In Rottweil lieferte sich die BW-AfD am Wochenende eine chaotische Veranstaltung. Alice Weidel kritisierte ihre parteiinternen Gegner danach scharf und warf ihnen "Parteischädigung" vor.
- Weidel kritisiert parteiinterne Gegner
- Chaotischer Start am Samstag
- Alte Führung ist auch die Neue
- Demos vor der Halle
Weidel kritisiert "Sabotage" durch parteiinterne Gegner
Nach dem Durcheinander beim AfD-Parteitag in Rottweil hat Alice Weidel, AfD-Bundessprecherin, ihre parteiinternen Gegner um den Stuttgarter Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel im SWR-Interview heftig kritisiert: "Das sind vor allem Leute, die gegen die Partei arbeiten." Diese hätten am Samstag versucht, den Parteitag "zu sabotieren". Weidel ist sich sicher: "Das ist natürlich eine Parteischädigung gewesen. Das lässt sich auch nicht mehr von der Hand weisen."
Konsequenzen für Spaniel und Co.?
In der AfD gab es schon mehrfach Versuche, Spaniel wegen parteischädigenden Verhaltens aus der Partei zu werfen. Weidel kündigte nur an: "Das wird natürlich parteiintern aufgearbeitet werden." Sie rechne damit, dass die Rebellen auch bei der Aufstellung der Bundestagslisten abgestraft würden. "Das wird sich auch auf solchen Aufstellungsversammlungen auswirken."
Diskussion um Anfechtung des Parteitags
Weidel geht davon aus, dass das Lager um Spaniel versuchen wird, den Parteitag für ungültig zu erklären. "Damit ist zu rechnen, dass von der Seite, die gestern probiert hat, den Parteitag zu verhindern und auch dieses Chaos kreiert hat, den Parteitag anfechten wird. Dem sehe ich aber gelassen entgegen." Die Partei- und Fraktionschefin sieht die Grabenkämpfe nach der Wahl des von ihr gewünschten Landesvorstands aber erledigt. Der Landesverband sei jetzt auf einem "sehr guten Weg".
Spaniel moniert "Schwamm-drüber"-Mentalität
Das unterlegene Lager rund um Spaniel hatte Unregelmäßigkeiten kritisiert. "So einen Parteitag haben wir hier in Baden-Württemberg noch nicht gehabt", rügte Spaniel. Es könne nicht sein, dass es auf dem Parteitag keine kritische Auseinandersetzung mit dem Rechenschaftsbericht und dem Haushalt gebe. "Man wollte hier nicht reden über die Punkte, die hier strittig waren im Landesverband und man wollte einfach einen Schwamm drüberlegen beziehungsweise einen Teppich drüberlegen." Als "guter Demokrat" müsse er jedoch die Mehrheitsentscheidung akzeptieren. Ob der Parteitag wegen Unregelmäßigkeiten angefochten werde, könne er noch nicht sagen. Er erklärte auf SWR-Nachfrage, ob der Parteitag überhaupt gültig sei: "Das werden die Gerichte klären." Er selbst werde aber nicht anfechten. Der Chef des Landesschiedsgerichts, Markus Berthold, erklärte am Sonntagvormittag, es sei noch kein Antrag auf Anfechtung eingegangen. Bisher gebe es nur Gerüchte.
Chaotischer Beginn des AfD-Parteitags am Samstag
Nach viel Chaos auf dem Parteitag waren die beiden Landesvorsitzenden Markus Frohnmaier und Emil Sänze im Amt bestätigt worden. Für den Bundestagsabgeordneten Frohnmaier stimmten am Samstagabend 75,7 Prozent der Mitglieder, 24,3 Prozent gegen ihn.
Der Landtagsabgeordnete Sänze bekam 76,46 Prozent der Stimmen, 23,54 Prozent lehnten ihn ab. Zwischen 800 und 900 Mitglieder beteiligten sich an den Wahlen. Weder gegen Frohnmaier noch gegen Sänze wollte am Ende ein Gegenkandidat antreten. Stellvertretende Vorsitzende wurden die Parlamentarier Martin Hess, Ruben Rupp, Marc Bernhard und Jürgen Kögel.
Streit bei AfD-Parteitag auf offener Bühne
Zuvor hatte sich die baden-württembergische AfD in Rottweil eine stundenlange Auseinandersetzung um die Abhaltung ihres Parteitags geliefert. Vorstandsmitglieder hatten am Samstag auf offener Bühne gestritten und sich gegenseitig die Mikrofone abgeschaltet.
Gegnerische Lager hatten geschrien und sich ausgebuht. Erst am Nachmittag wurde eine Versammlungsleitung gewählt für die Veranstaltung, die eigentlich bereits um 10 Uhr beginnen sollte.
Astrid Meisoll aus der SWR Redaktion Landespolitik ordnet den Landesparteitag vor Ort ein:
Zahl der Teilnehmer im Vorfeld unklar
Grund für die Auseinandersetzung: Der Sonderparteitag konnte wegen der Überfüllung der Stadthalle am Samstag nicht wie geplant beginnen. Der Saal verfügt über 1.040 Sitzplätze, doch deutlich mehr Mitglieder und Gäste waren am Samstagmorgen angereist.
