Heilbronner Klinikdirektor erklärt, warum Vorsorge wichtig ist

"Movember": Ein Schnurrbart für den guten Zweck

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Jan Arnecke
Jan Arnecke

Beim "Movember" geht es um Männergesundheit. Experten erklären, warum Vorsorge bei Prostata- und Hodenkrebs wichtig ist und wie es um die mentale Gesundheit der Männer steht.

Im November sieht man vielleicht einige mehr Männer, die sich einen Schnurrbart stehen lassen - für einen guten Zweck. Denn wahrscheinlich machen sie beim "Movember" mit. Bei dieser Aktion geht es den ganzen November um Männergesundheit. Es soll über Prostata- und Hodenkrebs und über mentale Gesundheit aufgeklärt werden, um Männern die Angst vor diesen Krankheiten zu nehmen, zu sensibilisieren und zu zeigen: Vorsorge ist das A und O. Vor allem beim Prostata-Krebs, erklärt Gencay Hatiboglu, Direktor der Urologie an den SLK-Kliniken Heilbronn.

Weiter unten im Text finden Sie auch verschiedene Hilfsangebote und Stellen, an die sich Betroffene und Angehörige wenden können, genauso wie Informationen zu Vorsorgeuntersuchungen - auch für Frauen!

Die Themen in der Übersicht:

Spendenaktion der Neckarsulmer Rugby-Mannschaft

Den Aktionsmonat nehmen sich viele Männer inzwischen zu Herzen. Das Kofferwort "Movember" setzt sich aus dem englischen "moustache" - also Schnurrbart - und November zusammen. 2003 entstand die Idee in Australien und wird seither jedes Jahr größer. Im vergangenen Jahr hat die Rugby-Mannschaft der Sport-Union Neckarsulm (Kreis Heilbronn) gemeinsam mit einem Urologen und seiner Band ein Musikvideo für den "Movember" aufgenommen.

Heilbronn/Neckarsulm

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Und auch in diesem Jahr setzt sich das Rugby-Team wieder für die Männergesundheit ein, erzählt Dominik Hoffmann. Für ihn ist es eine Herzenssache, denn er hat seinen Vater an Prostatakrebs verloren. Der Verein sammelt Jahr für Jahr Spenden, in diesem Jahr gehen sie an die Prostata Hilfe Deutschland e.V.. Und hier kann man die Aktion unterstützen.

Ein Schnurrbart für den guten Zweck

Beim "Movember" geht es im Grunde um drei Themen: Prostatakrebs, Hodenkrebs und mentale Gesundheit.

Das SWR-Studio Heilbronn hat mit Experten über die Vorsorge gesprochen, über Risiken und darüber, was man vielleicht auch als Außenstehender oder Außenstehende tun kann, um die Männer zu unterstützen.

Mehr als 25 Prozent der Deutschen haben psychische Erkrankungen

Der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (dgppn) zufolge, sind Stand April 2024 jährlich in Deutschland 27,8 Prozent der Menschen von einer psychischen Erkrankung betroffen - das sind rund 17,8 Millionen. Die häufigsten Erkrankungen sind Angststörungen und Depressionen.

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung geben nur etwa halb so viele Männer wie Frauen an, sich psychisch belastet zu fühlen. Dem gegenüber steht allerdings ein anderer Fakt: Denn etwa drei Viertel der Suizide in Deutschland werden von Männern begangen. Auch hier setzt der "Movember" an, um Stigmata zu brechen und mehr Männer zu ermutigen, in sich hineinzuhören und sich zu öffnen, wenn es ihnen nicht gut geht.

Mentale Gesundheit bei Männern noch immer stigmatisiert

Iris Kaspar leitet die Ehe-, Familien- und Lebensberatung bei der Caritas im Main-Tauber-Kreis. Hier können auch Menschen mit psychiatrischen Diagnosen Hilfe und Beratung bekommen - allerdings keine Therapie.

Dennoch kennt sich Iris Kaspar mit psychischen Problemen aus. Sie schreibt dem SWR-Studio Heilbronn: "Sozialisation, gesellschaftliche und kulturelle Einflüsse führen dazu, dass Männer zum einen weniger darauf geprägt sind, auf psychische Symptome und emotionale Belastungen zu achten und zum anderen auch eher dazu neigen, keine Hilfe in Anspruch zu nehmen."

Depression: Die Krankheit der "...losigkeiten"

Besonders die Depression bezeichnet sie als die Krankheit der "…losigkeiten". Betroffene - und das kann man auch an sich selbst erkennen - fühlen sich in der Regel nämlich vor allem lustlos, antriebslos, appetitlos, gefühllos, schlaflos, freudlos und/oder sinnlos.

