Geflüchtete Frauen in der Flüchtlingssiedlung Gorom

SWR1 Sonntagmorgen

Am 20. Juni 2024 ist Weltflüchtlingstag: UNHCR warnt vor Gleichgültigkeit

Stand
Autor/in
Claudia Bathe
Redakteur/in
Cüneyt Özadali

Etwa 120 Millionen Menschen sind zurzeit auf der Flucht, so viele wie noch nie. Das zeigt der jährliche UNHCR-Bericht zu Flucht und Vertreibung. UN-Hochkommissar Filippo Grandi zeigt sich besorgt nach dem Erfolg von Rechtsaußen-Parteien in Europa.

Die Zahl der Vertriebenen ist weltweit erneut gestiegen und hat ein historisches Hoch erreicht. Laut dem "Global Trends Report" waren 120 Millionen Menschen auf der Flucht. Das ist mehr als die Bevölkerungszahl von Deutschland, Österreich, der Schweiz und der Niederlande zusammen. Der Bericht wird jährlich vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR veröffentlicht. Der Report betrachtet nicht die Situation von Migranten generell, sondern ausschließlich die von Menschen, die vor Verfolgung oder Krieg fliehen. Grund für den enormen Anstieg sind die neuen Konflikte im Sudan oder im Gazastreifen und die bereits bestehenden in Afghanistan, Syrien, Venezuela oder der Ukraine.

Melzer: "Wahlkampf auf dem Rücken der Flüchtlinge"

Chris Melzer, Sprecher von UNHCR Deutschland, findet es problematisch, wenn die europäischen Länder ihre Grenzen für Menschen auf der Flucht immer dichter machen und wenn auf dem Rücken von Flüchtlingen Wahlkampf gemacht werde. "Es ist natürlich völlig legitim, über Migration und Flüchtlinge zu diskutieren und selbstverständlich stellt das manche Kommunen auch vor Herausforderungen", so Melzer. Aber er halte es für bedauerlich, dass dieses herausfordernde Thema aufgebauscht werde, "zu etwas, was anscheinend unsere Lebensgrundlagen bedroht. Und das ist natürlich nicht so."

Hinter diesen drastischen und steigenden Zahlen verbergen sich unzählige menschliche Tragödien.

Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi sagt, er sei besorgt über die öffentliche Debatte und die Art wie über Flucht und Migration gesprochen wird, erst recht nach den Erfolgen von Rechtsaußen-Parteien bei den Europawahlen. Das habe auch Auswirkungen auf die Spendenbereitschaft.

Deutschland bei Weitem nicht das größte Aufnahmeland

Die allermeisten Vertriebenen sind Binnenvertriebene. Sie haben ihr Land nie verlassen und leben in Flüchtlingscamps. Die anderen halten sich hauptsächlich in Ländern auf, die direkte Nachbarländer von Krisenherden sind. Nur ein Bruchteil kommt nach Europa. Deutschland ist mit 2,5 Millionen Geflüchteten ein großes Aufnahmeland, aber bei weitem nicht das Größte. Etwa eine Million Geflüchteten in Deutschland kommen aus der Ukraine, rund 750.000 aus Syrien, danach folgen Afghanen und Iraker. Mit Artikel 16 gilt in Deutschland das Recht auf Asyl.

Einige positive Entwicklungen gab es laut "Global Trends Report": Weltweit konnten im vergangenen Jahr mehr als fünf Millionen Binnenvertriebene und eine Million Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren. Chris Melzer, Sprecher von UNHCR Deutschland, beobachtet: Dreiviertel aller Vertriebenen kommen aus fünf Ländern: aus Afghanistan, aus dem Sudan, aus Syrien, der Ukraine und aus Venezuela. "Wenn es uns nur gelingen würde aus einer dieser Krisen eine Situation zu schaffen, dass die Menschen wieder nach Hause zurückkehren können, dann wären wir schon ein großes Stück weiter", so Melzer. 

SWR1 Sonntagmorgen Moderatorin Vanja Weingart

Moderatorin am Sonntagmorgen Vanja Weingart

Moderatorin am Sonntagmorgen

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Claudia Bathe
Redakteur/in
Cüneyt Özadali