Der diesjährige ARD Diversity-Tag rückt das Thema Inklusion von Menschen mit Behinderung in den Mittelpunkt. Was hat sich getan?
Menschen mit Behinderung erleben im Alltag noch zu oft Diskriminierung. In Artikel 3 des Deutschen Grundgesetzes heißt es: "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden". Blickt man etwa auf den Arbeitsmarkt, wird die Diskrepanz deutlich: Die Zahl der Arbeitslosen mit einer schweren Behinderung nimmt hierzulande zwar ab, jedoch stellen zu wenige Unternehmen Menschen mit Behinderung ein.
Bundesweit müssen nämlich laut Gesetz fast 175.000 Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern mindestens fünf Prozent ihrer vakanten Stellen an Menschen mit Behinderung vergeben. Laut Inklusionsbarometer Arbeit der "Aktion Mensch" aus dem Jahr 2023 zahlt jedes vierte Unternehmen, dass Menschen mit Behinderung einstellen müsste, eher eine Ausgleichsabgabe an den Staat. Es gibt jedoch zahlreiche Versuche, Inklusion auf dem Arbeitsmarkt zu realisieren – auch im Südwesten.
Inklusion am Arbeitsmarkt mit richtigem Gehalt
Durch die Ausgleichsabgabe finanzieren sich teilweise die CAP-Supermärkte, ein Franchise-Unternehmen mit Sitz in Stuttgart. "CAP" leitet sich dabei vom Wort "Handicap" ab. In den Märkten arbeiten auch Menschen mit Behinderung. "Unsere Intention ist es, die Arbeitsplatz-Situation für Menschen mit Behinderung zu verbessern. Wir beschäftigen über 50% Menschen mit Behinderung. Und das zeigt, dass Menschen mit Behinderung sehr leistungsfähig sein können. Denn sie bringen eine Dienstleistung, wo große Handelsketten sich verabschiedet haben, um eine Nahversorgung zu gewährleisten", sagt CAP-Vorstand Thomas Heckmann im Gespräch mit SWR1. Die Mitarbeiter verdienen, im Gegensatz zur Arbeit in Behindertenwerkstätten, ein richtiges Gehalt.
Diversity-Tag blickt auf Inklusion und Vielfalt
Beim diesjährigen Diversity-Tag widmet sich die ARD am 28. Mai unter dem Motto "Gemeinsam sind wir Vielfalt" in ihren Programmen dem Thema Inklusion. Im Mittelpunkt stehen Menschen mit Behinderung und solche, die sich für ihre gesellschaftliche Teilhabe einsetzen. "So ein Tag schafft Bewusstsein. Er schafft Bewusstsein für die Belange und Anliegen von Menschen mit Behinderungen. Und was es in der Gesellschaft noch zu tun gibt, was wir schon erreicht haben und wo wir stehen bei der Inklusion", erklärt Simone Fischer, baden-württembergische Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung.
Für viele Menschen mit Behinderung ist es schwierig, auf dem regulären Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden. "Die Auswirkungen der Coronapandemie und auch der Angriffskrieg und seine Folgen haben gezeigt, dass Inklusion und Barrierefreiheit und auch die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen keine Selbstläufer sind. Und dass wir vielleicht nicht an allen Stellen so vorankommen konnten, wie es notwendig ist", fasst Simone Fischer die Situation im Südwesten zusammen.
Erfolg trotz vermeintlicher Behinderung
Katharina Blumauer aus Mainz hat es trotzdem geschafft: Sie hat eine Sehbehinderung und ihre Ausbildung als Physiotherapeutin an einer Spezialschule absolviert. Inzwischen leitet sie eine eigene Physiotherapie-Praxis in Mainz. "Bei uns Blinden ist natürlich der Tastsinn viel stärker ausgebildet und dadurch haben wir da ein ganz anderes Gespür oder Gefühl dafür", sagt die 41-Jährige. Sie geht mit ihrer Behinderung inzwischen sehr selbstbewusst durchs Leben.
Moderator am Sonntagmorgen Hans Michael Ehl
Moderator am Sonntagmorgen