SWR1 Sonntagmorgen

Weihnachtsfrieden – auf der Suche nach Hoffnung und Alternativen zum Krieg

Stand
Autor/in
Zülal Acar

Auch 2024 war geprägt von Kriegen und Krisen. Zu Weihnachten machen sich viele Menschen Gedanken über friedlichere Zeiten. Wie blicken Friedensforscher auf das neue Jahr? 

Weltweit sorgen sich viele Menschen um Konfliktherde. Die Kriege in Gaza und der Ukraine, ein Genozid im Kongo, Hungersnot im Sudan und der Umsturz des syrischen Machthabers Assads.  
Kurz vor Weihnachten keimt bei vielen Menschen ebenso Hoffnung und Sehnsucht nach Frieden, einer besseren Welt, auf. Was sagen Forscher und Ehrenamtliche – ist Frieden in diesen Zeiten eine Utopie? 
Weniger Waffenlieferungen. Das hatte sich die Ampel-Koalition zu Beginn ihrer Legislaturperiode 2021 auf die Fahne geschrieben. Doch das genaue Gegenteil ist eingetreten: Die Bundesregierung hat Rekordwerte für ihre Rüstungsexporte erreicht. Spätestens seit der sogenannten "Zeitenwende", die Bundeskanzler Olaf Scholz nach Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 ausgerufen hatte.  

Waffen im Wert von 13,2 Milliarden Euro hat Deutschland ins Ausland geliefert – ein Großteil davon ging in die Ukraine. Aber auch in andere, nicht-europäische Staaten, wie zum Beispiel Israel, wurden Panzer und Munition exportiert. Das kritisiert die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) in ihrem jüngsten Bericht. Eine ihrer Kernforderungen lautet, dass die Bundesregierung ihre militärische Unterstützung Israels hinterfragen muss.  

Experten fordern restriktive Rüstungspolitik 

Die GKKE-Experten betonen zum einen "die besondere Verantwortung Deutschlands für Israel und dessen Recht auf Selbstverteidigung". Weisen aber auch darauf hin, wie der Krieg im Gazastreifen geführt werde, so der katholische Vorsitzende der Organisation Karl Jüsten im Gespräch mit SWR1: "Wir stellen fest, dass Israel sich neben einigen militärischen Erfolgen, aber eben auch das humanitäre Völkerrecht möglicherweise bricht. Da können wir nicht die Augen davor verschließen, das müssen wir benennen." Aus diesem Grund fordert die GKKE, die "Bundesregierung dazu auf, darauf zu achten, keine Waffen nach Israel zu exportieren, die dazu angetan sind, Menschenrechtsverletzungen zu ermöglichen."
Damit seien keine Exporte in die Ukraine gemeint, so Jüsten. Das Land führe einen legitimen Verteidigungskrieg. "Wir haben Sorge, dass im Schatten dessen, die Rüstungsexport-Politik insgesamt aufgeweicht wurde", sagt er. 

Kritik für deutsche Unterstützung von Autokratien 

Max Mutschler, GKKE-Vorsitzender der Fachgruppe Rüstungsexporte, bemängelt deutsche Rüstungsexporte in autokratische Staaten. "Und wenn man dann solchen Staaten Waffen im dreistelligen Millionenbereich liefert, dann kann man nicht für sich in Anspruch nehmen, man würde sich gegen die Feinde der Demokratie richten. Man tut eigentlich das Gegenteil." 

Mutschler zeigt sich enttäuscht nach den einstigen Versprechungen der Ampel hinsichtlich einer restriktiveren Rüstungsexport-Politik. "Wenn man die Werte anschaut, (…) teilweise im dreistelligen Millionenbereich, Rüstungsexport-Genehmigungen für Staaten wie Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, auch Algerien oder Katar, dann muss man eben sagen, ist von diesem Elan eigentlich nichts mehr zu sehen", so Mutschler. Die GKKE fordert daher eine Rückbesinnung der neuen Bundesregierung auf eine restriktive Rüstungsexport-Politik. 

Ein Wunschzettel mit dem Text « Liebes Christkind, bitte kannst Du machen das der Krieg aufhört und alle Menschen genug zum essen haben?» hängt in der Christkindpostfiliale der Deutschen Post.
Ein Wunschzettel mit dem Text in der Christkindpostfiliale der Deutschen Post.

GKKE fordert kein generelles Waffenembargo  

Mutschler betont zudem, dass die GKKE kein generelles Waffenembargo gegen Israel fordert. "Aber gerade, wenn wir uns ansehen, was Israel zum Beispiel mit den Merkava-Panzern auch im Gazastreifen angerichtet hat, dann muss man eben sagen: Komponenten für diese Panzer oder gar Panzermunition hierfür dürfen in der aktuellen Situation nicht geliefert werden", so der Experte. 
Samantha Ruppel, Politikwissenschaftlerin an der Friedensakademie Rheinland-Pfalz und Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung, betont die Bedeutung von öffentlichem Interesse an Konflikten.  

Friedensforscherin plädiert für bewusstes Konsumverhalten

 "Wenn wir auf diese vergessenen Konflikte schauen – im Sudan, in der Demokratischen Republik Kongo als Beispiele – sehen wir, dass auch dort Länder wie Deutschland eine Rolle spielen. Wenn wir die Demokratische Republik Kongo nehmen, der Konflikt geht dort zum Beispiel um Ressourcen. Es werden Ressourcen abgebaut, die für Handys verwendet werden. Es werden Diamanten abgebaut, da drum entstehen große Konflikte seit Jahrzehnten." Hier müsste beispielsweise ein bewussteres Konsumverhalten praktiziert werden, erklärt die Wissenschaftlerin im Gespräch mit SWR1. 
Ruppel plädiert dafür, sich gerade an diesen Tagen sich mit Kriegen zu beschäftigen. "Ich denke das ist sehr wichtig, sich damit zu beschäftigen, gerade auch in der Weihnachtszeit. Weil wir einfach das Privileg haben, zu sagen‚ ich möchte meine Ruhe haben vor diesen Themen, ich kann die Augen verschließen‘." Weihnachten stehe auch für die christliche Nächstenliebe, so Ruppel. Darum könne ein jeder zum Beispiel darauf achten, was er in der Welt bewegen kann. 

Moderator Hans Michael Ehl

Moderator am Sonntagmorgen Hans Michael Ehl

Moderator am Sonntagmorgen

Der Zwischenruf in unserer Sendung Weihnachtswünsche – was passt denn am besten? Von Mark Kleber

Was wünscht man seinen Mitmenschen bloß zu Weihnachten? Man will ja nicht bloß "schöne" oder "fröhliche" Festtags-Grüße senden. Ein Zwischenruf.

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Zülal Acar