In Baden-Württemberg gibt es zu wenig barrierefreie Wohnungen und Häuser. In Heilbronn haben Eltern das Problem angepackt und ein inklusives Wohnprojekt geschaffen.
Der Bedarf an barrierefreiem Wohnraum im Raum Heilbronn ist hoch. Das spürt auch Annegret Sandrisser - sie ist Vorstand des Heilbronner Vereins Buntes Leben und bekommt häufig Anfragen von Menschen, die eine barrierefreie Wohnung suchen. Angefangen hat der Verein als kleine Elterninitiative, die für ihre jugendlichen und erwachsenen Kinder mit Behinderung eine neue Bleibe suchten. Irgendwann war klar, das müssen sie selbst in die Hand nehmen und bauen. Seit 2018 leben hier Familien, Ältere und Alleinstehende rund um das Herzstück der Wohngemeinschaften.
Bedarf an barrierefreiem Wohnraum steigt
Ob junge Leute mit Behinderung oder Seniorinnen und Senioren mit Handicaps - sie alle wollen selbstständig wohnen können. Laut Institut der deutschen Wirtschaft werden in Deutschland bis zum Jahr 2035 rund 3,7 Millionen barrierefreie Wohnungen gebraucht - doch beispielsweise in Baden-Württemberg rechnet das Institut aktuell mit gerade mal 35 bis 45 Wohnungen auf 100 Menschen mit Bedarf. Durch den demographischen Wandel werde sich der Bedarf ab 2025 stark erhöhen.
Architektenkammer: Barrierefrei Planen nicht teuer
Die Architektenkammer appelliert, ab der ersten Planung an großzügige Schnitte zu denken. Dabei müsste der Aufzug noch nicht eingebaut werden, aber es sollte so geplant werden, dass später genügend Platz da sei. Oder, dass Badezimmertüren breit genug seien für einen Rollstuhl und nach innen aufgingen. Bei der ersten Planung sei das nicht unbedingt teurer, rentiere sich aber dann im Alter oder bei einem plötzlichen Unfall.
Studierende als Mitbewohner gesucht
Auch Vereinsvorstand Annegret Sandrisser sagt: "Bauherren denken nicht an Behinderung und Alter." Dementsprechend groß schlägt beim Verein der Bedarf auf. Ihre Schwierigkeit: Sie suchen immer wieder Studierende, die sich gegen eine günstige Miete verpflichten, mit beeinträchtigten Bewohnerinnen und Bewohnern einzukaufen oder auch ins Fitnessstudio zu gehen. Während die Nachfrage auf Seiten der Menschen mit Behinderung hoch ist, sei es nicht einfach, genügend geeignete Studierende für die sechs Wohngemeinschaften zu finden, sagte Annegret Sandrisser dem SWR. "Das eignet sich nicht für jeden. Man muss es wollen!" Dennoch sei das Projekt mit seinen insgesamt 42 Wohnungen eine Erfolgsgeschichte und der Bedarf gerade gedeckt.
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