Gegen Schreibweisen wie Lehrer*in in Behörden und Schulen im Land hatte eine Initiative ausreichend Unterschriften gesammelt. Das Innenministerium lehnte den Antrag dennoch ab.
Das baden-württembergische Innenministerium hat die Initiative für ein Volksbegehren gegen eine Pflicht zum Gendern an Schulen und Behörden gestoppt. Der Antrag sei sowohl aus formalen wie inhaltlichen Gründen unzulässig, sagte eine Sprecherin am Dienstag dem SWR.
Ministerium sieht Widersprüche im Antrag
Sie erklärte die Ablehnung des Antrags unter anderem damit, dass die Texte, die den Menschen bei der Unterschriftensammlung vorgelegt worden seien, und der Gesetzentwurf nicht identisch seien, der im Ministerium eingereicht worden sei.
Außerdem erwecke der Antrag den Eindruck, dass die Verwendung geschlechtsneutraler Sprache in den Behörden damit generell verboten werden soll, so die Sprecherin. Tatsächlich sehe der Antrag aber lediglich vor, das amtliche Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung anzuwenden - damit blieben zahlreiche Möglichkeiten der geschlechtsneutralen Sprache zulässig. Das amtliche Regelwerk unterliege im Übrigen einem dynamischen Wandel.
Rat für Rechtschreibung gegen Genderzeichen
Seit Jahren wird in Deutschland diskutiert, ob - und wenn ja, wie - männliche Formen in der Sprache durch weiter gefasste Begriffe ersetzt werden können oder sollten, um zum Beispiel Frauen offensiver einzubeziehen. Das Gendersternchen wie bei Lehrer*innen ist eine Möglichkeit. Manche setzen an die Stelle auch einen Doppelpunkt oder einen Unterstrich. In der gesprochenen Sprache und im Fernsehen oder Radio äußert sich das dann als Sprechpause.
Der Rat für Rechtschreibung hat die Auffassung, dass allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden solle. In der vergangenen Sitzung im Sommer hatte das Expertengremium aber Genderzeichen nicht als Kernbestand der deutschen Rechtschreibung eingestuft.
Heidelberger hatte mehr als 14.500 Unterschriften gesammelt
Der Heidelberger Initiator des Volksbegehrens, der Rechtsanwalt Klaus Hekking, hatte im vergangenen Jahr insgesamt mehr als 14.500 Unterschriften gegen das Gendern an Schulen und Behörden im Land gesammelt. Notwendig für ein Volksbegehren waren 10.000 Unterstützerinnen und Unterstützer.
In dem gleichzeitig vorgelegten Gesetzentwurf heißt es, die Landesregierung und die ihr nachgeordneten Behörden sowie alle übrigen Einrichtungen des Landes sollten auf Vorgaben zum Gebrauch geschlechtsneutraler Änderungen und Zusätze verzichten. Zudem dürften Prüfungsleistungen etwa an Universitäten und Schulen nicht deshalb schlechter bewertet oder beurteilt werden, weil nicht gegendert wurde. Laut "Heilbronner Stimme" will Hekking sich Ende der Woche mit Vertretern des Innenministeriums treffen.
SPD: "Glatte Bauchlandung" für Hagel
Die CDU-Fraktion im Landtag hatte das Volksbegehren unterstützt. "Der Inhalt des Volksbegehrens ist eins zu eins Beschlusslage der CDU-Landtagsfraktion", hatte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel noch im vergangenen Mai betont. Die Sprache sei kein Instrument der Bevormundung oder der Umerziehung.
Die SPD im Landtag kritisierte am Dienstag Hagel. Innenminister Thomas Strobl (CDU) kassiere in außergewöhnlich deutlicher Form den von Hagel persönlich unterstützten Gesetzentwurf, sagte SPD-Generalsekretär Sascha Binder. "Durch die Entscheidung des Ministers legt Hagel eine glatte Bauchlandung vor den Türen des CDU-geführten Innenministeriums hin. Für jemanden, der mehr Verantwortung für dieses Land tragen will, wahrlich keine Glanzleistung."
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte sich in der Vergangenheit wiederholt kritisch über das Gendern geäußert. Vor wenigen Tage erst hatte er die Genderdebatte als "unnötige Kontroverse" bezeichnet.
"Unnötige Kontroverse" Kretschmann kritisiert Debatte um Gendersprache: "Bringt nichts"
Eine breite Debatte ums Gendern habe keinen Mehrwert und polarisiere nur, so der Grünen-Politiker Kretschmann. Auch für seinen Koalitionspartner hat er einen Ratschlag.
Mehrere Stufen vom Volksbegehren zur Volksabstimmung
Mit einem Volksbegehren können Bürgerinnen und Bürger eine Volksabstimmung initiieren. Sie können damit eigene Gesetzesentwürfe in das Parlament einbringen und eine Abstimmung erzwingen. Für die Zulassung eines Volksbegehrens werden zunächst 10.000 Unterschriften von wahlberechtigten Menschen in Baden-Württemberg benötigt.
Der Antrag wird dann vom Innenministerium geprüft. Geht er durch, müssen in einem zweiten Schritt innerhalb von sechs Monaten die Unterschriften von zehn Prozent der Wahlberechtigten im Südwesten gesammelt werden - das sind etwa 780.000 Männer und Frauen.
Ist das geschafft, wird der Gesetzentwurf dem Landtag zur Abstimmung vorgelegt. Findet er keine Mehrheit, folgt eine Volksabstimmung. Entscheidend ist, wofür sich die Mehrheit in der Volksabstimmung ausspricht. Gültig ist sie nur dann, wenn mindestens ein Fünftel der Stimmberechtigten der Vorlage zustimmt.
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