In Ravensburg hat am Sonntag erstmals der Kapuziner Demokratie-Frühschoppen stattgefunden. Bei Bier und Blasmusik ging es um die Wohnungsnot in Ravensburg – und um Lösungen.
Am Sonntag war Start für eine neue Veranstaltungsreihe in Ravensburg: den Kapuziner Demokratie-Frühschoppen im Kapuziner Kreativzentrum. Der Kulturtreff veranstaltet die neue Reihe zusammen mit der Diakonie Oberschwaben Allgäu Bodensee, um mit Bürgern bei Bier und Blasmusik über gesellschaftliche Probleme zu sprechen und Lösungen finden. Erstes Thema: die Wohnungsnot in Ravensburg. Sie könnte mit einem längst vergessenen Konzept bekämpft werden, so Friedrich Utz vom Zentralverband "Haus und Grund Ravensburg":
Bau von Betriebswohnungen könnte Wohnungsnot lindern
Als Vertreter der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer forderte Utz im Rahmen einer Podiumsdiskussion bei dem Frühschoppen schnellstens Unterstützung von der Politik, damit große Unternehmen, wenn sie denn wollten, für jeden neuen Mitarbeiter Wohnungen bauen könnten. In Ravensburg denke er dabei an das ständig expandierende Unternehmen Vetter Pharma, die Firma Ravensburger sowie verschiedene Autozulieferer. Derzeit jedoch sei der Bau solcher Betriebswohnungen in Gewerbegebieten rechtlich nicht möglich. In früheren Jahren sei dies anders gewesen.
Politik muss Sozialwohnungsbau wieder in den Vordergrund rücken
Eine weitere Forderung der Diskussionsteilnehmer war der Sozialwohnungsbau. Die Politik müsse das Thema wieder anpacken, waren sich die Diskussionsteilnehmer einig. Neben Friedrich Utz gehörten zu ihnen Christian Mayer, einer der Vorstände des Kapuziner Kreativzentrums und SPD-Stadtrat, Christoph Sitta von der CDU Ravensburg sowie Jürgen Pfeffer, der sich als "Leerstandsaktivist" bezeichnet und auch die Enteignung von Grundstücksbesitzern ins Gespräch brachte, die ihre Immobilien über Jahre hinweg leer stehen lassen. Der Vorschlag stieß allerdings auf Widerstand. Moderiert wurde die Diskussion von Pfarrer Ralf Brennecke, dem Geschäftsführer der evang. Diakonie Oberschwaben Allgäu Bodensee.
Leerstehende Immobilien besser nutzen
Als weiteres Problem prangerten die Diskussionsteilnehmer den Leerstand von Immobilien an. Oft stünden bürokratische Hürden im Weg, wenn es darum gehe, leerstehende Gebäude für eine Vermietung umzuwidmen. Auch die gesetzlichen Anforderungen bei einer nötigen Sanierung der Gebäude schreckten viele Besitzer ab – die Kosten seien zu hoch.
Auch Genossenschaften und Kirchen könnten das Problem bekämpfen
Eine weitere Möglichkeit, die Wohnungsnot zu bekämpfen, sei es, Wohnraum im Form einer Genossenschaft zu schaffen. Das sorge für günstige Mieten, so Friedrich Utz. Damit derartige Projekte aber finanziell gestemmt werden könnten, brauche es dringend staatliche Fördermittel.
Als Möglichkeit, Hausbesitzern die Angst vor Mietern zu nehmen, sah Christian Mayer die kirchliche Wohnraumoffensive der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Dabei miete die Caritas eine Immobilie für ein Jahr an und bringe die Vermieter in dieser Zeit mit möglichen Mietern zusammen. Ziel sei es, dass danach Direktmietverträge abgeschlossen werden. In den Kreisen Bodensee und Ravensburg seien es jährlich 15 Verträge im Schnitt. 50 Wohnungen habe die Caritas derzeit angemietet.
Demokratie-Frühschoppen muss noch bekannter werden
In einer ersten Bilanz zeigten sich die Veranstalter des Frühschoppens zufrieden. Es sei bei der Podiumsdiskussion einiges herausgekommen, so Christian Mayer vom Kapuziner Kreativzentrum. Die Gäste hätten sich zudem mit Fragen auf Bierdeckeln an der Diskussion beteiligt. Ihre Zahl sei aber noch ausbaufähig. Dass es den Frühschoppen gibt, müsse sich noch herumsprechen - von den rund 200 Plätzen waren nur rund 30 belegt.
Neue Termine stehen schon fest
Der erste Kapuziner Demokratie-Frühschoppen fand von 11 bis 14 Uhr statt, zwei Folgetermine an ausgewählten Sonntagen im Februar und März stehen schon fest. Zudem planen die Veranstalter einen weiteren Termin noch vor der Bundestagswahl. Dann sollen die Bundestagskandidaten des Wahlkreises Ravensburg, die wieder kandidieren, den Bürgern Rede und Antwort stehen. Ein Termin steht noch aus.
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