Trotz 15 Millionen Euro Defizit: Der Gemeinderat Konstanz hat sich am Donnerstagabend gegen drastische Sparpläne bei Südwestdeutscher Philharmonie und Theater entschieden.
Der Gemeinderat Konstanz hat am Donnerstag über Sparpläne bei Theater und Südwestdeutscher Philharmonie abgestimmt. Das Theater muss nicht, wie befürchtet, seine kleinste Bühne schließen. Und auch die Philharmonie muss weniger Mehreinnahmen erwirtschaften als die Verwaltung vorgeschlagen hatte.
Hintergrund ist, dass die Stadt Konstanz laut Kämmerei ein Defizit von rund 15 Millionen Euro hat. Deshalb wurden unter anderem Sparpläne in Höhe von bis zu 20 Prozent der städtischen Zuschüsse für die Südwestdeutsche Philharmonie und das Theater Konstanz diskutiert. Diese Pläne sind nun vom Tisch.
5 Prozent Einsparungen statt möglicher 20 Prozent
Nach einer emotionaler Debatte stimmte der Gemeinderat dafür, dass das Theater rund 300.000 Euro einsparen soll. Das entspricht etwa 5 Prozent der städtischen Zuschüsse. Laut Theater ist dies möglich, ohne die künstlerische Vielfalt und das Angebot massiv einzuschränken. Ebenso stimmte der Gemeinderat dafür, dass der Einsparbeschluss für die kommenden fünf Spielzeiten gilt und in diesem Zeitraum keine weiteren strukturellen Einschnitte erfolgen.
Keine Stellenstreichungen bei der Südwestdeutschen Philharmonie
Auch bei der Südwestdeutschen Philharmonie entschied sich der Gemeinderat gegen drastische Sparvorschläge der Verwaltung. Stattdessen soll die Philharmonie ab dem Jahr 2025 Mehreinnahmen von 200.000 Euro erwirtschaften. Das sei realistisch, sagte Chefdirigent Gabriel Venzago nach der Abstimmung gegenüber dem SWR. Die Philharmonie werde sich in der Region breiter verankern, höhere Abozahlen anstreben sowie Drittmittel einwerben.
Diese Sparpläne standen zur Diskussion:
Verwaltung empfahl, Werkstattbühne zu schließen
Beim Theater Konstanz hatte die Verwaltung in der Vorlage für den Gemeinderat vorgeschlagen, die Werkstattbühne zu schließen. Umgesetzt werden sollte dies ab der Spielzeit 2024/25. Die Werkstattbühne mit Platz für 96 Besucherinnen und Besucher ist die kleinste der drei Spielstätten des Theaters. Die Schließung hätte eine Einsparung von rund 735.000 Euro bedeutet, heißt es in der Vorlage. Wäre es so gekommen, hätte es laut Theater fünf Produktionen weniger pro Spielzeit gegeben und 14 Stellen von Dramaturgie über Schauspiel bis Technik hätten gestrichen werden müssen.
Drei Vorschläge standen zur Abstimmung
Insgesamt wurden dem Gemeinderat beim Theater drei Vorschläge mit unterschiedlich hohen Einsparsummen zur Entscheidung vorgeschlagen. Neben der Schließung der Werkstattbühne wäre das zweite Einsparszenario gewesen, 20 Prozent des städtischen Zuschussbedarfs zu streichen. Das Theater Konstanz erhält von der Stadt jährlich laut Kämmerei rund sieben Millionen Euro. So hätten laut Vorlage rund 1,3 Millionen Euro eingespart werden können. Allerdings hätten Spiegelhalle und Werkstattbühne geschlossen werden müssen. Es hätte nur noch das große Haus als Spielstätte gegeben. Zehn Produktionen hätten laut Theater weniger aufgeführt werden können und 16 Arbeitsplätze wären verloren gehen. Dazu wären weitere Stellenreduzierungen gekommen.
