Elektroautos sind auch in BW auf dem Vormarsch. Bislang stellen sie für das Stromnetz kein Problem dar. Damit das so bleibt, fordert die Autoindustrie einen schnellen Ausbau der Netze.
Elektroautos sind inzwischen ein fester Bestandteil im deutschen Straßenverkehr. In der Metropolregion Stuttgart waren 2022 über 50.000 E-Fahrzeuge zugelassen. Manche sehen eine Gefahr für die Stromversorgung. Ist die Angst gerechtfertigt?
Bislang keine Überlastung des Stromnetzes durch E-Autos
Dass zu viele, gleichzeitig aufgeladene E-Autos die Versorgung zum Erliegen bringen, einen solchen Fall hat es in Deutschland bisher nicht gegeben. Das bestätigte die Bundesnetzagentur auf SWR-Anfrage. Das Szenario kann für die nächsten Jahre praktisch ausgeschlossen werden: Zum einen ist der Anteil batteriebetriebener Fahrzeuge immer noch gering. Es könnte nur dann zu lokalen Störungen kommen, wenn viel Strom gleichzeitig verbraucht würde.
Statistisch legen die Deutschen jeden Tag etwa 40 Kilometer zurück. Die Autos müssen daher ein- bis zweimal pro Woche geladen werden. "Dass alle Fahrzeuge am selben Ort gleichzeitig aufgeladen werden, ist extrem unwahrscheinlich. Das konnte in den bisherigen Experimenten zu keinem Zeitpunkt beobachtet werden. Meistens wird das Fahrzeug erst mit dem Stromnetz verbunden, wenn die Restreichweite unter die individuelle Reichweitenreserve gefallen ist und die letzte Fahrt des Tages absolviert wurde", sagt Dr. Matthias Pfriem, Experte für Elektromobilität bei der PTV Group in Karlsruhe.
Drei bis vier Stunden Aufladezeit an der Wallbox
An der heimischen Wallbox dauert es etwa drei bis vier Stunden, bis ein übliches Elektroauto voll aufgeladen ist - rechnet man mit Batteriegrößen von 40 bis 100 Kilowattstunden. Ein Experiment des Stromnetzbetreibers Netze BW ergab, dass im Höchstfall etwa 20 Prozent der Autos gleichzeitig aufgeladen werden. Selbst bei größeren Mehrfamilienhäusern mit mehreren Ladesäulen ist nicht davon auszugehen, dass alle Autos gleichzeitig aufgeladen werden.
Im Zuge der Mobilitätswende und dem damit verbundenen Umstieg auf elektrischen Antrieb werden immer mehr Ladesäulen benötigt. Das EU-weite aus für Verbrenner ab 2035 wird den Bedarf in die Höhe schnellen lassen. Mercedes-Benz hat bereits angekündigt, ab 2025 alle neuen Fahrzeugarchitekturen ausschließlich mit elektrischem Antrieb zu produzieren. Auch der Standort Untertürkheim werde stark umgebaut, um dort in zehn Jahren dominant elektrisch zu sein.
130.000 Autos mit Elektroantrieb in BW neu zugelassen
Wie der Europäische Automobilherstellerverband (ACEA) bekanntgab, sind europaweit im vergangenen Jahr so viele Elektrofahrzeuge neu zugelassen worden wie noch nie zuvor. Über eine Million neuer Autos waren demnach rein elektrisch, mehr als jedes Fünfte war immerhin ein Plug-in-Hybridmodell. Laut Kraftfahrtbundesamt sind allein in Baden-Württemberg knapp 130.000 voll- oder teilelektrische PKW neu registriert worden. Für die Absatzsteigerung war aber ganz Deutschland maßgeblich verantwortlich. Vor der auslaufenden staatlichen Förderung für E-Autos schnellten die Zulassungszahlen im Dezember noch einmal in die Höhe.
VDA fordert schnellen Ausbau der Stromnetze
Auch wenn die Versorgung der bisher vorhandenen E-Autos die Stromnetze noch vor keine großen Probleme stellt, besteht nach Ansicht von Experten Handlungsbedarf. So warnte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, vor lokalen Überlastungen durch den gestiegenen Elektrizitätsbedarf. Seine Behörde plant zum kommenden Jahr Regeln, wonach bei örtlicher Überlastung des Stromnetzes Autos nur für eine geringe Reichweite aufgeladen werden dürfen. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisierte die Pläne scharf. VDA-Präsidentin Hildegard Müller erklärte: "Die Stromnetze müssen schnell ausgebaut und modernisiert werden, das ist eine wichtige Voraussetzung für eine leistungsfähige Ladeinfrastruktur. Und ohne die werden wir die Leute nicht davon überzeugen können, auf ein Elektroauto umzusteigen".