Einmal bei einem Konzert mit Deichkind auftreten? Für neun Sportler aus Ettlingen ist dieser Traum wahr geworden. 8.000 Menschen konnten diesen Moment mit ihnen feiern.
Es ist Samstagmittag, nur wenige Stunden vor dem Deichkind-Konzert in der Hanns-Martin-Schleyerhalle in Stuttgart. In dem Studio Mr. & Mrs. Fit in Ettlingen sind zu diesem Zeitpunkt Mini-Trampoline aufgestellt. Sie sind sechseckig, am Rand neonfarben und haben einen Griff zum Festhalten. Auf ihnen stehen neun Personen, die links und rechts die Arme seitlich wegstrecken.
Eine erfolgreiche letzte Probe vor dem Konzert mit Deichkind
Alle sind hoch konzentriert und bereit für das, was kommt: Aus den Boxen ertönt rhythmische Musik. Die neun Fitness Jumper fangen an, auf den Takt eine Choreografie zu springen. Die Musik baut sich kreisend und immer schneller werdend auf. "Oma gib Handtasche", sagt eine Stimme aus der Box.
Die Sprünge werden höher. Die Musik geht weiter. Und dann endet plötzlich alles mit einem Schlag. Er hallt nach und wird immer leiser. Alle neun strecken die Arme nach oben, die Trampoline schwingen noch kurz weiter mit. Die Anstrengung ist in die roten Gesichter geschrieben.
Jumping Fitness Community ist großflächig vernetzt
Dennoch ist die Freude bei den sieben Frauen und den zwei Männern groß. Noch am selben Abend werden die neun Fitness Jumper in Stuttgart zusammen mit Deichkind auf der Bühne stehen. Für die Gruppe aus Ettlingen ist es nicht der erste Auftritt. Sie waren schon bei kleineren Veranstaltungen mit um die 500 bis 1.000 Zuschauerinnen und Zuschauern dabei. Insgesamt passen in die Schleyerhalle aber 15.500 Zuschauer rein. "Ist halt doch noch mal eine andere Hausnummer", sagt Stefanie Mußler mit Respekt.
Seit Monaten trainiert die Gruppe auf diesen Auftritt hin. Das Management von der Band hatte Studioleiterin Sandra Kara direkt angeschrieben und gefragt, ob sie zusammen mit Deichkind auf der Bühne stehen wollen. Seit 2020 tritt die Hamburger Gruppe immer bei den Songs "Oma gib Handtasche" und "Bude voll People" zusammen mit regionalen Fitness Jumpern auf. Die Community sei über den Hersteller der Trampoline gut vernetzt und darüber könne immer eine Jumping Fitness Gruppe aus der Nähe der Konzertorte vermittelt werden, meint das Management.
Gruppe trainiert mit Masken vor dem Auftritt
Bevor es auf den Weg nach Stuttgart geht, ziehen sich alle neun Masken über das Gesicht. Plüschige Masken, Tiermasken und schwarze Schale - die Bandbreite ist groß. Dann beginnt eine zweite Durchlaufprobe. Beim Auftritt soll die Gruppe Sonnenbrille, Sturmhauben und Plastikmasken tragen. Auf die Art wollen sie sich darauf vorzubereiten, dass sie möglicherweise beim Auftritt kaum etwas sehen können.
"Man hat keine Orientierung auf dem Trampolin. Man schwankt hier so ein bisschen herum", sagt Verena Bibka über das Hüpfen mit der Maske. Die Choreografie ist für die Gruppe aber dennoch kein Problem. Zum Schluss werden alle Trampoline wieder weggeräumt. "Die muss man nicht mitnehmen", erklärt Sandra Kara. "Die gibt es vor Ort. Deichkind hat die im Tourbus mit dabei." Nach einer kleinen Verschnaufpause geht es dann schon weiter nach Stuttgart.
Viel Gelassenheit, bevor es mit Deichkind auf die Bühne geht
Im Backstage der Hanns-Martin-Schleyerhalle hat die Gruppe extra einen Raum für sich. In ihm liegen fein säuberlich platziert auch schon die Outfits für den Auftritt bereit. In der Gruppe macht sich Erleichterung breit. Sie müssen die Plastikmasken nicht bei der Choreografie auf dem Trampolin tragen. Erst beim zweiten Song "Bude voller People" sollen sie die Masken aufsetzen.
Lachen und Späße, die Stimmung unter den Sportlern ist gut. Nur vereinzelt sieht man den Jumpern die Nervosität an. Die meisten sind aber gelassen und voller Vorfreude. "Noch geht es gut. Ich glaube, wenn wir gleich abgeholt werden, dann geht bei mir die Aufregung los", sagt Johannes Götzmann. Noch eine trockene Durchlaufprobe ohne Trampoline, ein paar Fotos zur Erinnerung und schon geht es auf die Bühne: Der Auftritt läuft reibungslos.
Kaputt, aber glücklich!
Mit strahlenden Gesichtern kommen die neun von der Bühne. Sie sind verschwitzt und ihre Gesichter sind gerötet. Aber sie sind glücklich. "Es war einfach nur umwerfend", schwärmt Regina Reiter-Kegreis. "Ich könnte grade noch mal auf die Bühne und es noch mal machen."
Auch Stefanie Mußler kann es noch nicht so ganz glauben: "Es war einfach so cool, weil sie von Anfang an mit gehüpft sind – zumindest ab dem Moment, in dem der Vorhang aufging", sagt sie. Etwa 8.000 Menschen waren laut dem Management von Deichkind beim Konzert dabei. "Es war richtig irre, einfach richtig schön", freut Stefanie sich.
Johannes Götzmann hatte zu Beginn des Auftrittes noch schwere Beine, Spaß hatte er dennoch: "Es geht so schnell vorbei", sagt er. "Aber es war einfach richtig, richtig cool."
Mehr zu Deichkind
Klima und Pop „No Music on a Dead Planet“ – Wie klimafreundlich ist die Popindustrie?
Die Musikbranche ruft den Klima-Notstand aus. Auch etablierte Gruppen wie die Deutschrapper von Deichkind fordern ein Umdenken in Sachen Umweltbewusstsein und Ressourcenschonung.
Neue Musik Neues Deichkind-Video: „In der Natur“ mit Robo-Hund und Putins Marmortisch
Witzige Outfits, einfache Texte, freaky Zeugs im Video, es wird gejodelt – Deichkind LOL.
Wer das geniale Kollektiv allerdings nur minimal auf dem Schirm hat, der weiß: Je lustiger Deichkind daherkommen, umso kritischer ist oft die Message des Songs.