"Aber an der Kunst und Kultur darf in Zeiten, in denen die Rechtspopulisten immer lauter werden, nicht gespart werden", hatte Theaterintendantin Karin Becker auch in der Gemeinderatsitzung am Donnerstag nochmals gesagt. Das gelte genauso für Bildung und Sport. Denn das seien alles Orte, in denen Demokratie gelebt und gelernt werden könne, so die Intendantin.
Protest mit Demo und Theatermarathon in der Werkstatt
Um gegen die mögliche Schließung der Werkstattbühne zu protestieren, gab es im Vorfeld der Gemeinderatsitzung in Konstanz verschiedene Aktionen. Das Theater veranstaltete am Wochenende einen Theatermarathon. Aufgeführt wurden in der Werkstatt 24 Stunden lang verschiedenste Produktionen - von einer Schultheateraufführung über musikalische Produktionen bis zu Lesungen. "Wir wollten damit zeigen, welche große Vielfalt die Bühne jeden Tag aufs Neue bringt", sagte Theaterintendantin Karin Becker. Mehr als 1.200 Besucherinnen und Besucher kamen laut Veranstalter zu dem Theatermarathon.
24 Stunden Theater Protestaktion gegen die Schließung der Werkstattbühne Konstanz
Mit einem 24-stündigen Theatermarathon haben sich Dramaturgen, Regisseurinnen und Mitarbeiter am Wochenende gegen eine mögliche Schließung einer ihrer drei Bühnen eingesetzt.
Der Freundeskreis Philharmonie und die Theaterfreunde Konstanz veranstalteten angesichts der Sparpläne am Montagabend eine gemeinsame Kundgebung. Laut Polizei kamen bis zu 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu der Demonstration auf den Münsterplatz.
Die Veranstalter wollten durch die Aktion Solidarität mit dem Theater Konstanz und der Südwestdeutsche Philharmonie zeigen, da die Sparpläne beide Institutionen dauerhaft erheblich schädigen würden, hieß es.
Sparpläne bei der Südwestdeutschen Philharmonie
Die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz erhält laut Kämmerei 3,4 Millionen Euro von der Stadt. 2,5 Millionen Euro kommen vom Land. Weitere Gelder bezahlen der Landkreis Konstanz und der Kanton Thurgau. Auch hier gab es verschiedene Einsparvorschläge. Zum einen Einsparungen laut Gemeinderatsvorlage bis zu 20 Prozent, was die Streichung von zehn Stellen bedeutet hätte, und zum anderen Einsparungen von zehn Prozent, was laut Philharmonie mit einer Entlassung von fünf Musikerinnen und Musikern verbunden gewesen wäre.
Die Philharmonie hatte in ihrer Machbarkeitsprüfung zu bedenken gegeben, dass wenn Stellen gestrichen würden auch das spielbare Repertoire eingeschränkt werde. Ebenso würde der Landeszuschuss proportional gekürzt werden.
Statt Ausgabenkürzungen mehr Einnahmen generieren
In einem weiteren Szenario hatte die Verwaltung statt Stellenstreichungen die Mehrerwirtschaftung von 342.000 Euro zum Wirtschaftsjahr 2025 vorgeschlagen, um so den städtischen Zuschuss zu verkleinern. Diese Summe wurde nun durch den Gemeinderat verringert. Neben Einsparungen von 60.000 Euro soll die Philharmonie 200.00 Euro mehr erwirtschaften. Dieses Geld soll etwa durch höhere Abozahlen, Kooperationen, Drittmittelgelder und Sponsoren eingeworben werden.
Für Chefdirigent Gabriel Venzago eine realistische Summe, sagte er nach der Sitzung dem SWR. Für die Südwestdeutsche Philharmonie ist die aktuelle Situation besonders herausfordernd, da die Intendanz nach dem Weggang von Insa Pijanka Anfang des Jahres noch nicht wieder neu besetzt ist. Die Stelle soll nun ausgeschrieben werden. Besetzt ist sie dann voraussichtlich zur Spielzeit 2024/25, hieß es aus der Verwaltung in der Gemeinderatsitzung.