Das Gastgewerbe in BW hat sich immer noch nicht vollständig von der Corona-Pandemie erholt. Laut DEHOGA gefährdet die geplante Wiederanhebung der Mehrwertsteuer Hunderte Betriebe.
Das Gastgewerbe in Baden-Württemberg konnte sich auch im ersten Halbjahr 2023 nicht vollständig von den Problemen der Corona-Pandemie erholen. Der Umsatz im Gastgewerbe nahm zwar zu, lag aber immer noch unter dem Niveau aus den Jahren vor der Pandemie. Wie das Statistische Landesamt unter Berufung auf vorläufige Zahlen mitteilte, stiegen die Umsätze real (preisbereinigt) um 5,1 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022.
Mit Preiserhöhungen (nominal) verbuchte die Branche ein Plus von 15,2 Prozent. In der Differenz zwischen dem nominalen und dem realen Wert spiegeln sich die Preisanstiege infolge höherer Kosten wider, unter anderem für Energie und Lebensmittel.
Umsatzentwicklung wurde vor allem von der Beherbergung getragen
Zum Gastgewerbe zählen Beherbergung und Gastronomie. Die Gastronomie verfehlte das Vor-Corona-Niveau um 14,4, die Beherbergung um 4,9 Prozent. Auch die Umsatzentwicklung wurde vor allem vom Hotelgewerbe getragen. In dem Bereich wurde ein Plus von preisbereinigten 17,7 Prozent erzielt. Die Gastronomie dagegen erzielte ein Plus von einem Prozent.
Das Niveau vor der Pandemie wurde preisbereinigt im Juni weiter verfehlt. Der Umsatz im Gastgewerbe lag um 13,4 Prozent unter dem Wert des Junis 2019. Die Gastronomie verfehlte das Niveau um 14,4 und die Beherbergung um 4,9 Prozent.
Geplante Wiederanhebung der Steuer: DEHOGA-Chef kritisiert Landesregierung
Fritz Engelhardt, Vorstand des Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) Baden-Württemberg, nannte die Entwicklung im Juni ein "Warnzeichen". Dies sollte auch die Landesregierung ernst nehmen, wenn es ihr mit der Förderung der Tourismuswirtschaft und des ländlichen Raums ernst sei.
Die von der Bundesregierung geplante Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie von derzeit 7 auf 19 Prozent ab 2024 wäre fatal, so Engelhardt. Die daraus resultierenden unvermeidlichen Preiserhöhungen würden den Konsum massiv bremsen und das Gastronomiesterben im Land weiter beschleunigen.
DEHOGA-Sprecher: "Steuererhöung unfair und nicht sinnvoll"
Auch DEHOGA-Sprecher Daniel Ohl kritisierte die geplante Wiederanhebung. Essen im Gasthaus sollte steuerlich nicht schlechter behandelt werden als Essen zum Mitnehmen aus dem Supermarkt, so Ohl. "Die Steuererhöhung käme in Zeiten der Inflation nicht nur zu einem völlig falschen Zeitpunkt, sondern ist auch unabhängig davon unfair und nicht sinnvoll."
Laut dem DEHOGA-Sprecher müssten die Betriebe die "Steuererhöhung" in vollem Umfang an die Gäste weitergeben. Dadurch würde die Nachfrage einbrechen. Das würde das Aus für viele Betriebe bedeuten, so Ohl weiter. Der Sprecher schätzt das als eine ernste Gefahr für den Tourismus im Land ein. Auch die Schul- und Kita-Verpflegung wäre wahrscheinlich von Preissteigerungen betroffen.
Gastgewerbe vor dem Aus durch Anhebung der Steuer?
Die DEHOGA hat unter ihren Mitgliedern bundesweit eine Umfrage durchgeführt, wie sie die geplante Erhöhung einschätzen. Allein in Baden-Württemberg haben rund 2.000 Betriebe angegeben, dass sie in diesem Fall schließen müssten. Durch die Corona-Krise mussten im Land schon mehr als 5.000 gastgewerbliche Betriebe schließen. Die DEHOGA fordert deswegen von der grün-schwarzen Landesregierung ein Bekenntnis zu einer Mehrwertsteuer von dauerhaft 7 Prozent für Speisen in der Gastronomie.
Widerspruch dagegen kommt von Friedrich Heinemann vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim (ZEW). Der Experte für Steuerpolitik sagt, durch den niedrigeren Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie verzichte der Staat auf viel Geld. Deshalb müsse er höhere Schulden machen und die wiederum wirkten inflationär.
DEHOGA: Gastronomie kämpft mit Inflation
DEHOGA-Chef Engelhardt sagte weiter, der oberflächliche Eindruck, dass es im Gastgewerbe wieder gut laufe, sei leider nicht richtig. Vor allem die Gastronomie kämpfe aufgrund der massiven Kostensteigerungen mit großen Ertragsproblemen. "Zudem macht sich die inflationsbedingte Konsumzurückhaltung immer deutlicher bemerkbar."
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