Das 49-Euro-Ticket wird gut angenommen. Das Land BW hatte dem Ticket nur zugestimmt, wenn es mehr Geld vom Bund für den ÖPNV gibt. Wurden dafür schon konkrete Maßnahmen ergriffen?
Nach drei Monaten ziehen das Land, die Verkehrsverbünde und die Bahn in Baden-Württemberg eine positive Bilanz zum Deutschlandticket. Die meisten konnten neue Abo-Kundinnen und -Kunden hinzugewinnen. Doch wie geht es weiter? Bleibt es bei dem Preis von 49 Euro pro Monat? Und was ist mit dem sogenannten Regionalisierungsmitteln? Denn die Länder, auch Baden-Württemberg, hatten für das Deutschlandticket im Gegenzug höhere Mittel vom Bund für den Betrieb des Nahverkehrs gefordert.
700.000 Menschen nutzen Deutschlandticket in BW
Das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg zeigt sich bisher zufrieden mit dem Deutschlandticket. "Bislang wurden in Baden-Württemberg rund 500.000 Abos auf das Deutschlandticket umgestellt sowie knapp 200.000 Neu-Abonnements für das Deutschlandticket abgeschlossen", so das Verkehrsministerium auf Nachfrage des SWR. Das spiegelt sich auch in den einzelnen Verkehrsverbünden wieder. Beim Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) sind rund 135.000 neue Abos abgeschlossen worden. "Zusammen mit den 165.000 Bestandsabonnenten, die überwiegend auf das Deutschlandticket gewechselt sind, haben wir ein Allzeithoch von rund 300.000 Abonnenten im VVS (inkl. Jobtickets/Firmen-Abos)", teilt der VVS dem SWR mit.
Beim Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) sind nach eigenen Angaben seit Anfang März 30.000 Neuabonnenten hinzugekommen (inklusive Jugendticket). Der Regio-Verkehrsverbund Freiburg (RVF) erklärt: "Im Juli hatten wir fast 39.000 Abos verkauft." Auch die Bahn in Baden-Württemberg teilt mit: "Das Deutschlandticket ist bereits jetzt ein großer Erfolg." Gerade in Baden-Württemberg seien Fahrten in touristische Ziele stark gefragt.
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Zunahme im Berufs- und Freizeitverkehr
Weiter heißt es von der Bahn, dass man inzwischen wieder auf dem Niveau aus der Vor-Corona-Zeit angekommen sei. "So hatten wir bei DB Regio Baden-Württemberg im Mai fast sieben Millionen Fahrgäste. Das sind knapp 20 Prozent mehr als im April." Das habe sowohl mit dem Deutschlandticket zu tun, aber auch die Feiertage und das entsprechende Wetter habe zu einer erhöhten Nachfrage geführt. In Stuttgart beobachte der VVS außerdem, dass die Bahnen und Busse in den Hauptverkehrszeiten tendenziell wieder voller sind. Auch wenn der VVS anmerkt: "Im Berufsverkehr hat sich das Deutschlandticket aber gar nicht sich so stark bemerkbar gemacht, sondern eher im Freizeit- und Einkaufsverkehr am Wochenende und an den Feiertagen." Das Verkehrsministerium erklärt dazu, dass insgesamt vor allem bei "langlaufenden IRE- und RE-Linien zwischen Ballungszentren", also Regionalzüge mit langen Fahrtstrecken, die Nachfrage seit längerem steige.
Bund zahlt Ländern mehr Geld für den Nahverkehr
Bevor das Ticket beschlossen wurde, war eine Bedingung der Länder: Mehr Geld vom Bund bei den sogenannten Regionalisierungsmitteln. Auch Baden-Württemberg hatte diese Forderung gestellt, um den Nahverkehr weiter ausbauen zu können. Und tatsächlich wurde das Regionalisierungsgesetz geändert. Den Ländern stehen damit rückwirkend ab 2022 zusätzliche Regionalisierungsmittel in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich zur Verfügung. Außerdem wurde beschlossen, dass die jährlich vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel um jährlich drei Prozent - statt der bis dahin vorgesehenen 1,8 Prozent - angehoben werden.
