Das Oberlandesgericht Stuttgart hat einen sogenannten Reichsbürger zu 14 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Er hatte im Jahr 2022 in Boxberg auf Polizisten geschossen.
In Stuttgart ist am Mittwochvormittag das Urteil im Prozess um die Schießerei in Boxberg-Bobstadt (Main-Tauber-Kreis) gefallen. Das Oberlandesgericht verurteilte den Angeklagten zu 14 Jahren und sechs Monaten Haft. Eine anschließende Sicherungsverwahrung ist vorbehalten. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Der Verteidiger des Angeklagten kündigte an, in Revision zu gehen.
Verurteilter gehört zur "Reichsbürger"-Szene
Der Mann gehört der "Reichsbürger"-Szene an. Die Anklage gegen ihn lautete unter anderem "Versuchter Mord in mehreren Fällen". Im April vergangenen Jahres wollte die Polizei seine Wohnung in Bobstadt durchsuchen, um ihm eine Pistole abzunehmen. Doch der 55-Jährige eröffnete das Feuer und verletzte einen SEK-Beamten schwer.
Großes Waffenlager im Haus
Mit einem Schnellfeuergewehr gab der Mann zuerst 21 Schüsse auf Beamte auf der Terrasse ab, anschließend feuerte er von seinem Schlafzimmer aus weiter. Einen Polizisten traf er in die Beine, einen weiteren hat er leicht verletzt. Dass es nicht zu tödlichen Verletzungen kam, sei nur dem Zufall zu verdanken. Im Haus des Schützen wurde ein Waffenlager mit Gewehren, Maschinenpistolen, tausenden Schuss Munition und Zubehör entdeckt.
Illegal zahlreiche Schusswaffen zugelegt
Die Strafe fällt laut Gericht vergleichsweise streng aus, weil der Mann Repräsentanten des Staates, den er ablehnt, angegriffen hat. Dies ist ein niedriger Beweggrund, heißt es in der Urteilsbegründung. Der Verurteilte verfolgte die Sitzung am Mittwoch ohne erkennbare Regung, wirkte wie ein unbeteiligter Beobachter. In den vergangenen Jahren und Monaten habe sich der Verurteilte radikalisiert, stellte der Richter fest.
In einer Mitteilung des Oberlandesgerichts heißt es wörtlich: "Der Mann ist bereits seit 2016 wiederholt durch typische 'Reichsbürger- und Selbstverwalterschreiben' an Behörden aufgefallen." Seit Juni 2016 habe er zudem einen sogenannten Reichs-Personenausweis. Weiter legte er sich seitdem illegal die zahlreichen Schusswaffen, vorwiegend halb- und vollautomatisch zu, so das Gericht. Da der Verurteilte längere Zeit im Bewachungsgewerbe tätig war, besaß er eine waffenrechtliche Erlaubnis und eine Pistole.
"Jagd auf Polizeibeamte gemacht"
Die Bundesanwaltschaft hatte lebenslange Haft gefordert. Im Plädoyer hatte sie dem Mann vorgeworfen, "regelrecht Jagd auf Polizeibeamte gemacht" zu haben. Die Verteidigung dagegen plädierte auf Freispruch. Ihr Mandant habe aus Notwehr und Panik gehandelt, um seinen behinderten Sohn zu schützen - und: Es seien keine Mordmerkmale erfüllt gewesen. Der Angeklagte hatte sich vor Gericht entschuldigt.
Das Gericht verhandelte seit Anfang April an 33 Verhandlungstagen. Dabei wurden 68 Zeugen und 14 Sachverständige angehört. Auch Video- und Fotoaufnahmen dienten als Beweis.
Netzwerk gegen Rechts hofft auf "klares Signal"
Thomas Tuschhoff vom "Netzwerk gegen Rechts" Main-Tauber hatte im Vorfeld auf ein klares Signal gehofft: Das Urteil müsse deutlich machen, dass Leute, die "unsere Demokratie als illegitimen Staat betrachten und ihn mit Waffengewalt bekämpfen, hart bestraft werden", so Tuschhoff.
Ein "zweites Bobstadt" dürfe es nicht geben, so das "Netzwerk gegen Rechts".
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