Ergänzend erklärt Kaspar: "Bei Männern zeigen sich bei psychischen Belastungen oftmals eher Symptome von Gereiztheit, Überforderung, Aggressivität, Risikoverhalten oder Suchttendenzen. Damit einher geht die Scham, diese Befindlichkeiten zu benennen."

Erkennt man solche Anzeichen bei einem Angehörigen, einem Freund, Vereins- oder Arbeitskollegen, kann es oft schon ein erster Schritt sein, anzubieten, mit dem- oder derjenigen darüber zu sprechen. Allerdings sollte man die möglicherweise Betroffenen nicht überrumpeln und geduldig sein.

Prostatakrebs-Vorsorge: Nur ein Viertel nimmt sie wahr

An den Heilbronner SLK-Kliniken leitet Gencay Hatiboglu die Urologie. "Der Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart beim Mann", sagt er. Daher ist die Vorsorge hier besonders wichtig. Die Krankenkassen übernehmen ab dem 45. Lebensjahr einmal jährlich eine Vorsorge. Trotzdem nehmen das der AOK zufolge nur rund 25 Prozent der Männer wahr. "Zu wenig", sagt Hatiboglu. Deshalb ist auch Aufklärung, wie beispielsweise durch den "Movember", genauso wichtig, wie die eigentliche Vorsorge.

Bei der Untersuchung handelt es sich dann um eine sogenannte Tastuntersuchung. Hatiboglu und auch die Urologische Fachgesellschaft empfehlen darüber hinaus aber auch noch eine Blutabnahme des sogenannten prostataspezifischen Antigens. Eine einfache Blutwertbestimmung, die in die Untersuchung mit einfließt.

Risikopatienten können schon früher zur Vorsorge

Wie bei jeder Regel gibt es Ausnahmen: Risikopatienten können die Vorsorge schon ab dem 40. Lebensjahr jährlich wahrnehmen. Dazu zählen Männer, bei denen beispielsweise der Bruder oder Vater, also ein Verwandter ersten Grades, Prostatakrebs hatte. Neuere Untersuchungen, so Hatiboglu, ergaben sogar, dass es genetische Veränderungen geben kann - das sogenannte BRCA-Gen, das man aus der Brustkrebsdiagnostik kenne. Auch das könne bei Männern vorkommen und wenn so etwas in der Familie bekannt sei, würde er ebenfalls eine Vorsorge ab dem 40. Lebensjahr empfehlen.

Allerdings entscheiden die Kassen bei den Risikofaktoren von Fall zu Fall, die frühere Vorsorge muss angefragt werden. Jedoch, so Hatiboglu, sei eine solche Vorsorgeuntersuchung auch nicht sonderlich teuer. Darüber hinaus seien eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung einfache Mittel, selbst dem Prostatakrebs vorzubeugen.

Gute Heilungschancen im Frühstadium

Wird der Krebs im Frühstadium erkannt, wenn er sich noch in der Prostata befindet, ist der Tumor der Deutschen Krebsgesellschaft zufolge heilbar. Das bestätigt auch Hatiboglu im SWR-Gespräch. Als geheilt gilt man, wenn fünf Jahre lang der Krebs nicht zurückkommt, erklärt der Direktor. Die Chancen darauf liegen bei 60 bis 90 Prozent.

Hodenkrebs betrifft vor allem junge Männer - Heilungschancen sehr gut

Während der Prostatakrebs vor allem bei älteren Männern die häufigste Tumorerkrankung ist, ist es für jüngere Männer der Hodenkrebs. Hier gebe es keine dedizierte Vorsorge vom Gesetzgeber oder den Krankenkassen aus, erklärt Hatiboglu im Gespräch mit dem SWR. Daher sei eine Sensibilisierung, eben vor allem der jungen Männer, hier besonders wichtig.

Alle vier Wochen, empfiehlt der Klinikdirektor, soll Mann seinen Hoden abtasten. Das geht zum Beispiel ganz einfach beim Duschen. Wird eine Verhärtung festgestellt, sollte man einen Arzt aufsuchen. Das kann zunächst der Hausarzt sein. Die schlussendlichen weiteren Untersuchungen, was da im Hoden los ist, wie Hatiboglu sagt, macht dann aber der Urologe. Daher kann man den, wenn möglich, auch direkt aufsuchen.

Warum eine Früherkennung besonders wichtig ist, zeigen die Heilungschancen bei Hodenkrebs. Laut Hatiboglu liegen selbst im fortgeschrittenen Stadium die Heilungschancen noch bei 80 bis 95 Prozent.

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