Gitte Haenning will einen Cowboy als Mann und singt von Stadtpark-Laternen. Ihre Stimme hat in jedem Lied ihre besondere Note. Sie feierte Erfolge mit Wencke Myhre und Rex Gildo.
Der 15. Juni 1963 war ein bedeutendes Datum in ihrer Karriere, denn an diesem Tag gewann sie im Kurhaus in Baden-Baden die Deutschen Schlagerfestspiele. Im Rahmenprogramm trat die große Marlene Dietrich auf, die der frisch gekürten Siegerin prophezeite: "Du wirst einmal ein großer Star werden. Der Erfolg bleibt Dir aber nur dauerhaft, wenn man nie aufhört, an sich zu arbeiten." Ein Ratschlag, den sich die gerade mal 17-jährige Sängerin zu Herzen nahm.
Fahrrad als Geschenk für Gitte für Duett mit Papa
Während sie in Deutschland noch am Anfang stand, erhielt sie in ihrer Heimat Dänemark bereits eine Auszeichnung als beliebteste Sängerin. Ihr Debüt erfolgte dort bereits 1954. Ihr Vater, ein in Skandinavien populärer Sänger, erhielt von seinem Produzenten den Vorschlag, eine dänische Version des Conny Froboess-Erfolgstitels "Ich heirate Papi" mit einer seiner beiden Töchter aufzunehmen. Die Wahl fiel auf Gitte, die von der Idee alles andere als begeistert war. Erst als der Papa ihr ein funkelnagelneues Fahrrad versprach, willigte sie ein.
Ein Stuhl machte sie groß genug für's Mikrofon
Das versprochene Geschenk hat sie zwar nie bekommen, avancierte stattdessen aber in kurzer Zeit zum gefragten Kinderstar: "Ich stand damals immer auf einem Stuhl auf der Bühne, um das Mikrofon zu erreichen." 1958 erhielt sie einen Plattenvertrag als Solistin und stürmte als Teenager-Idol die dänischen Hitlisten. Parallel hierzu entdeckte sie ihre Vorliebe für Jazz - hier gibt's eine kleine Kostprobe von "Ein Mädchen wie ich" - und arbeitete mit Größen wie dem Bassisten Oscar Pettiford oder dem Saxophonisten Stan Getz zusammen.
Cowboy als Mann
Der deutsche Produzent Nils Nobach holte sie für Plattenaufnahmen nach Köln. Filmproduzenten fanden ebenfalls Gefallen an dem jungen Mädchen mit der kessen Pferdeschwanzfrisur und engagierten sie für den Musikfilm "Schlagerparade 1960". Bald folgten erste Fernsehauftritte, nur die Plattenumsätze blieben hinter den Erwartungen zurück. Schließlich drängte sie die Plattenfirma dazu, bei den Schlagerfestspielen teilzunehmen. Der Plan ging auf: mit "Ich will ’nen Cowboy als Mann" siegte sie haushoch.
Traumpaar Gitte Haenning und Rex Gildo
Gitte war Dauergast in Funk und Fernsehen. Für ihre TV-Show "Kein Tag ohne Musik" verpflichteten die Macher Rex Gildo als Partner und landeten einen Volltreffer. Im Handumdrehen eroberten sie als "Traumpaar des deutschen Schlagers" das Publikum und die Hitparaden. Mehr als einmal wurden sie in den Zeitungen miteinander verlobt, verheiratet, verzankt und wieder versöhnt. Nach zwei Jahren hatte Gitte genug:
Frühe Gedanken über Karriereende
Nach einer Pause kehrte sie 1973 zurück und vertrat Deutschland beim Grand Prix d’Eurovison de la Chanson mit dem Titel "Junger Tag". Obwohl sie nicht als Siegerin hervorging, wurde dieser Titel ein Bestseller. Eigene Personality-Shows im Fernsehen festigten ihren Ruf als Show-Star: "Es gibt eine Menge Kontraste und Titel, mit denen man mich in Deutschland kaum kennt."
Ab den 80ern singt Gitte Haenning anspruchsvolle Songs
Nach privaten Turbulenzen kehrte sie 1980 ins Rampenlicht zurück. Neuer Stil, neues Image - statt banaler Schlager nun anspruchsvolle Songs. Sie zeigte sich als selbstbewusste Frau, der die künstlerische Weiterentwicklung stets wichtig war: 1981 erhielt sie den Deutschen Schallplattenpreis. In der Begründung hieß es: "Die Interpretin, deren Intensität, stimmliche Präsenz und Ausdruckskraft sich längst im Showgeschäft bewährt hat, überrascht mit Titeln, in denen sie ihren eigenen Qualitätsanspruch voll einlöst."
In jüngerer Zeit machte sich die in Berlin lebende Künstlerin auf dem Plattenmarkt deutlich rarer:
Ausverkaufte Hallen mit Siw Malmkvist und Wencke Myhre
Immer war sie auf der Suche nach neuen Herausforderungen: So konnte man sie sogar in der Rolle der "Papagena" in der "Zauberflöte" erleben. Von 2004 bis 2007 tourte sie zusammen mit Siw Malmkvist und Wencke Myhre in "Gitte, Wencke & Siw - Die Show" durch zahlreiche Städte - stets ausverkaufte Häuser landauf und landab. Zudem spielte sie häufig in Musicals, darunter "Sunset Boulevard" oder "Flashdance".
Ihre Liebe zum Jazz hat sie neben all diesen vielfältigen Verpflichtungen stets gepflegt. Ein besonderer Höhepunkt auf diesem Gebiet war eine Konzertreihe unter dem Motto "Songs for my father", die sie 1997 ihrem Vater anlässlich seines 80. Geburtstags widmete. Die Presse lobte damals: "Mit Papas Jazz brachte Gitte die 'Komische Oper' zum Toben."
Doch trotz aller von ihr gebotenen Vielfalt erwartet das Publikum bei ihren Konzerten immer noch die großen Hits von früher. Auch wenn sie sich vom Schlager distanziert hat, singt sie manche davon weiterhin - allerdings zeitgemäßer: "Wie kann ich dieses Lied heute gestalten? Da nehme ich in Kauf - mit großem Risiko - manche Fans zu verlieren, um andere zu gewinnen", sagte sie dazu in einem Interview.
Wie stand einmal in den "Kieler Nachrichten" zu lesen? "Sie will alles - und sie kann alles!" Dem ist nichts hinzuzufügen.
Das ist Gitte Haenning
Geboren | 29. Juni 1946 in Aarhus (DK) |
Bekannte Männer in ihrem Leben | Gitte war mit dem dänischen Jazz-Bassisten Nils-Henning Ørsted Pedersen liiert, ebenso mit Regisseur Pit Weyrich. |
Größter Hit | Vom Stadtpark die Laternen - 26 Wochen in der dt. Hitparade |
Kinderlos und nichts bereut
Eigene Kinder hat Gitte Haenning nicht. In einem Interview mit der BZ sagte sie ganz offen dazu: "Ich habe zweimal verhindert, eines zu bekommen. Die Beziehungen, in denen ich damals war, waren nicht so stabil und ich wollte kein Scheidungskind produzieren, denn ich war ja selbst eines." Diese Entscheidung bereut sie demnach nicht.
Aktuell lebt Gitte Haenning alleinstehend in Berlin.