Pilotprojekt in Ludwigshafen

Wenn der Notarzt per Video kommt

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Moderator/in
Hanns Lohmann
Hanns Lohmann

Wenn der Notarzt bei einem medizinischen Notfall nicht erst nach zehn Minuten, sondern sofort da ist, dann geht das per Video-Schalte.

Wie genau das funktioniert, erklärt Johannes Becker im Interview. Er ist Leiter des Projekts der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen - dort kommt der Notarzt als Tele-Notarzt.

SWR1: Welche Erfahrungen haben Sie schon gesammelt im Videostream beim Notfall direkt präsent zu sein?

Johannes Becker: Das ist ein Pilotprojekt des Landes Rheinland-Pfalz. Wir haben im Rahmen von Schulungen und Hospitationen bei anderen schon bestehenden Systemen aber Erfahrungen sammeln können. Und ich bin sehr gespannt, wie das bei uns umgesetzt wird.

Hilfe für Notfallsantitäter vor Ort

SWR1: Praktische Erfahrungen müssen noch gesammelt werden. Aber in der Theorie könnte es so sein: Der Ersthelfer ist neben einem medizinischen Notfall und bekommt von Ihnen Anweisungen, wie man eine Herzdruckmassage macht?

Becker: Das ist ein Job, den die Leitstelle schon seit Jahren erfolgreich übernimmt. Unsere Zielgruppe ist das nichtärztliche Rettungsteam vor Ort. Zum Beispiel der Notfallsanitäter, der durch seine dreijährige Ausbildung viele Sachen machen darf, aber jetzt mit dem Tele-Notarzt noch mehr kann.

SWR1: Wenn beispielsweise der Rettungsdienst schon bei einem Herzinfarkt-Patienten ist: Was können Sie als Tele-Notarzt noch zusätzlich veranlassen, ohne dass Sie den Patienten sozusagen fühlen können?

Becker: Eine der Herausforderungen beim Telenotarzt-System ist, dass man eben nicht vor Ort ist und sich auf die Schilderungen von anderen verlassen muss. Was wir als Notärzte aber machen können, ist das EKG mitzubefunden und eine Befundsicherung zu machen. Wir können dadurch die Wege der Patienten deutlich verkürzen, indem sie zum Beispiel nicht mehr über die zentrale Notaufnahme müssen, sondern gleich ins Herzkatheterlabor eingewiesen werden. Und wir können die Kollegen dort vorwarnen, dass dann die Interventionszeit noch kürzer ist.

SWR1: Schneller ist dann nicht nur die notärztliche Versorgung, sondern auch das, was dann in der Klinik passiert?

Becker: Genau, die Zeit läuft ja nicht für den Patienten seit dem wir oder das Beratungsteam vor Ort sind, sondern seit dem es passiert ist. Wir Notfallmediziner möchten, dass die Zeit bis zur Intervention so kurz wie möglich ist.

SWR1: Welche Notfälle kommen am ehesten für den Einsatz des Tele-Notarztes infrage?

Becker: In erster Linie sehe ich den Tele-Notarzt als Entlastung für bestehende boden- oder luftgebundene Systeme. Wir greifen die nicht ganz so schlimmen Fälle ab und ersparen es den Kollegen, dorthin fahren oder fliegen zu müssen. Das entlastet das Notarztsystem der bestehenden Einheiten dahingehend, dass diese für die Fälle reserviert oder aufgespart werden, bei denen tatsächlich vor Ort der Arzt benötigt wird. Zum Beispiel, wenn eine Narkose nötig ist oder Dinge gemacht werden müssen, die man nicht per Telefon anordnen kann.

SWR1: Einsatzmöglichkeit ist dann beispielsweise der angesprochene Herzinfarkt, bei dem aber nicht damit zu rechnen ist, dass der Patient innerhalb der nächsten Minuten verstirbt?

Becker: Das zum Beispiel. Oder ein erhöhter Blutdruck oder ein Patient, der nicht in die Klinik möchte, obwohl das Team das für notwendig hält. Da kann man dann auch noch mal als Arzt argumentativ unterstützen oder sagen, das ist in Ordnung und der Patient kann es selbst entscheiden, ob er zu Hause bleibt.

SWR1: Für welche Zeit ist das Projekt angelegt und wann wird das in ganz Rheinland-Pfalz in den Regelbetrieb übergehen?

Becker: Wir werden schauen, dass wir kurzfristig mehr Rettungswachen mit einbeziehen und nicht nur die drei Modell-Wachen, sondern auch in ein bisschen interessanteren Gegenden Rettungswachen mit einbeziehen. Zum Beispiel im Pfälzerwald, wo Schwierigkeiten mit dem Kommunikationsnetz zu erwarten sind, um zeigen zu können, dass wir hier vielleicht noch Arbeitsbedarf haben.

Das Interview führte SWR1 Moderator Hanns Lohmann.

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