Physiker Holm Gero Hümmler

So schützt ihr euch vor Verschwörungstheorien und Desinformation

Stand
Moderator/in
Nicole Köster
Moderatorin Nicole Köster aus dem SWR1 Team moderiert täglich ausßer samstags zwischen 10 und 12 Uhr die Sendung SWR1 Leute

Gut zwei Drittel der Deutschen vertrauen der Wissenschaft, doch fast jeder Vierte leugnet den Klimawandel. Holm Gero Hümmler erforscht Verschwörungsmythen und die Skeptikerbewegung.

Das gute an Wissenschaft ist: Es stimmt - egal, ob man dran glaubt oder nicht.

5 Tipps, damit ihr nicht auf Verschwörungstheorien hereinfallt

  • Immer dann besonders skeptisch sein, wenn man etwas selber gerne glauben möchte.
  • Quellen anschauen: Woher kommen diese Theorien? Ist die Person, die sich äußert, wirklich ein kompetenter Experte zum Thema?
  • Findet die Person auch in seriösen Medien statt? Wenn nicht, dann hat das Gründe und liegt nicht daran, dass sie von einer bösen Verschwörung unterdrückt wird.
  • Eine glaubwürdig erscheinende Präsentation heißt noch lange nicht, dass die Informationen darin auch glaubwürdig sind.
  • Wenn wir uns von akademischen Titeln beeindrucken lassen, besteht die große Gefahr, dass wir uns auch großen Unsinn einreden lassen. Quelle der Tipps: Holm Gero Hümmler

Die wichtigsten Fakten sind immer die, die man selber nicht glauben möchte.

Warum leugnen so viele Menschen den Klimawandel?

Es gibt unzählige Verschwörungstheorien, die sich um die Klimakrise ranken. Und es gibt eine kleine Minderheit von rund acht Prozent, die der Wissenschaft grundsätzlich nicht vertraut.

Deshalb sei es wichtig, so Hümmler, den Menschen klarzumachen, wie Wissenschaft funktioniert: Sie beruhe darauf, dass sich die Wissenschaftler ständig gegenseitig kritisieren und hinterfragen. Das geschehe immer innerhalb des jeweiligen Fachgebiets, damit wissenschaftliche Kompetenz beim Thema die Basis der Diskussion ist.

SWR1 Hörer Frank ist aber skeptisch, wem er wann Glauben schenken soll - sein Beispiel: "Harald Lesch und Eckart von Hirschhausen äußern sich oft alarmistisch zum Klimawandel, sind aber beide keine Klima-Wissenschaftler". Die Antwort von Holm Gero Hümmler macht einen wichtigen Unterschied klar.

Das, was Harald Lesch zum Klimawandel sagt, ist keine Wissenschaft, sondern Wissenschafts-KOMMUNIKATION. [...] Entscheidend ist, dass man sich bei den Fakten auf dem Boden der Wissenschaft bewegt – und das tut er definitiv.

Darum haben Verschwörungsmythen einen so starken Einfluss

Auf seiner Webseite "Relativer Quantenquark" will Hümmler auf Missstände aufmerksam machen, bei denen sich Esoterik, Verschwörungsmythen und Spekulatives unter dem Mäntelchen der Physik verstecken. Das "glauben wollen", sagt er in SWR1 Leute, spiele eine große Rolle, warum so viele Verschwörungstheorien auf fruchtbaren Boden der Skeptikerbewegung fallen.

Wenn ich gerne schnelle und laute Autos fahre, die viel CO2 ausstoßen, dann werde ich schneller geneigt sein, jemandem zu glauben, der sagt ‘Das viele CO2 macht ja gar nichts’.

Ganz wichtig sei deshalb, genau zu unterscheiden zwischen Fakten und den eigenen Werten - also den Dingen, die einem persönlich wichtig sind und der Meinung, die man zu einem bestimmten Thema hat.

Bei Wissenschaft geht es nicht um Meinung, sondern um Fakten. Meinung entsteht aus der Kombination von Fakten, die man zur Kenntnis nehmen will und der Werte, die man hat. Wenn jemand zum Beispiel sehr freiheitsorientiert ist, wird er möglicherweise jede Einschränkung sehr viel negativer sehen und sehr viel eher die Fakten dazu ablehnen.

Skeptikerbewegung oder Aluhut: welchen Einfluss hat Social Media?

Holm Gero Hümmler hat auch eine Erklärung für das Problem, dass in den sozialen Medien Verschwörungstheorien so weit verbreitet sind: Jeder habe die Möglichkeit, Dinge zunächst unwidersprochen zu verbreiten, die andere dann als bare Münze nehmen - eine Kontrolle oder gar die Chance, dem inhaltlich etwas entgegenzusetzen, sei schwer.

Man kann zehnmal so schnell Bullshit produzieren, wie man ihn widerlegen kann, weil man einfach mal eine Behauptung in den Raum stellen kann und irgend jemand muss sich dann kundig machen.

Ich habe meine Fassungslosigkeit überwunden, dass man das tatsächlich Leuten noch erklären muss, und habe dem BR ein Interview gegeben, warum das Hochwasser nicht von "einer militärischen HAARP-Anlage in Münster" verursacht wurde.https://t.co/IfdgdKOLr8

Gero Hümmler ist seit 2023 Vorsitzender der "Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V." (GWUP), in der er sich seit 1999 engagiert. Er hat über Verschwörungsmythen und die Kommunikation mit Esoterikern und Fanatikern geschrieben. Er hat Physik (mit Nebenfach Meteorologie) studiert und arbeitet als Management-Berater.