Laut einer Studie denkt mehr als ein Drittel der Pflegekräfte daran, den Beruf aufzugeben. Dabei zeigt der Blick in die Ausbildung: Die Motivation ist eigentlich da.
Über tausend Pflegefachkräfte haben die Krankenkasse BARMER und das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) befragt, mehr als ein Drittel hat im vergangenen Jahr darüber nachgedacht, den Job hinzuschmeißen. Doch wenn man sich bei den Auszubildenden umhört, merkt man schnell: Die Motivation der Schülerinnen und Schülern ist sehr hoch. Doch die Arbeitsbedingungen sind hart.
Schulklassen sind in der Pflege bunt gemischt
An der Peter-Bruckmann-Schule in Heilbronn werden Pflegefachkräfte ausgebildet. 136 Schülerinnen und Schüler sind es aktuell in der dreijährigen Ausbildung, das sind etwas weniger als in den zwei Jahren davor. Landesweit ist die Zahl recht konstant. Die Klassen sind breit durchmischt, fast alle Altersklassen sind vertreten und auch die Vorerfahrungen sind entsprechend unterschiedlich.
Da ist im zweiten Lehrjahr zum Beispiel Marian, sie ist 35 Jahre alt und war bereits früher Helferin in der Pflege. Eigentlich wollte sie aus dem Beruf raus, doch der Umgang mit Menschen hat ihr gefehlt. Gerade die Dankbarkeit beim Umgang mit kranken oder alten Menschen, das sei etwas, was man sonst nirgendwo bekomme, sagte sie dem SWR. Eine Aussage, die man von praktisch jedem hört, den man an der Schule fragt.
Schichtdienst und bis zu zwölf Tage am Stück arbeiten
Doch auch direkt danach die Ernüchterung: Die Arbeitsbedingungen sind es, die es den Fachkräften schwer machen. Teilweise muss bis zu zwölf Tage am Stück gearbeitet werden. Nach einem freien Tag kann das unter Umständen dann direkt von vorne weitergehen. Kein Wunder, dass in der Studie von BARMER und IFBG fast zwei Drittel der Befragten angeben, sie seien oft oder immer körperlich erschöpft.
Denn es sind nicht nur viele Tage am Stück, sondern auch der Schichtdienst, der ihnen zusetzt. Früh-, Spät- und Nachtschicht - ein geregeltes Leben fällt da schwer. Das ist für viele auch ein Grund, den Beruf zu wechseln. Beispielsweise für Inna Rieger: Sie war früher Kinderkrankenschwester, seit vier Jahren ist sie Lehrerin an der Peter-Bruckmann-Schule. "Für Pflege muss man berufen sein", sagt sie, sonst gehe man schnell daran kaputt. Wäre es eventuell schon die Lösung, wenn es keinen Schichtdienst mehr gibt? Sie bejaht.
Natürlich sei auch bei der Bezahlung Luft nach oben, aber Geld sei gerade in diesem Beruf nicht alles. Für die Zufriedenheit gehe es auch darum, sowohl den eigenen Ansprüchen als auch denen der Kranken und Alten zu genügen. Aber das gehe eben nicht, wenn wegen Personalmangel zwei Pflegerinnen oder Pfleger 30 Heimbewohner versorgen müssen.
Viele Schülerinnen und Schüler haben Vorerfahrungen
Die meisten Schülerinnen und Schüler wissen bereits, was im Beruf auf sie zukommt. Einige haben sich erst durch ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) überhaupt für die Pflegeausbildung interessiert. Adrian und Carina zum Beispiel, beide sind 20 Jahre alt und im dritten Ausbildungsjahr. Beide wussten nach der Realschule erst einmal nicht, was sie machen wollten, kamen dann aber durch Geschwister und Bekannte auf die Idee für das FSJ - und sind dann dabei geblieben. Es gefällt ihnen, Menschen zu helfen und sie sehen die Pflege als eine sinnvolle Aufgabe.
Jedem ist klar: Die Arbeit ist wichtig
Oder Ana, sie ist ebenfalls im dritten Lehrjahr, wollte als kleines Kind entweder Sängerin oder Krankenschwester werden. Aus der Gesangskarriere ist nichts geworden, in ihrem jetzigen Beruf gehe sie aber jeden Tag stolz nach Hause. Das spiegelt auch die Studie wider: Fast 80 Prozent der Befragten sehen einen hohen oder sehr hohen Sinn in ihrer Arbeit.
Der zeigt sich auch bei Ivonne, die 45 Jahre alt ist und davor in der Gastronomie gearbeitet hat. Jetzt ist sie im zweiten Lehrjahr und interessiert sich besonders für das Thema Sterbebegleitung. Dabei habe sie auch ihren schönsten Moment bisher in der Pflege erlebt: Nachdem ein Patient gestorben war, sagte ihr ein Angehöriger: "Wenn ich mal sterbe, wünsche ich mir jemanden wie sie an meiner Seite." Das Kompliment war "schön", erzählt Ivonne.