Ein Parkplatzrempler an einem fremden Auto – aber keiner ist da. Die Adresse zu hinterlegen reicht nicht aus und wenn Sie weiterfahren, ohne die nächsten Schritte geregelt zu haben, begehen Sie in Deutschland bereits eine Straftat, die auch als solche geahndet wird.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) fordert, dass Unfallflucht nicht mehr als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit eingestuft wird – mit deutlich milderen Strafen. Da gehen die Meinungen allerdings weit auseinander – schließlich wurde das Strafmaß nicht ohne Grund so hoch gesetzt.
Diese Woche wird darüber beim Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar diskutiert. Wir haben mit Strafrechtsprofessor Jan Zopfs von der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz gesprochen, der den dortigen Arbeitskreis zum Thema leitet.
Unfallflucht: Straftat oder Ordnungswidrigkeit
SWR1: Sie müssen aufgrund Ihrer Funktion beim Verkehrsgerichtstag bei diesem Thema neutral bleiben, kennen aber die Argumente von beiden Seiten sehr gut. Der Vorschlag, aus der Fahrerflucht eine Ordnungswidrigkeit zu machen, kam unter anderem von Bundesjustizminister Buschmann. Was wäre denn daran gut?
Jan Zopfs: Gut wäre daran, dass er auf die Sachschäden bezogen wäre. Insofern wäre dann klar, bei Personenschäden gilt Straftat, bei Sachschäden gilt dann eben nur Ordnungswidrigkeit.
Dadurch könnten vielleicht die Staatsanwaltschaften entlastet werden. Und diejenigen, die sich jetzt vielleicht falsch verhalten aufgrund eines "Kurzschlusses" und jetzt auch bestraft werden, wären dann nur mit einer Ordnungswidrigkeit konfrontiert.
SWR1: Was spricht dafür, die Unfallflucht weiterhin als Straftat zu behandeln?
Zopfs: Dafür sprechen die Verwaltungsbehörden. Die sind anders als die Staatsanwaltschaften nicht unbedingt dazu verpflichtet, hier überhaupt vorzugehen, sodass wahrscheinlich die Ermittlungstätigkeit leidet. Vor diesem Hintergrund gäbe es dann wahrscheinlich nach einem Sachschaden noch öfter Unfallflucht und der Geschädigte würde am Ende auf seinem Schaden sitzen bleiben.
Richtiges Verhalten am Unfallort
SWR1: Momentan ist noch nicht einmal klar geregelt, wie lange man nach einem Unfall vor Ort warten muss, um keine Straftat zu begehen. Es heißt nur, dass eine "angemessene Zeit" gewartet werden soll. Würde es denn helfen, diese erstmal konkret festzulegen?
Zopfs: Ja, das hat der Verkehrsgerichtstag bereits vor 6 Jahren vorgeschlagen, dass wir hier eine klare und einfache Regelung brauchen.
Da wäre es hilfreich, wenn es einfach eine Meldestelle gibt, bei der man sich vom Unfallort mit dem Handy melden kann, zwei oder drei vorgefertigte Fragen beantwortet und gegebenenfalls ein paar Fotos hochlädt. Und dann wäre es gut.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Michael Lueg.
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Wie Sie sich bei Bagatellschäden korrekt verhalten
Falls Sie beim Ausparken ein anderes Auto touchiert haben sollten, keine Sorge. Wir erklären Ihnen, wie Sie sich korrekt verhalten.
Das Gesetz schreibt vor, dass Sie eine "angemessene Zeit" warten müssen, damit der Besitzer des beschädigten Autos eine Chance hat, zu seinem Auto zurückzukommen. Was genau als "angemessene Zeit" gilt, gibt der Gesetzgeber nicht konkret vor. Das können je nach Situation zwischen 15 und 30 Minuten sein. Ein Zettel an der Windschutzscheibe reicht allerdings nicht aus, wenn Sie ein parkendes Auto beschädigt haben. Fahren Sie nach einem Parkrempler weg, begehen Sie Unfall- bzw. Fahrerflucht.
Befinden Sie sich beispielsweise mitten in der Stadt und beschädigen ein anderes Auto — ob auf den ersten Blick sichtbar oder nicht — können Sie nachsehen, ob in diesem ein Park-Ticket oder eine Parkscheibe ausliegt und somit besser abschätzen, wann der Fahrer oder die Fahrerin zurückkommen könnte.
Ist der Schaden irgendwo außerhalb passiert und Sie haben das Gefühl, das Auto steht schon länger dort, sollten Sie trotzdem mindestens 30 Minuten warten. Kommt in dieser Zeit niemand, rufen Sie bitte unbedingt direkt bei der Polizei an und melden den Schaden. Die Polizei kann alle Daten aufnehmen und gegebenenfalls den Autobesitzer ausfindig machen und informieren, falls sich dieser nicht bereits von alleine gemeldet hat. Für diese Schadensabwicklung haben Sie eine Versicherung und auch mit eventueller Selbstbeteiligung kommen Sie besser weg, als mit einer Anzeige wegen Fahrerflucht.
Fahrer- bzw. Unfallflucht
Wer nicht auf den Geschädigten wartet oder die Polizei ruft, begeht unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und damit eine Straftat nach §142 Strafgesetzbuch (StGB). Bei Unfallflucht können laut ADAC je nach Schadenshöhe neben einer Geldstrafe mindestens zwei Punkte in Flensburg, ein Fahrverbot oder sogar die Entziehung der Fahrerlaubnis drohen.
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Unfallflucht künftig keine Straftat mehr?
Egal, ob gefährlicher Frontalzusammenstoß oder harmloser Parkplatzrempler: Wer in Deutschland den Unfallort einfach so verlässt, ohne die nächsten Schritte geregelt zu haben, begeht eine Straftat. Die Folgen sind entsprechend happig, sofortiger Führerscheinentzug gehört zum Beispiel dazu. Bundesjustizminister Buschmann will das ändern: Sind keine Personen zu Schaden gekommen, soll Unfallflucht nach Plänen seines Ministeriums nur noch als Ordnungswidrigkeit und nicht mehr als Straftat behandelt und geahndet werden.
Befürworter freuen sich, dass Unfallflucht nach kleineren Blechschäden endlich entkriminalisiert werden soll. Gegner befürchten, die Hemmschwelle könnte dadurch sinken und Unfallflucht zunehmen.
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