Schwere Gewitter sind am Mittwoch über BW gezogen. Orkanböen deckten Dächer ab, teilweise fiel der Strom aus, Zugstrecken wurden gesperrt. Ein Arbeiter wurde vom Dach geweht.
Umgestürzte Bäume, abgedeckte Dächer und Stromausfälle - eine unwetterartige Gewitterfront hat am Mittwochmorgen zu zahlreichen Einsätzen in Baden-Württemberg geführt. "Gut drei Stunden jagte die Gewitterfront über den Südteil Baden-Württembergs", sagte ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Teilweise kam es zu Starkregen, Hagel und Orkanböen. In Lichtenstein (Kreis Reutlingen) wurde ein 19 Jahre alter Mann im Zuge des Unwetters lebensgefährlich verletzt.
19-Jähriger von Dach geweht und lebensgefährlich verletzt
Laut Polizei arbeitete der Mann auf einer Baustelle im Ortsteil Holzelfingen und dämmte das Dach eines Hauses. Gegen 10.30 Uhr riss eine Windböe das Dach herunter. Der Mann stürzte mehrere Meter tief und erlitt dabei lebensgefährliche Verletzungen. Nach der Erstversorgung wurde er in eine Klinik gebracht. Spezialisten des Arbeitsbereichs Gewerbe und Umwelt des Polizeipräsidiums Reutlingen haben zusammen mit einem Sachverständigen des Landratsamtes die Ermittlungen aufgenommen.
Ebenfalls im Kreis Reutlingen ist mittlerweile der Wald rund um die Nebelhöhle bei Sonnenbühl gesperrt. Dort hatte ein Gewitter erhebliche Schäden an vielen Bäumen verursacht. Da manche Bäume einsturzgefährdet sind, wurde der Wald gesperrt. Einige Schulklassen, die die Nebelhöhle besucht hatten, wurden sicher aus dem betroffenen Bereich gebracht.
Wie groß die Schäden an den Bäumen sind, ist aktuell noch unklar. Forstspezialisten prüfen, wie es nun weitergeht. Ein umgestürzter Baum sorgte zudem dafür, dass die Steige von Reutlingen-Gönningen nach Genkingen gesperrt werden musste.
Orkanböe mit knapp 150 Kilometern pro Stunde gemessen
In Sonnenbühl (Kreis Reutlingen) wurden Windgeschwindkeiten von knapp 150 Kilometern pro Stunde gemessen, wie "kachelmannwetter" mit Verweis auf die örtlichen Messstationen vermeldete. Laut Ordnungsamtsleiterin Anne Leibfritz stürzten mehrere Bäume um, Dächer wurden teilweise abgedeckt und vom Sturm beschädigt sowie Straßen überschwemmt. Die Feuerwehr sei im Einsatz, um umgeknickte Bäume zu beseitigen und abgebrochene Äste von den Straßen zu räumen. Im Ortsteil Genkingen war der Strom eine ganze Weile weg. In Klippeneck (Kreis Tuttlingen) kam es zu Böen mit bis zu 135 Kilometern pro Stunde. Zudem hagelte es vereinzelt.
Im nahegelegenen Böttingen deckten die Böen das Dach des Feuerwehrhauses komplett ab. "Das Blechdach ist mehrere hundert Quadratmeter groß, wurde runtergerissen und fiel dann neben das Feuerwehrmagazin", berichtete Böttingens Feuerwehrkommandant Benjamin Flad. Der Regen prasselte folglich ungehindert ins Feuerwehrhaus. "Das Wasser lief durch bis in den Keller." Am Nachbarhaus wurden Teile einer Solaranlage abgerissen.
Stromausfälle wegen umgestürzter Bäume
In anderen Ortschaften fiel der Strom aus. Grund dafür seien meist beschädigte Leitungen durch umgestürzte Bäume, sagte eine Sprecherin des Netzbetreibers ED Netze. Unter anderem in Teilen von Singen (Kreis Konstanz), Donaueschingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) und Bonndorf (Kreis Waldshut) fiel der Strom aus. Wie viele Haushalte betroffen waren, konnte zunächst nicht abgeschätzt werden. Technikerinnen und Techniker des Unternehmens waren am Mittwoch im Einsatz, um die Stromversorgung wiederherzustellen.
Auch in Stetten am kalten Markt (Kreis Sigmaringen) fiel die Stromversorgung kurzzeitig aus, wie Feuerwehrkommandant Thomas Straub dem SWR sagte. Im Polizeipräsidium Konstanz gingen wegen des Unwetters am Mittwochmorgen verstärkt Anrufe ein, wie ein Sprecher mitteilte. Dabei handele es sich nach einer ersten Einschätzung jedoch eher um kleinere Einsätze.
Bahnverkehr zwischen Bad Saulgau, Altshausen und Aulendorf zeitweise unterbrochen
In Altshausen (Kreis Ravensburg) löste sich wegen des Unwetters ein fünf mal achtzehn Meter großes Blechdach von einem Geschäftsgebäude. Es beschädigte Strom- und Oberleitungen, bevor es auf den angrenzenden Bahnschienen liegen blieb. Der Bahnverkehr zwischen Bad Saulgau, Altshausen und Aulendorf war deswegen etwa eine Stunde lang unterbrochen. Es gab keine Verletzten. Der Sachschaden liegt laut Polizei im fünfstelligen Bereich.
Auch in Sauldorf (Kreis Sigmaringen) deckte der Wind große Teile eines Daches ab. Durch die herunterfallenden Ziegel wurde laut Polizei niemand verletzt. Eine Person habe jedoch einen leichten Schock erlitten.
Aquaplaning-Unfall nach Starkregen
Nach einem kurzen, aber heftigen Regenschauer kam es auf der A81 bei Ilsfeld (Kreis Heilbronn) zu einem Unfall. Die Polizei geht davon aus, dass dabei Aquaplaning eine Rolle gespielt hat. In der Region Ulm hatten bereits am Dienstagabend Sturmböen vereinzelt Bäume herausgerissen und Bauzäune umgeweht. Die Feuerwehr rückte deshalb zu mehreren Einsätzen aus.
Heftige Gewitter am Donnerstag erwartet
Am Mittwochnachabend soll eine vorübergehende Erholungsphase eintreten, sagte der Experte des DWD. Dennoch können vereinzelte Gewitter in der Südhälfte nicht ausgeschlossen werden.
Den nächsten Gewitterschwerpunkt in Baden-Württemberg soll es laut DWD wieder am Donnerstagmittag geben. Ab dann könne es im ganzen Bundesland mit Schwerpunkt in der Südosthälfte zu orkanartigen Böen mit bis zu um 120 Kilometern pro Stunde, Hagel mit bis zu fünf Zentimetern Durchmesser und unwetterartigem Starkregen kommen. Möglich seien bis zu 60 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit. Es bestehe auch das Risiko von sogenannten Superzellen, teilte der DWD mit.