Polizistinnen und Polizisten in Baden-Württemberg geraten immer wieder selbst ins Visier von Ermittlern. 2022 liefen 577 Ermittlungsverfahren - die meisten davon wegen Gewalt durch Beamte.
Das Justizministerium in Baden-Württemberg zählt für das vergangene Jahr fast 300 Fälle, in denen gegen Polizistinnen und Polizisten wegen Gewaltausübung ermittelt wurde. Das teilte die Behörde der Deutschen Presse-Agentur mit. Weil Beamte Zwang ausgeübt oder ihr Amt missbraucht haben sollen, wurde demnach in mehr als 270 Fällen ermittelt.
In acht Fällen hieß der Vorwurf vorsätzliche Tötung durch Polizeibedienstete. Insgesamt registrierte das Ministerium für 2022 mehr als 577 Ermittlungsverfahren. Anzeigen gegen Polizisten seien in der Statistik nicht enthalten, so ein Sprecher. In den vergangenen Jahren gab es im Schnitt 400 Anzeigen gegen Polizistinnen und Polizisten.
In Mannheim etwa hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei Polizisten erhoben. Bei einem Einsatz am Marktplatz starb ein psychisch kranker Mann.
Landeskriminalamt BW ermittelt, wenn geschossen wurde
Für die Ermittlungen gegen Polizeibedienstete sind unterschiedliche Stellen zuständig. Das Landeskriminalamt (LKA) etwa führt laut einem Sprecher insbesondere Verfahren bei einem polizeilichen Schusswaffengebrauch, bei dem ein Mensch verletzt oder getötet wurde. Auch wenn mehrere Dienststellen betroffen sind, wird das LKA tätig.
Disziplinarverfahren wegen Kinderpornos in Ulm
Stehen Polizisten und Polizistinnen im Verdacht, sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht zu haben, werden Disziplinarverfahren eingeleitet. Landesweite Zahlen dazu aus dem Jahr 2022 liegen noch nicht vor. Aktuell laufen etwa in Ulm Verfahren gegen 15 Beamte. Sie stehen laut Staatsanwaltschaft Ulm im Verdacht, Kinderpornografie besessen und volksverhetzende und gewaltverherrlichende Inhalte über einen Messengerdienst verbreitet zu haben. Betroffen sind demnach die Polizeipräsidien Ulm, Aalen, Reutlingen, Pforzheim und die Bereitschaftspolizei Göppingen.
Staatsanwaltschaft prüft Chatgruppen
Ausgelöst hatte die Ermittlungen demnach ein Zufallsfund im Dezember. Bei einem Beamten des Ulmer Polizeipräsidiums habe man der Staatsanwaltschaft zufolge verfassungsfeindliche Inhalte entdeckt. Das Landeskriminalamt untersucht seitdem rund 6.000 Chatgruppen. Gegen 70 Polizeibedienstete würden in diesem Zusammenhang landesweit disziplinarrechtliche Untersuchungen geführt. Laut Staatsanwaltschaft sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen, die Zahl der Verdächtigen könnte sich demnach noch erhöhen.