Thomas Bugnyar ist international renommierter Rabenforscher. Er klärt über Mythen rund um Raben auf und erklärt, wieso "Rabeneltern" völlig missverstanden wurden.
Raben sind bekannt für ihre beindruckende Intelligenz, für das clevere Benutzen von Werkzeugen und für ihr außergewöhnlich soziales Miteinander. Der international renommierte Rabenforscher Thomas Bugnyar ist immer wieder erstaunt:
Diese Mythen über Raben stimmen definitiv nicht
Wie gelingt es ihnen, sich in andere hineinzuversetzen? Und welche Regeln prägen ihr komplexes Sozialsystem? Das erforscht Thomas Bugnyar unter anderem als wissenschaftlicher Leiter der Forschungsstation Haidlhof in Niederösterreich. In SWR1 Leute räumt er auch gleich mit Vorurteilen über Raben auf.
Das Bild der aggressiven Raben aus dem Hitchcock-Thriller "Die Vögel" stimmt also nicht. Auch der weit verbreitete Mythos, dass der Kolkrabe Tieren und Kindern die Augen aushackt, stimme so nicht – lediglich bei toten Tieren pickt er in die Augen. Das liege daran, dass er mit seinem Schnabel nicht durch Haut oder Fell dringen könne, sehr wohl aber durch die Augenhöhle an weiteres Fleisch oder Muskeln kommt.
"Rabeneltern": Thomas Bugnyar widerlegt Vorurteil über Raben
Das habe, so Bugnyar, zur Bezeichnung "Rabeneltern" geführt, die ihren Nachwuchs vernachlässigen. Nur: Die Beobachtung an sich ist richtig, nicht aber die Interpretation, sagt Bugnyar.
Genau das Gegenteil sei der Fall: Junge Kolkraben schreien so laut, weil sie sich beim Füttern gegen ihre Geschwister durchsetzen wollen – der lauteste bekommt am meisten ab. Und weil die Eltern genau das Gegenteil von Rabeneltern sind, die Jungvögel nämlich sehr gut und sehr oft füttern, macht das Geschrei kaum eine Pause – das fällt uns Menschen auf, wir interpretieren es nur falsch.
Raben haben soziale Intelligenz
Lange Zeit hat man geglaubt: "Wir Menschen können uns in andere hinein versetzen, Tiere können das nicht". Mit Experimenten über Jahrzehnte hinweg hat Thomas Bugnyar immer wieder gesehen: Raben können sich – zum Beispiel beim Verstecken von Futter – in andere Raben hineinversetzen. "Was kann der andere Vogel jetzt sehen oder nicht, was hat er zuvor gesehen oder nicht": Dass ein Rabe das erkennen kann, liege auf dem Niveau von Menschenaffen, sagt Bugnyar.
Überraschende Raben-Geschichten von SWR1 Hörer:innen
Wie überraschend klug Raben sein könen, zeigen die vielen Zuschriften von SWR1 Hörer:innen während der Leute-Sendung. Gerhard aus Ellwangen zum Beispiel füttert die Tiere seit Jahren mit Walnüssen. Mittlerweile erkennen sie ihn auf Spaziergängen in der Stadt und rufen nach Futter – und wenn er dann nach Hause kommt, sitzen sie da, begrüßen ihn mit drei Rufen und verneigen sich.
Bugnyar kann diese Beobachtung nur bestätigen: Rabenvögel merken sich Menschen, die sie füttern und interagieren dann auch mit ihnen. Die "Verneigung" erklärt er mit der Art des Rufes, bei dem die Vögel den Hals nach vorne strecken.
Dass Raben und Krähen gute Lerner sind, zeige auch, wie sie Walnüsse knacken: Sie werfen sie aus der Luft auf den Boden und wissen auch, dass der Boden hart sein muss, damit sie aufspringen. Es gebe sogar Beispiele, dass Raben die Nüsse gezielt vor Autos werfen. Und dass SWR1 Hörerin Moni einen Raben gesehen hat, der Hupgeräusche von Autos nachmacht, wundert Bugnyar kein bisschen:
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