Die AfD führt in Baden-Württemberg nicht Delegierten-, sondern Mitgliederparteitage durch - dabei ist stets völlig unklar, wie viele anreisen und welchen Lagern sie angehören. Der Vorstand stritt über das weitere Vorgehen und darüber, ob der Parteitag überhaupt abgehalten werden könne. Die Stimmung war sehr aufgeheizt.
Saal wurde geräumt - Einlass nur noch für Stimmberechtigte
Der Co-Landesvorsitzende Markus Frohnmaier hatte alle Anwesenden gebeten, den Saal zu verlassen - daraufhin wurde die Stadthalle geräumt. Im Anschluss durften nur die Stimmberechtigten wieder zurück in die Halle. Gäste mussten draußen bleiben. Auch am Nachmittag wurden noch weitere Mitglieder akkreditiert, um verbliebene freie Plätze zu füllen.
Der Saal war während der Räumung von Sicherheitsleuten auf Stimmgeräte durchsucht worden, da das Gerücht kursierte, dass einzelne Mitglieder sich mehrere Stimmgeräte hätten geben lassen. Mit der Ausgabe weißer Karten zählte die Parteiführung nochmal die genaue Anzahl der Stimmberechtigten aus.
Weidel appelliert: "In ein ruhiges Fahrwasser" kommen
Seit Monaten tobt ein Machtkampf innerhalb der Partei. "Wir können es uns nicht leisten, einen Konflikt in diesem Landesverband weiter in die Länge zu ziehen und darum brauchen wir heute hier eine Entscheidung", hatte die AfD-Co-Vorsitzende im Bund, Alice Weidel, vor den Vorstands-Wahlen gesagt.
Sie war nach dem chaotischen Auftakt die erste Rednerin auf dem Parteitag. "Wir wollen gemeinsam dafür sorgen, dass dieser Landesverband in ein ruhiges Fahrwasser kommt, um aufgestellt zu sein für die Kommunalwahlen und für die Europawahlen", so Weidel.
Immer wieder verzögerten Einwürfe und Anträge ums Prozedere und Formalitäten den Ablauf des Parteitages. Weidel selbst rief irgendwann ins Saalmikrofon, man solle diese "schwachsinnigen Anträge" endlich sein lassen. "Sie stehlen uns unsere Lebenszeit, darum geht's." Der Parteitag hatte mehrere Stunden dafür gebraucht, die Tagesordnung festzulegen. Danach wurde dafür gestimmt, wieder eine Doppelspitze zu wählen.
Sonderparteitag wegen Unzufriedenheit mit Vorsitzenden
Der Vorstand der Landespartei gilt als sehr zerstritten. Sieben der bisherigen Vorstandsmitglieder sind unzufrieden mit den Co-Vorsitzenden Markus Frohnmaier und Emil Sänze. 22 der 37 Kreisverbände hatten die Abhaltung des Sonderparteitags gefordert, um die Blockadesituation zu lösen. Mit der Bestätigung des Führungsduos konnte sich das Lager um Alice Weidel durchsetzen. Den Tag über hatte sich bereits eine Mehrheit für das Weidel-Lager abgezeichnet. Frohnmaier und Sänze riefen beide zu Geschlossenheit auf.
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Demonstration gegen Rechtsextremismus vor der Halle
Schon geraume Zeit vor dem angesetzten Beginn des Parteitags hatten sich am Samstagmorgen viele Menschen bei der Halle zu einer Demonstration gegen Rechtsextremismus versammelt. Laut Polizei waren dabei etwa 1.300 Teilnehmende vor Ort, die Organisatoren sprachen von 2.000. Dazu aufgerufen hatte das Bündnis "Rottweil bleibt bunt und vielseitig". Um Auseinandersetzungen zu vermeiden, war die Polizei mit vielen Kräften vor Ort. Am Sonntag will das Bündnis mit einem Kulturfest in der Rottweiler Innenstadt ein Zeichen für Demokratie setzen.
Sowohl der Landesparteitag der AfD als auch die Gegenveranstaltungen verliefen aus polizeilicher Sicht an beiden Tagen weitestgehend störungsfrei. Die eingesetzten Beamten mussten lediglich am Samstag wegen zwei Verstößen gegen das Vermummungsverbot bei Versammlungen und wegen einer Beleidigung eines AfD-Mitgliedes Ermittlungen einleiten. Am Samstag sprachen die Einsatzkräfte einige Platzverweise aus, die von den Angesprochenen unverzüglich befolgt wurden.
So konnte der Polizeiführer des zweitägigen Einsatzes in Rottweil, Polizeidirektor Andreas Breuning, am Sonntagnachmittag eine positive Gesamtbilanz ziehen: "Wie schon am Samstag können wir auch am Sonntag auf einen gelungenen Polizeieinsatz mit einem ungestörten Verlauf sowie Abschluss des Parteitages, aber auch auf die störungsfreie Durchführung aller Gegenveranstaltungen zurückblicken."
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