Eltern schwerstmehrfachbehinderter Kinder in BW wünschen sich mehr Hilfe nach dem Schulabschluss ihrer Kinder. Die Suche nach einem Betreuungsplatz ist dann besonders schwierig.
Nach dem Schulabschluss schwerstmehrfachbehinderter Kinder ist es ein besonders großes Problem, einen Betreuungsplatz zu finden. Betroffene Eltern in Baden-Württemberg wünschen sich deswegen mehr Unterstützung. Das geht aus einer Umfrage hervor, die eine Elterninitiative aus Marxzell (Kreis Karlsruhe) erstellt hat. Die Umfrage liegt dem SWR vor.
Betroffene Eltern schwerstbehinderter Kinder aus ganz Deutschland melden sich
Wohin mit meinem schwerstmehrfachbehinderten Kind, wenn es zu alt ist für die Schule? Das ist ein Thema, das vielen betroffenen Eltern Sorgen macht. Die Elterninitiative "Miteinander besser Leben" scheint mit ihrer Umfrage einen Nerv getroffen zu haben. Ursprünglich habe man nur erfahren wollen, wie groß das Problem im Stadt- und Landkreis Karlsruhe ist, so Mit-Initiatorin Ilona Schmitt.
Lange Suche nach Betreuungsplatz ohne Ergebnis
Sie kämpft in der Initiative zusammen mit drei weiteren Müttern dafür, mehr Betreuungsplätze für schwerstmehrfachbehinderte junge Erwachsene zu schaffen. Sie selbst sucht schon seit längerem für ihren bald 17-jährigen Sohn Phillip einen Platz. Bisher ohne Ergebnis.
Phillip kam drei Monate zu früh auf die Welt, hatte schwere Hirnblutungen. Er ist geistig und körperlich schwerstbehindert und benötigt rund um die Uhr Betreuung. Spätestens in zweieinhalb Jahren endet seine Schulzeit.
Ansprechpartner fehlen für Suche nach Betreuungsplatz
Vielen Eltern geht es ähnlich wie ihr. Aus Baden-Württemberg haben sich fast 500 Eltern schulpflichtiger behinderter Kinder an der Umfrage beteiligt. Nach Angaben der Initiative sagten 95 Prozent von ihnen, einen Platz zu finden sei schwierig. Ein Drittel der jungen Erwachsenen mit Behinderung, die zu Hause wohnten, hätten keinen geeigneten Platz in einer Einrichtung gefunden. Allein die Suche sei schon schwierig, weil es keinen zentralen Ansprechpartner gebe.
Marktforscherin Astrid Wagner aus Karlsruhe hat die Umfrage für die Elterninitiative erstellt und ausgewertet. Zahlreiche Teilnehmer haben ihre persönlichen Erfahrungen bei der Suche nach einem Platz beschrieben, in teils bewegenden Worten.
Andere beschreiben, welche seelischen Auswirkungen die Situation für ihre Familie hat. Oft herrscht auch Angst vor Überlastung, gerade weil man älter wird.
Eltern wollen bessere Vernetzung für Betreuung
Mit der Initiative wolle man zum einen erreichen, dass die Kommunen den Bedarf an Plätzen rechtzeitig ermitteln, neue Plätze schaffen und vor allem sich besser mit allen Beteiligten vernetzen, betont Anja Bräuer-Farrokhzadian, ebenfalls Mitglied der Eltern-Initiative. Wie viele andere betroffenen Eltern auch hat sie das Gefühl, dass Behörden und Institutionen oft nicht richtig zusammenarbeiten. Bürokratie belaste die Betroffenen.
Tatsächlich steigt der Bedarf an Plätzen für Schwerstmehrfachbehinderte weiter. Aber wie viele Förder- und Betreuungsplätze genau in den nächsten Jahren gebraucht werden, das ist den Planern zumindest in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe offenbar im Moment nicht bekannt.
Hagsfelder Werkstätten: "Gezielter Austausch fehlt"
Es gebe zwar einen regelmäßigen Austausch an sogenannten Runden Tischen und auch Einzelgespräche bei Verhandlungen, aber einen gezielten Austausch zur Bedarfsdeckung für diese Art von Betreuungsplätzen gebe es derzeit nicht, sagt Simon Scholtz, Geschäftsleiter bei den Hagsfelder Werkstätten und Wohngemeinschaften Karlsruhe (HWK). Sie bieten derzeit rund 140 solcher Förder- und Betreuungsplätze an.
Der Sozialamtsleiter der Stadt Karlsruhe, Torsten Klein, sagt, die Elterninitiative und ihre Umfrage sei ein Ansporn, noch stärker auf die Bedürfnisse der Eltern einzugehen, eine Brücke zu den Anbietern zu schlagen und neue Betreuungsplätze zu schaffen. Karlsruhe plane im Moment eine neue Einrichtung mit Förder- und Betreuungsplätzen im unteren zweistelligen Bereich.
Betroffene wollen selbst aktiv sein
Ilona Schmitt und ihre Initiative suchen auch nach Grundstücken, Häusern und vielleicht einem Träger, um im besten Fall selbst Betreuungsplätze zu schaffen. "Wir haben trotz allem ein glückliches Kind", sagt sie. "So wie Phillip jetzt glücklich ist, so soll es bleiben. Dafür setzen wir uns ein. Auch nach der Schulzeit."
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