Kriminalbehörden aus Baden-Württemberg haben eine internationale Bande von Telefonbetrügern zerschlagen. Nun geben sie Einblick in die Ermittlungen - und in die perfiden Strategien der Verbrecher.
Der Sohn oder die Tochter hat einen schweren Unfall verursacht. Ein Mensch ist gestorben. Nun soll man eine große Summe Geld zahlen, damit das eigene Kind nicht ins Gefängnis muss. Geschichten wie diese erzählen Betrügerinnen und Betrüger bei sogenannten Schockanrufen, um ältere Menschen um ihr Erspartes zu bringen. Die Polizei erwischt oft nur die, die das Geld abholen. Die Hintermänner kommen meistens davon. Kürzlich ist dem Landeskriminalamt und der Staatsanwaltschaft Pforzheim aber ein Schlag gelungen. Nun haben sie Details zu den Ermittlungen bekanntgegeben.
122 Schockanrufe vor allem in Baden-Württemberg und Bayern
Im Visier war eine internationale Bande, die allein in Deutschland 122 solcher Anrufe getätigt haben soll, die meisten davon in Bayern und Baden-Württemberg. Die Betrüger haben mehr als fünf Millionen Euro erbeutet.
Ein Anruf im Enzkreis brachte die Ermittler auf die Spur. Dort schnappten sie im vergangenen September einen Geldabholer. Die Bande hatte ihn über eine Jobbörse in Polen für Kurierfahrten angeworben. Die Börse sei laut Staatsanwaltschaft Pforzheim mitentscheidend für den Ermittlungserfolg gewesen.
Ermittlungserfolg gegen Betrugsmasche Schockanrufe: BW-Ermittler zerschlagen Betrügerbande
Ermittler aus Baden-Württemberg haben mit Hilfe von Europol eine internationale Betrügerbande zerschlagen. Mehr als 70 Verdächtige wurden festgenommen.
Umzugskartons voller Akten
Monatelang ermittelten die Behörden. Sie ließen Verdächtige observieren, führten auch verdeckte Einsätze durch. Die Akten der Staatsanwaltschaft füllen mittlerweile drei Umzugskartons. Irgendwann stoßen die Ermittlerinnen und Ermittler auf einen 41-jährigen Polen, den mutmaßlichen Kopf der Bande, der schon von den polnischen Behörden gesucht wurde. Sein Hauptquartier hatte er deshalb von Polen nach London verlegt. In einem Haus in der Nähe der Metropole haben sich im Morgengrauen des 15. Juni gerade die Rolläden geöffnet, da schlägt die Polizei zu. Sie nimmt den Verdächtigen fest.
Bargeld und Wegwerfhandys sichergestellt
An diesem Morgen durchsuchten Beamtinnen und Beamte auch Anwesen in Frankfurt am Main und in den nordrhein-westfälischen Städten Neuss, Kaarst und Haan. Bundesweit nehmen sie mehr als 70 Verdächtige fest, überwiegend ältere Männer. Sie finden Gold, Schmuck und 160.000 Euro Bargeld, außerdem zahllose Telefone und Handys, die sie oft nur kurz benutzten und dann wegwarfen.
Die Masche der Schockanrufer ist laut Behörden immer die gleiche: die Angerufenen werden am Telefon gehalten und psychisch unter Druck gesetzt, bis sie irgendwann nicht mehr klar denken können und Geld abliefern.