" kann diskriminieren - wenn der Score etwa bei einem Kreditantrag ganz schematisch sagt: Mit dieser Punktzahl kann ein Kredit nicht vergeben werden. In einem Zeitalter, in dem zunehmend mit künstlicher Intelligenz gearbeitet wird, ist die Gefahr groß, dass Menschen unter die Räder geraten, weil Maschinen sie falsch bewerten. Insofern ist der Richterspruch ein Fortschritt. Er erinnert daran, dass wir fair miteinander umgehen müssen, selbst wenn uns Maschinen die Arbeit erleichtern.
Allerdings schränken die Richter in Luxemburg das Verbot selbst ein: Das Ganze sei erst dann ein Problem, wenn im Wesentlichen nur die maschinell erstellten Daten entscheiden. Wenn also ein neuer, besserer Stromvertrag allein deswegen verweigert wird, weil da eine falsche Zahl steht.
Zustimmung führt zur Zulässigkeit?
Und das ist ein großes Einfallstor. Es liegt nahe, dass alle Banken, Energielieferanten und Online-Dienste sagen werden: Nein, natürlich ist bei uns nicht nur die bloße Zahl entscheidend! Und sie werden auch sagen: Wir haben doch die Zustimmung des Kunden. Dann ist die automatisierte Datenverarbeitung nämlich doch zulässig. Kaum vorstellbar, dass ein Kunde bei der Bank sitzt und sagt: Ich gebe meine Zustimmung nicht dafür, dass Sie Informationen bei der Schufa einholen. Denn dann hat sich das mit dem Kredit sowieso erledigt.
Sonderregeln strenger auszulegen
Weiteres Einfallstor: Dass es in Deutschland Sonderregeln für die Schufa geben darf Die gibt es schon, die sind zwar jetzt nach den Hinweisen der europäischen Richter strenger auszulegen. Aber damit kann das strenge Verbot von automatisierter Datenverarbeitung auch aufgeweicht werden.
Urteil nicht zu unterschätzen
Das Urteil aus Luxemburg nützt den Kunden also erstmal nicht so viel. Aber nicht zu unterschätzen ist: Die deutschen Gerichte, die jetzt die Sache zu Ende führen müssen, haben das Signal aus Europa sicher laut und deutlich gehört. Automatisierte Datenverarbeitung darf nicht diskriminieren, selbst wenn damit die Wirtschaft gut funktioniert. Insofern werden die neuen Schufa-Grundsätze sicherlich in Zukunft viele deutsche Gerichtsentscheidungen prägen.