Interview zum Amtsantritt

Nicolas Bulitz ist neuer Kommodore beim HSG 64 in Laupheim

Stand
Autor/in
Johannes Riedel
SWR-Redakteur Johannes Riedel Autor Bild
Onlinefassung
Friederike Fiehler
SWR-Redakteurin Friederike Fiehler Autorin Bild

Oberstleutnant Nicolas Bulitz ist seit Anfang April neuer Kommodore beim einzigen Hubschraubergeschwader der deutschen Luftwaffe, dem HSG 64 in Laupheim (Landkreis Biberach).

Oberstleutnant Nicolas Bulitz wurde 1975 in Osnabrück geboren. Er ist seit 28 Jahren Soldat und seit Anfang April Kommodore des Hubschraubergeschwaders 64 in Laupheim. Nach Grundwehrdienst und Offiziersausbildung studierte er Luft- und Raumfahrttechnik. Nach Stationen bei der Luftwaffe ging er ans Bundesverteidigungsministerium. Zuletzt war er Sachgebietsleiter bei der NATO in Norfolk, US-Bundesstaat Virginia. Bulitz ist verheiratet, treibt in seiner Freizeit gerne Sport und liest. Der SWR hat mit Bulitz über seinen Amtsantritt gesprochen.

SWR: Wie war der Start ins neue Amt?

Bulitz: Der Start ins neue Amt kam überraschend. Ich hatte darauf gehofft, allerdings erst ab Herbst damit gerechnet. Ich habe meinen bisherigen Dienstposten in den USA gewissermaßen Hals über Kopf verlassen. Meine Frau und ich stecken noch mitten im Umzug. Wir sind also noch im Landeanflug und erst halb am Boden.

SWR: Von der NATO in den USA ins Schwabenland zum HSG 64 – eine logische Folge?

Bulitz: Das war ein besonderer Weg: In den USA hatte ich die Chance, die NATO kennenzulernen. Das war eine großartige Erfahrung und ist vielleicht auch ein Baustein für die Zukunft und die Zeit nach Oberschwaben. Der Dienstposten des Kommodores in Laupheim baut konsequent auf meine letzten 20 Jahre bei der Luftwaffe auf. Ich habe auf ihn hingearbeitet und freue mich, ausgewählt worden zu sein. Denn im Herzen bin ich ein Flieger – was gibt es da größeres, als ein Kommodore eines ganzen Geschwaders zu sein?

SWR: Sie befehligen nun fast 2.800 Soldatinnen und Soldaten mit 75 Maschinen im Hubschraubergeschwader 64 an vier Standorten, neben Laupheim sind das Diepholz, Bückeburg und Holzdorf. Was ist die Herausforderung?

Bulitz: Das Hubschraubergeschwader 64 ist in gewisser Weise ein Biest mit einem wichtigen Auftrag: Es ist wahnsinnig groß und wir haben viel Material. Wir sind auf die genannten Standorte verteilt mit der großen fliegenden und technischen Gruppe in Laupheim. All das gilt es zu bändigen. Ich hoffe, ich werde viel am Hauptstandort hier in Oberschwaben sein können und nicht zu viel Zeit in Bus, Bahn oder Flieger verbringen.

SWR: Haben Sie Oberschwaben schon von oben inspiziert?

Bulitz: Das ist schon einige Jahre her und damals wusste ich natürlich nicht, dass ich hier mal landen würde. Ich bin jetzt erst drei Wochen hier und hatte noch keine Zeit. Ich bin am Boden geblieben, auch auf dem Boden der Tatsachen. Ich sage immer, "Elefanten frisst man in kleinen Häppchen". Und genau da bin ich noch dabei. Aber ich freue mich hier zu sein, denn dort, wo es die Römer ausgehalten haben, ist es durchaus lebenswert in Deutschland. Ich hoffe, spätestens im Juli meinen ersten Flug als Pilot über der Region zu absolvieren.

SWR: Aber natürlich ruft zunächst die Arbeit: Welche Herausforderungen bringt der Krieg in der Ukraine für das Hubschraubergeschwader 64?

Bulitz: Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass Personal und Material optimal einsatzbereit sind. Wir bereiten unsere Frauen und Männer darauf vor, dass es jetzt nicht mehr ausschließlich weltweite Krisen zu managen gibt mit der Blaupause Afghanistan, sondern auch den Kampf gegen den Terrorismus und die Landes- und Bündnisverteidigung als Hauptrichtungen der NATO. In Laupheim ist die Stimmung hochprofessionell. Die Leute sind sehr, sehr fokussiert und ich habe den Eindruck, dass die Frauen und Männer genau wissen, wofür sie da sind, was sie können und was von ihnen erwartet wird.

SWR: Wie einsatzbereit ist das Material, die CH 53-Hubschrauber sind bekanntlich deutlich in die Jahre gekommen?

Bulitz: Das stimmt. Ich bin ich jetzt der erste Kommodore, der jünger ist als die jüngste Maschine. Am Standort ist alles so weit einsatzfähig. Ein Teil der Maschinen wird laufend grundüberholt in den Werften. Wir hoffen, dass wir in Zukunft auch moderneres Material bekommen. Dafür ist das Sondervermögen des Bundes ein sehr guter Baustein.

SWR: Wann könnte es neue Transporthubschrauber geben?

Bulitz: Im Sommer soll sich der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages damit befassen. Wegen der parlamentarischen Kontrolle ist das der Startpunkt für alle weiteren Aktivitäten. Erst dann kann ein Beschaffungsvertrag unterschrieben werden. Ich weiß, dass alle Aktivitäten in dieser Richtung laufen, und ich bin sehr optimistisch, dass wir mit der Prokura des Parlaments und nach einem Industrievorlauf von drei Jahren dann zeitnah damit auch die ersten Einsätze mit neuen Transporthubschraubern bestreiten können.

SWR: Welche Einsätze für die Laupheimer Hubschrauberbesatzungen wären denkbar?

Bulitz: Das ist hochspekulativ und ich möchte dem Parlament auf keinen Fall vorgreifen. Zu unserem grundsätzlichen Auftrag gehört es aber, dass wir einsatzbereit sind für die Landes- und Bündnisverteidigung, beispielsweise durch den taktischen Lufttransport für Teile des Heeres oder den Transport Verwundeter. Zu unseren Aufgaben gehört auch, dass wir in Krisenlagen wie in Afghanistan unterstützen. Dafür sind wir da.

SWR: Welche Ziele haben Sie für die nächsten Monate und Jahre?

Bulitz: Mein konkretes Ziel und Arbeitsschwerpunkt für den Standort Laupheim wird sein, nach der Parlamentsentscheidung dazu beizutragen, die schweren Transporthubschrauber an den Start zu bringen. Das wird anspruchsvoll, denn wir müssen einerseits unser Personal aufs neue Material schulen, andererseits müssen wir mit dem alten Material einsatzbereit bleiben – eine echte Herausforderung.

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