Auch in Baden-Württemberg stehen inzwischen mehr Mittel vom Bund für den Nahverkehr zur Verfügung. "Im Jahr 2023 erhält Baden-Württemberg rund 1,3 Milliarden Euro an Regionalisierungsmitteln vom Bund", so das Verkehrsministerium. Bis zum Jahr 2031 soll dieser dieser Betrag auf rund 1,7 Milliarden Euro steigen.
Praktische Auswirkungen und direkte Investitionen mithilfe der erhöhten Regionalisierungsmittel, zum Beispiel in ein verbessertes Angebot auch in ländlicheren Gegenden für Pendlerinnen und Pendler, gibt es bisher aber nicht. "Die Kostensteigerungen waren weit größer als die Erhöhungen der Regionalisierungsmittel." Tatsächlich seien in den meisten Ländern nicht einmal der aktuell angebotene und betriebene Nahverkehr auf Dauer gesichert. "Teilweise zahlen Ländern aus eigenen Mittel hinzu."
Wie geht es weiter mit dem Deutschlandticket?
Die Verkehrsverbünde in Stuttgart, Freiburg und Karlsruhe sowie die Bahn sind sich einig: Das Deutschlandticket muss fortgeführt werden. Nur wie ist noch die große Frage. Denn finanziert ist das Deutschlandticket bisher nur für das Jahr 2023. Die Forderungen werden lauter, dass man sich nun um die Finanzierung ab 2024 kümmern müsse. Auch das Land Baden-Württemberg will das Deutschlandticket dauerhaft halten und fordert, dass der Bund einen Teil zu einer dauerhaften Finanzierung beiträgt. "Hierfür ist es insbesondere erforderlich, dass der Bund eine Nachschusspflicht im Falle von Mehrkosten für eine Hälfte der Finanzierung schafft", so das Verkehrsministerium.
Bleibt es bei 49 Euro im Monat?
Auch steht die Frage im Raum, ob der Ticketpreis von 49 Euro dauerhaft gehalten werden kann. So erklärt der Regio-Verkehrsverbund Freiburg: "Der Preis von 49 Euro wurde als 'Einführungspreis' kommuniziert. Wie sich der Ticketpreis entwickelt, hängt maßgeblich vom finanziellen Ausgleich ab, den Bund und Länder zur Verfügung stellen." Die Bahn legt Wert darauf, dass das Deutschlandticket weiterhin attraktiv bleibt: "Also wünschen wir uns, dass der Preis weiterhin leistbar bleibt und vielen Menschen Zugang zu täglicher Mobilität ermöglicht. Aber den Preis legt nicht die Bahn fest, das machen Bund und Länder." Auch die Kostenentwicklung bei den Verkehrsunternehmen dürfte dabei eine Rolle spielen.
Das Deutschlandticket: Bundesweit im Nahverkehr reisen
Als Nachfolgermodell des 9-Euro-Tickets aus dem Sommer 2022 wurde im Mai 2023 das sogenannte Deutschlandticket eingeführt. Abgeschlossen als Aboticket können Menschen für 49 Euro im Monat in ganz Deutschland mit dem Nahverkehr, also mit Regionalbahnen- und Bussen, reisen. Erste Erhebungen bescheinigen dem Deutschlandticket einen Anstieg bei den Fahrgastzahlen. Mit den Auswirkungen des 9-Euro-Tickets kann sein 40 Euro teurerer Nachfolger aber bisher nicht mithalten. Nachdem das 9-Euro-Ticket im Juni 2022 eingeführt worden war, fiel der Sprung bei den Zugreisen deutlich höher aus, als dies jetzt der Fall war.