Wie geht man damit um, wenn man als Halb-Nigerianerin erfährt: Der Großvater war ein KZ-Kommandant, den man bislang nur aus dem Film "Schindlers Liste" von Steven Spielberg kannte und der einen damals im KZ Płaszów skrupellos hingerichtet hätte?
Jennifer Teege über Amon Göth: "Mein Großvater hätte mich erschossen"
Jennifer Teege ist die Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers. Die Mutter hatte sie zur Adoption freigegeben, sie wuchs bei einer Pflegefamilie in München auf. Später ging sie nach Frankreich, studierte in Israel, wurde Werbetexterin und Schriftstellerin. Der entscheidende Moment in ihrem Leben: In der Hamburger Zentralbibliothek stößt sie unter 350.000 Büchern ausgerechnet auf das eine, das ihr Leben verändern wird.
Niemand hat je über ihre Familiengeschichte gesprochen
Jennifer Teege vergleicht die Entdeckung der Buches und damit ihrer Lebensgeschichte mit einem Puzzle – oft fängt man an, den Rahmen zu legen und füllt dann nach und nach die fehlenden Teile aus.
Schockierende Entdeckung: Der Großvater war ein Massenmörder
Überwältigend waren allein schon die vielen Informationen, die dieses Buch ihr über ihre leibliche Mutter gaben, von der sie ja nichts wusste. Der große Schock aber kam, als Jennifer Teege entdecken musste, dass ihr Großvater Amon Göth war, der Kommandant der Konzentrationslagers Płaszów. Er war einer der skrupellosesten Massenmörder der NS-Zeit und wurde 1946 gehängt - am Galgen noch hob er die Hand zum Hitlergruß.
Verwirrend und schockierend war diese Entdeckung insbesondere auch deshalb, weil Teege so viele Jahre in Israel gelebt und studiert hatte, die Sprache spricht und eine "ganz enge Verbindung" zum jüdischen Volk hat.
So konnte sich Jennifer Teege von der Nazi-Vergangenheit lösen
Lange Zeit habe sie sich "an ihm abgearbeitet". Irgendwann sei ihr klar geworden: "Ich bin nicht so!". Weder könne sie Menschen wissentlich Gewalt antun, noch könne sie von einem Balkon aus auf Menschen schießen. All die Grausamkeiten, die Amon Göth als KZ-Kommandant begangen hatte und auch die Geschichtsverweigerung ihrer Großmutter beschäftigten sie über Jahre. Eine Distanzierung sei dann irgendwann möglich gewesen, sagt sie, "selbst für mich, obwohl da eine genetischen Abstammung vorhanden ist".
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