Wegen Bauarbeiten auf der Zugstrecke zwischen Weißensberg und Lindau ertönt entlang der Strecke mehrmals in der Stunde ein lautes Warnsignal. Das stört vor allem viele Anwohner.
Schrille Sirenen erhitzen derzeit die Gemüter entlang der Bahnstrecke zwischen Weißensberg (Kreis Lindau) und Lindau. Auf der 13 Kilometer langen Strecke werden bis November Schienen, Schwellen und Schotter erneuert. Auf einem Gleis fahren weiterhin Züge. Um die Bauarbeiter vor diesen Zügen zu warnen, ertönen in den jeweiligen Streckenabschnitten zwischen 6 Uhr und 20 Uhr laute Warnsignale - immer dann - wenn ein Zug die Baustelle passiert. Anwohner, Touristen und Gastgeber sind davon genervt.
Im Gespräch mit dem SWR beschweren sich viele weitere Anwohnerinnen und Anwohner über die lauten Sirenen. "Es ist sehr belastend. Wir können unserer Garten nicht mehr nutzen und laden niemanden mehr ein. Wir versuchen so viel wie möglich von zu Hause weg zu sein", sagt beispielsweise eine Frau aus Oberreitnau.
Einige Hotelgäste früher aus Oberreitnau abgereist
Anton Strodel betreibt den Gasthof Adler in Lindau-Oberreitnau. Sein Hotel mit Restaurant ist nur wenige Meter von der Bahnlinie entfernt. "Die Hotelgäste sind natürlich jetzt in der Ferienzeit stark davon betroffen. Sie verbringen ihren Jahresurlaub hier und wollen sich erholen. Da stören die Sirenen natürlich", sagt er. Einige Gäste seien schon früher abgereist.
Außerdem hätten einige Urlauber aufgrund des Lärms schlechte Bewertungen auf Buchungsportalen im Internet geschrieben. Das schade seinem Betrieb langfristig, so Strodel. "Die Kommentare werden bis zu drei Jahre lang gespeichert. An den negativen Bewertungen wegen der Sirenen werden wir also auch noch in der Zukunft zu knabbern haben."
Strodel selbst ist auch privat betroffen: Er wohnt direkt neben seinem Gasthof. "Ich höre die erste Sirene um 6 Uhr und bin dann wach", sagt er. Das sei sehr anstrengend, vor allem, weil er als Gastronom abends lange arbeite.
Auch Campingplatz Gitzenweilerhof in Lindau betroffen
Auch beim Campingplatz Gitzenweilerhof in Lindau, der direkt neben der Bahnstrecke liegt, sorgt die Baustelle für Verwunderung. "Dieser Alarm ist schon sehr urlaubsirritierend. So eine Baustelle vor der Haustüre eines Urlaubsresorts ist sehr unglücklich", sagt Inhaberin Heidrun Müller. Auch von ihrem Campingplatz sind schon Gäste früher abgereist. Sogar gegen den Campingplatz klagen wollen einige Urlauber, erzählt Heidrun Müller. Nach den Einschränkungen der Corona-Pandemie hätte sie sich nun in diesem Jahr eine "normale" Saison gewünscht, sagt sie.
Neben der Lautstärke sei auch der Baustellen-Verkehr störend. Vor ihrem Campingplatz seien zahlreiche Lastwagen unterwegs. Oft staue es sich, sagt Heidrun Müller. Trotz allem hat sie Verständnis für die Bauarbeiten. "Für eine bessere Infrastruktur sind die Baumaßnahmen einfach notwendig. Die Strecke wird in unser aller Interesse ausgebaut. Das erklären wir auch unseren Campern", sagt Heidrun Müller.
Anwohner wünschen sich andere Lösung
Das sieht auch Hotelier Anton Strodel so. Die Bauarbeiten seien nicht das Problem, sagt er, die befürworte er sogar. Doch wie viele Anwohnerinnen und Anwohner fragt auch er sich, ob die Bauarbeiter nicht auf anderem, leiseren Weg vor den Zügen gewarnt werden könnten. "Ich denke, es wäre vielleicht möglich, die Arbeiter über Kopfhörer per Funk oder ähnlichem zu warnen. In der heutigen Zeit muss es anders gehen als mit einem Warnsignal, das gleich noch den ganzen Ort beschallt", sagt er.
Bauarbeiten dauern bis November
Das akustische Warnsignal sei nötig, weil bei den Bauarbeiten mehrere Firmen in unterschiedlichen Bereichen tätig seien, heißt es dazu von der Deutschen Bahn auf SWR-Anfrage. Man versuche den Baulärm und die Warntöne aber auf das notwendige Maß zu beschränken. Anfang November sollen laut Bahn alle Bauarbeiten an der Strecke zwischen Weißensberg und Lindau abgeschlossen sein.
Einige betroffene Gastgeber, darunter auch Anton Strodel, haben indes dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) geschrieben und sich über die Lautstärke der Sirenen beschwert.
Mehr zum Thema Bahn
S21-Unterbrechung der Strecke auf Stuttgarter Stadtgebiet Gäubahn: Eisenbahn-Bundesamt lehnt Antrag der Umwelthilfe ab
Das Eisenbahn-Bundesamt hat einen Antrag der Deutschen Umwelthilfe zur Kappung der Gäubahn als unbegründet zurückgewiesen. Die Umwelthilfe hatte dem Amt eine Frist bis Ende Mai gesetzt.