Airbus Defence and Space in Immenstaad am Bodensee ist nach Angaben der Standortleitung trotz der zurückliegenden und aktuellen Krisen gut ausgelastet.
Airbus Defence and Space will am Bodensee 130 neue Stellen besetzen. Insgesamt 2.100 Beschäftigte zählt das Unternehmen derzeit. Der Standort blickt mit Zuversicht in die Zukunft und setzt auf lukrative Aufträge für die Raumfahrt und die Verteidigungssparte.
SWR-Reporter Wolfgang Wanner im Gespräch mit Moderatorin Tina Löschner auf die Frage, ob Airbus von den angekündigten Milliarden profitiert, die die Bundesregierung für Verteidigung ausgeben will:
Große ESA-Aufträge abgearbeitet
Drei fertig gestellte Sentinel-Klimasatelliten stehen derzeit im Reinraum des Airbus-Werks. Dort werden sie gewartet, bis sie ins All gebracht werden. Ein erster soll im kommenden Jahr starten. Die drei Satelliten sollen einmal Aufgaben im Rahmen des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernikus übernehmen. Airbus Defence and Space am Bodensee ist schon wiederholt Auftragnehmer für Copernicus-Projekte gewesen.
An einem Metop-Satelliten bauen die Ingenieure aktuell, er ist einer von drei Metop-Wettersatelliten der zweiten Generation und kostet einen dreistelligen Millionenbetrag. Auftraggeber ist wie in den meisten Fällen die europäische Raumfahrtorganisation ESA.
Mit "Juice" zum Jupiter
Mitte April dürfen sich die Satellitenexperten am Bodensee auf den Start von "Juice" freuen. Die Raumsonde war zwölf Monate im Integrationszentrum am Bodensee. Dort wurden unter anderem Instrumente, Bordcomputer, Navigationssensoren und Elektronik installiert. Mit einer Rakete wird "Juice" vom Weltraumbahnhof Kourou ins All gebracht und wird sich auf den Weg zum Jupiter machen. Es wird eine 600 Millionen Kilometer lange Reise, die sieben Jahre dauert. Im Umfeld des Planeten soll "Juice" unter anderem erforschen, ob dort Leben möglich ist und ob es dort vielleicht mal Leben gegeben hat.
Airbus setzt auf Mission LISA
Mit Blick in die Zukunft wird bei Airbus mit Spannung die Auftragsvergabe der ESA für die Mission LISA (Laser Interferometer Space Antenna) erwartet. Ziel ist es, mit Hilfe von Satelliten im All Gravitationswellen zu erfassen. Dietmar Pilz, Standortleiter in Immenstaad, gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn er von LISA spricht. Das Vorhaben sei ein "Klopper", meint er. Er ist zuversichtlich, dass Airbus am Bodensee an dem Auftrag maßgeblich beteiligt wird. Das Projekt habe ein Volumen im Milliardenbereich und würde sich über Jahre erstrecken, so Pilz.
Galileo-Satelliten vom Bodensee
Nicht mehr lange auf sich warten lässt dagegen der Bau der neuen Galileo-Satelliten, in Zusammenarbeit mit europäischen Partnern. Die Satelliten werden am Bodensee zusammengebaut.
Gute Geschäfte macht auch die Verteidigungssparte von Airbus. In Kürze wird ein erster Verwundetentransport-Container an die Bundeswehr ausgeliefert. Elf weitere werden folgen, es könnten aber auch noch weitere angefordert werden.
FCAS - das Verteidigungssystem der Zukunft
Federführend sind die Experten am Bodensee am Aufbau des Luftverteidigungssystems FCAS beteiligt. Das System werde insbesondere die Luftwaffe der Zukunft prägen, erklärt dazu der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz auf der Homepage der Bundeswehr. Im Ernstfall sollen auch Akteure von Heer und Marine, sowie die Bereiche Cyber und Raumfahrt mit vernetzt werden. Ziel ist es, im Ernstfall schnell, flexibel und erfolgreich handeln zu können. Es handelt sich dabei um ein Gemeinschaftsprojekt von Deutschland, Frankreich und Spanien. Bis 2040 soll FCAS fertig entwickelt und funktionsfähig sein. Es hat dazu aber auch schon erste Tests gegeben. So habe ein Bundeswehr-Militärtransporter vor kurzem Drohnen von Airbus am Bodensee erfolgreich in der Luft abgesetzt.
Das "Gehirn" kommt vom Bodensee
Im Rahmen von FCAS wird am Bodensee die sogenannte Air Combat Cloud entwickelt. Sie sei das Gehirn von FCAS, sagt dazu Dietmar Pilz. In Immenstaad arbeiten daran 50 bis 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Ob Airbus am Bodensee von den zusätzlichen Milliarden profitieren kann, die die Bundesregierung nach der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen "Zeitenwende" zusätzlich in die Bundeswehr investieren will, dazu äußert sich die Standortleitung zurückhaltend. Wenn es so wäre, dann wäre das erfreulich, so Pilz, aber in seinem Werk würden weniger kurzfristige, sondern eher langfristige, komplexe Projekte realisiert.
Standortzahlen werden nicht bekannt gegeben
Keine Angaben machte der Standortleiter - wie gewohnt - zu Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr. Der Airbus- Konzern veröffentliche keine Zahlen zu einzelnen Werken, sagte er. Doch der Standort sei gut ausgelastet.
Wechsel in der Standortleitung
Neu besetzt wird am Bodensee in Kürze die Standortleitung. Dietmar Pilz wird Immenstaad Ende März verlassen und zur ESA wechseln. Er wird dort technischer Direktor. Seine Nachfolge am Bodensee ist geregelt.
Andreas Lindenthal wird diese Aufgabe übernehmen. Eine seine Herausforderung werde sein, die Serienfertigung von Satelliten voranzutreiben. Und an die Landesregierung hat er auch einen Wunsch, nämlich sich stärker in der Raumfahrt zu engagieren. Das Land solle sich dafür einzusetzen, Wissenschaft, Hochschulen und Industrie näher zusammen zu bringen, um Baden-Württemberg zum führenden Raumfahrtland Deutschlands zu machen. Ein Standort dafür könne Friedrichshafen sein.